News Auf dem Weg zur „grünen“ Stadt

31.07.2014

Städte und Kommunen tragen mit ihren energetischen Strategien entscheidend zum Klimaschutz und der Energiewende in Deutschland bei. Einer der Vorreiter ist seit langem Frankfurt am Main, beispielsweise bei der Energieeinsparung und -effizienz. Mit ihrem Masterplan geht die Mainmetropole nun die nächsten Schritte.

Mehr als 70 Prozent des heutigen Strom- und Wärme­bedarfs fällt in Städten an. Frankfurt am Main hat sich zum Ziel gesetzt, seinen Energieverbrauch durch eine effizientere Nutzung zu halbieren und den verbleibenden Bedarf mit erneuerbaren Quellen aus dem Stadtgebiet und der Region zu decken. Mit dem Förderprojekt „Masterplan 100 % Klimaschutz“ des Bundes wird das Energie- und Klimaschutzkonzept der Stadt weiterentwickelt sowie eine vollständige Versorgung mit regenerativen Energien bis zum Jahr 2050 angestrebt. Gleichzeitig gilt es, die Treibhausgas-Emissionen bis dahin um 95 Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren.

Um dies zu erreichen, setzt Frankfurt seit 1991 auf ein Energiemanagement und errichtet seit 2006 neue städtische Gebäude ausschließlich im Passivhausstandard. Aufbauend auf diese und weitere Initiativen startete die Stadt 2013 mit ihrem „Masterplan 100 % Klimaschutz“ [1]. Nach Ausschreibung und Konzeption begannen Expertenrunden zu Energie-Zukunftsszenarien. Seit Sommer 2013 werden regelmäßig Bürgerforen durchgeführt, so dass Bewohner und Institutionen die Möglichkeit haben, sich zu informieren und eigene Ideen einzubringen. 2014 geht das Projekt nun in die politischen Gremien. Ein interdiszi­plinärer Klimaschutzbeirat berät die Stadt bei dem ganzheitlichen Vorhaben.

Energie-Initiativen

Zum Energie- und Klimaschutzkonzept von Frankfurt zählen als konkrete Maßnahmen unter anderem die Stromspar­offensive für Haushalte, die Sanierungsinitiative Wohnungsbau und die Erhöhung der Energieeffizienz in Nichtwohn­gebäuden. Der Masterplan soll die vorhandenen Aktivitäten verstärken und, soweit nötig, durch neue ergänzen. Die Ansätze reichen von technischen Maßnahmen wie etwa dem Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung über indirekte Maßnahmen wie Informationen und Weiterbildungen bis zum Intensivieren von Netzwerken der Akteure im Klimaschutz: Verbraucher, Hausbesitzer, Verkehrsteilnehmer, Unternehmer und die öffentlichen Organisationen. Des weiteren entscheidet die Kooperation mit dem Land Hessen und dem „Regionalverband FrankfurtRheinMain“ über die Realisierung einer regionalen Energieversorgung.

Von der Strategieebene zur Ausführungsebene

Bei dem Projekt der nationalen Klimaschutzinitiative des Bundesministeriums für Umweltschutz, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) betrachtet Frankfurt sein Stadt­gebiet als Strategieebene, die Stadtteile als Handlungsebene und die Quartiere als Ausführungsebene. Der Masterplan selbst setzt sich aus den Modulen „Generalkonzept“ und „Stadtteilkonzept“ zusammen. Das Stadtteilkonzept wird zunächst für fünf repräsentative Orte erarbeitet: Unterliederbach, Höchst, Bockenheim, Nordend-West und -Ost. Die Leitlinien des städtischen Konzepts, wie die internationalen 2°C-Klimaschutzziele, prägen dabei die Strategien für die Stadtteile. Da nur rund drei Prozent des Energiekonsums im Einfluss der kommunalen Verwaltung liegen, sind für die Stadt zielgruppengerechte Angebote – etwa über Beteiligungen – der Schlüssel zum Erfolg des Gesamtprojekts.

Unter dem Motto „Wir erneuern Frankfurts Energie!“ werden die Bereiche Energieeinsparung, Energieeffizienz und erneuerbare Energien analysiert sowie ihre jeweiligen Potenziale vor Ort betrachtet. Beiträge, um die Hälfte des Energieverbrauchs einzusparen, lassen sich vor allem beim Bauen und Wohnen, bei der Ernährung und dem Konsum sowie bei der Mobilität erzielen. Einen großen Teil macht der Wärme- und Strombedarf im Gebäudebestand aus. Durch Sanierungen könnte der Energiebedarf bei den meisten Häusern um mehr als die Hälfte reduziert werden.

Parallel dazu dürfte es auch in Zukunft wichtig sein, Neubauten zu errichten, die so wenig Energie wie möglich verbrauchen – wie etwa Passivhäuser. Der verbleibende geringere Energiebedarf sollte dann effizient aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden. Deren Verbrauch von Finanz- und Umweltressourcen muss ebenfalls beachtet werden. Plus-Energie-Häuser wären hier die nächste Stufe. Häuser, die mehr Energie erzeugen als sie selbst benötigen, entstehen derzeit im Gallus, im Bahnhofsviertel und auf dem Riedberg. Beim Lebensstil ist darüber hinaus die Verwendung regionaler, vegetarischer Produkte zu nennen. Bei der Mobilität ließen sich Potenziale mit dem Ausbau eines umweltfreundlichen ÖPNV, von Fuß- und Radwegen oder von Carsharing heben.

Aktive deutsche Städte

Dem Leitspruch „global denken – lokal handeln“ haben sich neben Frankfurt auch München und Stuttgart verschrieben. Dabei gehen sie durchaus unterschiedliche Wege: Im Wettbewerb „Kommunaler Klimaschutz 2011“ des Deutschen Instituts für Urbanistik konnte Stuttgart in der Kategorie „Innovative und vorbildliche Strategien zur Umsetzung des kommunalen Klimaschutzes“ den ersten Platz belegen. Dies gelang mit einem neuen und wirkungsvollen Finanzierungsmodell, dem „stadtinternen Contracting“, mit dem das Amt für Umweltschutz energetische Maßnahmen der städtischen Ämter und Eigenbetriebe vorfinanziert. In Stuttgart sollen das Stadtklima verbessert und gleichzeitig die Ausgaben von öffentlichen und privaten Mitteln reduziert werden.

Im Wirtschaftsstandort München wird der Klimawandel als Herausforderung und lokale Chance wahrgenommen, die es ökonomisch wie ökologisch zu bewältigen gilt. 2009 konnte die Stadt in dem oben genannten Wettbewerb in derselben Kategorie wie Stuttgart einen Erfolg verbuchen – mit seinem 2007 gegründeten Bündnis „München für Klimaschutz“. Als formalisiertes Netzwerk aus Verwaltung, Verbänden, Wissenschaft, Politik und Wirtschaft will es neue Ideen und Umsetzungsstrategien für den Klimaschutz entwickeln. Mit dem Ziel, den Strombedarf der Stadt bis 2025 und die Fernwärme bis 2040 in Gänze aus erneuerbaren Quellen zu decken, will man „Hauptstadt der erneuerbaren Energien“ werden. Die bayerische Metropole wäre die erste Millionenstadt, der ein solches Unterfangen gelänge.

Die Städte Berlin und Heidelberg machen ebenfalls von sich reden: Erstere will klimaneutral werden, letztere realisiert mit der „Bahnstadt“ die weltweit größte Passivhaussiedlung. Heidelberg ist zudem eine der 19 vom BMUB geförderten Masterplan-Kommunen. Alle Städte verbinden mit ihren Aktivitäten auch, das Image ihres Standorts nachhaltig zu verbessern: Fortschrittlichkeit und Lebensqualität gepaart mit Klima­anpassung und Klimaschutz.

Handlungen und Herausforderungen

Nach der Erstellung des Masterplans widmet sich die zweite Projektphase dessen Realisierung. In Frankfurt sollen durch einen Beschluss des Stadtparlaments erste konkrete Maßnahmen definiert und möglichst noch in diesem Jahr in die Wege geleitet werden. Ab 2015 soll dann eine breite Umsetzung und Diskussion von Bürgerschaft, Privatwirtschaft, Politik und Verwaltung zu einer regelmäßigen Fortschreibung des Masterplans bis 2050 führen. Das Fördervorhaben selbst endet am 31. Dezember 2016.

Für die Zukunft optimistisch macht Frankfurt die „grüne“ Skyline, denn 50 Gebäude haben inzwischen eine Nachhaltigkeitsbescheinigung oder sind für eine Zertifizierung angemeldet [2]. Damit hat die Stadt den bundesweiten Spitzenplatz erobert. Investoren sind also für das Thema offen. Zudem stößt das städtische Projekt „Ökoprofit“ seit 2008 auf gute Resonanz. Es bietet Betrieben einen Einstieg in das Umwelt- und Energiemanagement. Für die Ansprache der privaten Wohnungseigentümer und -nutzer steht wiederum der „Energiepunkt – Energieberatungszentrum FrankfurtRheinMain“. Der Verein hilft Bürgern mit Informationen rund um das energieeffiziente Bauen und Sanieren, die für sie jeweils richtigen Angebote und Förderungen herauszufinden und Fachleute zu vermitteln. Planern, Beratern und Handwerkern dient er als Plattform zum beruflichen Austausch.

All dies kann beitragen, künftig auch die Modernisierung ganzer Stadtteile und Wohnviertel voranzutreiben. Zwar besitzt Frankfurt Erfahrungen im Passivhausbau, bei Kraft-Wärme-Kopplung und Solarenergie. Die Umgestaltung der gesamten Stadt hin zu einer Versorgung aus erneuerbaren Energien und einer Minimierung der Treibhausgas-Emissionen bleibt aber eine große Herausforderung. Auf einzelne Ergebnisse und Aktionen des Generationenprojekts hin zur „Green City“ darf man gespannt sein – ebenso auf deren Übertragbarkeit auf andere Großstädte.

Weitere Informationen

[1] Masterplan 100 % Klimaschutz: www.energiewende-frankfurt.de

[2] Jones Lang LaSalle Deutschland: Frankfurt: Primus inter pares bei Green Buildings in Deutschland – Höchster Anteil „grüner“ Büroflächen, 29. November 2012

[3] Energiereferat der Stadt Frankfurt am Main: www.energiereferat.stadt-frankfurt.de

[4] Lernende Stadt Frankfurt: www.frankfurt.die-lernende-stadt.de

Bildergalerie

  • Insgesamt 19 deutsche Städte, Gemeinden und Landkreise gehören zu dem Förderprojekt des Bundesministeriums für Umweltschutz, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB). Die Vorreiter sollen später andere Kommunen ihrer Größenordnung bei der Energiewende vor Ort beraten können.

    Insgesamt 19 deutsche Städte, Gemeinden und Landkreise gehören zu dem Förderprojekt des Bundesministeriums für Umweltschutz, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB). Die Vorreiter sollen später andere Kommunen ihrer Größenordnung bei der Energiewende vor Ort beraten können.

  • Szenario Energiequellen: In Frankfurt am Main wird zuerst Effizienz angestrebt, gefolgt von Windstrom und Solarthermie. Die Rahmenbedingungen einer Stadt entscheiden über die jeweils sinnvollen Maßnahmen.

    Szenario Energiequellen: In Frankfurt am Main wird zuerst Effizienz angestrebt, gefolgt von Windstrom und Solarthermie. Die Rahmenbedingungen einer Stadt entscheiden über die jeweils sinnvollen Maßnahmen.

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