Mobility 2.0: Herr Loogen, nach der ersten Euphorie scheint jetzt die E-Mobilität in Deutschland wieder ins Stocken zu geraten. Wie ist Ihr Eindruck?
Franz Loogen: Elektromobilität ist in ihrer technischen Entwicklung in vollem Gange. Hier kommt nichts ins Stocken, das ist eher eine Wahrnehmung der Berichterstattung. Es muss aber noch viel getan werden. Viele Dinge funktionieren in Tests heute sehr gut aber nur in kleinen Chargen. Mit den Schaufenstern sind wir in einem wichtigen Bereich, den der Techniker Validierung nennt und in dem wir die Anzahl höher skalieren. Wir schaffen größere Stückzahlen von Fahrzeugen in Schaufenstern und Tests im Bundesgebiet und können dadurch tiefere Erkenntnisse bekommen und diese auch statistisch validieren.
Es gibt insgesamt vier Regionen, die als Schaufenster ausgewählt wurden. Das heißt aber auf der anderen Seite auch, es gab 19 Verlierer. War der Auswahlprozess aus Ihrer Sicht transparent?
Es haben sich 23 Bewerber aus dem gesamten Bundesgebiet mit sehr unterschiedlich gestaffelten Anträgen gefunden. Bei einigen waren es Einzelprojekte, bei anderen waren es geschlossene, zusammenhängende Entwicklungen eines Mobilitätssystems. Ich denke, die Bundesregierung und die Jury haben sich die Auswahl definitiv nicht leicht gemacht. Es mussten sehr dezidierte Unterlagen eingereicht werden und die Jury hat diese in einer abschließenden Sitzung, aber davor auch in einem längeren Prozess gesichtet. Ich glaube, hier hat ein wichtiger Auswahlprozess für die Bundesregierung stattgefunden, damit man jetzt mit vier Schaufenstern auch weltweit zeigen kann, wo unsere Leistungsfähigkeit ist.
Wo sehen Sie die Stärken der einzelnen Projekte?
In den einzelnen Anträgen sind sehr unterschiedliche Ausprägungen zu finden. In Berlin gibt es eine hohe Agglomeration von Menschen, weshalb es sehr stark um die Anwendung geht. Als Gegenstück konzentriert sich die Bewerbung Baden-Württembergs sehr stark auf die Intermodalität im Verkehr, also die Nutzung verschiedener Verkehrssysteme. Sie sind durch wichtige IT-Prozesse miteinander verknüpft, und das immer in der Kopplung von Herstellung und Anwendung. Das sind zwei sehr verschiedene Ansätze, die sich nachher hervorragend ergänzen werden. Die Bewerbung von Bayern-Sachsen hat nicht die Dichte des Verkehrs in einem Ballungsraum betrachtet, sondern möchte auch zeigen, dass man mit bestimmten Technologien auch auf der Strecke E-Mobilität heute schon nutzen kann.
Ist gewährleistet, dass die Akteure, die jetzt unterstützt werden, miteinander reden, auch über ihre Regionen hinaus?
Das ist in sehr geregelten Prozessen gewährleistet. Schon über viele Monate laden die Bundesministerien zu gemeinsamen Bund-Länder-Konferenzen ein. Dort sitzen Experten nicht nur aus einem oder wenigen Bundesländern und Ministerien zusammen und überlegen, wie man Elektromobilität in Summe in der Bundesrepublik nach vorne bringen kann. Auch die Schaufenster untereinander stimmen sich ab. Dann gibt es Dinge, die in technische Standards hineingehen und nichts mit der Organisation der Schaufenster zu tun haben. Dort arbeiten die relevanten Unternehmen in Gremien zusammen. Das geht sogar weit über die Bundesgrenzen hinaus, denn unser Ziel ist es nicht, einen deutschen oder französischen Standard zu haben. Wir wollen auf Europa-Standards zielen.
Sie sprechen viel über Forschung und Entwicklung aber inwieweit wird denn die breite Masse der Menschen eingebunden, etwa wenn es um Alltagstauglichkeit geht?
Es ist ein entscheidendes Element, auch für bürgerliche Partizipation zu sorgen. Im Schaufenster Baden-Württemberg wird es Möglichkeiten für die Menschen geben, einerseits an den Versuchen teilzunehmen und bestimmte Fahrzeuge zu erleben. Andererseits wird es via Medien wie dem Internet Erklärstücke geben, so dass Menschen auch teilhaben können, wenn sie nicht direkt beim Auto vor Ort sind. Wir werden auch mit reisenden Ausstellungs-Containern Dinge erklären. Das eine ist das virtuelle Erklären, das andere, diese Dinge selber in die Hand zu nehmen. Wir halten das für besonders wichtig, denn auf Dauer wird Elektromobilität der Weg sein, der dafür sorgt, dass wir überhaupt noch mobil sein können.
Die Schaufenster-Projekte beschränken sich auf Deutschland.Haben Sie schon Feedback aus dem Ausland?
Wir sind mit verschiedenen Regionen der Welt im intensiven Abgleich. Gesteuert aus dem Finanz- und Wirtschaftsministerium hat Baden-Württemberg im vergangenen Jahr eine Delegationsreise nach Kalifornien gemacht, um dort mit Forschungs- und Wissenschaftsinstitutionen, Städten und Kommunen zu reden, um zu schauen, wie dort der Wissensstand ist und wie man zusammenarbeitet. Im Herbst werden wir, angeführt durch unseren Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid, eine Reise nach China machen. Auf der Hannover Messe hatten wir viel Gelegenheit mit unseren ausländischen Partnern zu diskutieren und können fesestellen, dass man uns doch eher beneidet um die Möglichkeit, in Schaufenstern den aktuellen Stand zu zeigen.
Das Gespräch führte Dr. Karlhorst Klotz, Mobility 2.0. Interview und "Fünf Thesen" dazu sind im Internet verfügbar.
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Zum Interview auf Youtube: http://www.youtube.com/watch?v=RiXy3v5Civk
Fünf Thesen zum Gespräch: http://www.youtube.com/watch?v=XNTb-KNW9Ss&feature=relmfu