Mittlerweile werden Videokameras aber zunehmend im öffentlichen Raum eingesetzt, etwa zur Überwachung öffentlicher Plätze in Städten und Kommunen oder von ganzen Autobahn- und Zugstrecken. Viele bestehende Videoüberwachungsanlagen basieren heute noch auf Kameras mit analoger Signalübertragung. Da deren Funktionalität begrenzt ist, liegt die Migration solcher Anlagen in Ethernet-basierte IP-Systeme eindeutig im Trend. Heutige Module zur Kompression und Dekompression von Daten (sogenannte Codecs) ermöglichen zwar den kostengünstigen Einsatz IP-basierter Kameras zur Überwachung, jedoch erfordert das hohe Datenaufkommen in solchen Anwendungen zusätzlich den Einsatz von leistungsfähigen Breitband-Netzwerkstrukturen. Dazu sind neben einer effizienten Netzwerkinfrastruktur auch fortschrittliche Geräte zur Datenwandlung, -bündelung und -speicherung, wie Videoenkoder und Netzwerkvideorekorder notwendig.
Hohe Ausfallsicherheit und Flexibilität
Zur IP-Videoüberwachung gibt es ein breites Portfolio an Kameras für unterschiedliche Anwendungen: von Kameras für die Montage in Decken über Kuppelkameras bis hin zu den Gun-Type-Kameras, deren Form einer Pistole ähnelt. Im Schienenverkehr erfolgt die Videoüberwachung sowohl stationär als auch entlang von Verkehrswegen und im Inneren der Waggons. In Schienenfahrzeugen bestehen zwar kleinere Netzwerkstrukturen als draußen, dafür ergeben sich aber andere Herausforderungen an die Kameras und Geräte im Netzwerk, wie erhöhte mechanische Robustheit, um Vibrationen und Stößen widerstehen zu können, oder Korrosionsbeständigkeit.
Der wichtigste Aspekt ist jedoch, dass sämtliche Geräte in der Lage sind, flexibel mit dynamischen Netzwerktopologien zu arbeiten, denn die Kameras befinden sich in der Regel in Waggons, die im Laufe einer Reise unterschiedlich angeordnet werden können. Deshalb müssen sowohl drahtlose als auch kabelgebundene Lösungen für die Waggon-zu-Waggon-Kommunikation eingesetzt werden, welche die freie Anordnung von Waggons berücksichtigen. Bei der kabelgebundenen Waggon-zu-Waggon-Kommunikation besteht die Herausforderung, dass nur eine begrenzte Anzahl von Kontakten innerhalb einer Zugkopplung besteht. Speziell dafür ist es möglich, auf die DSL-basierte Übertragung von IP-Daten mithilfe eines so genannten Managed DSL Ethernet Extenders zurückzugreifen.
Redundante Netzwerktopologien
Bei der Übertragung von Daten über lineare Netze über weite Strecken, wie entlang von Bahngleisen oder auf Autobahnen, darf ein punktueller Geräteausfall (Single Point Of Failure) nicht zum Zusammenbruch großer Netzwerkteile führen. Deshalb sind neben einer großen Netzwerkbandbreite insbesondere redundante Netzwerktopologien erforderlich, die für minimale Wiederherstellungszeiten sorgen. Darüber hinaus benötigen große komplexe Videoüberwachungsnetze hierarchische Strukturen, die durch unterschiedlich leistungsfähige Industrial Ethernet Switches bedient werden können. Im Videoüberwachungsmarkt findet sich häufig eine dreilagige Netzwerkhierarchie, in der Switches aus den Leistungskategorien Core, Distribution und Edge eingesetzt werden:
Core Switchesbefinden sich am oberen Ende des hierarchischen Netzwerks. Sie sind sein Hochleistungsrückgrat und für die Anbindung an ein Rechenzentrum - das Herz der Datensammlung, -speicherung und -auswertung - verantwortlich.
Distribution Switches, also die Switches auf der mittleren Schicht des Netzwerks, aggregieren Datenpakete aus der Peripherieschicht des Netzwerks. Typischerweise sind solche Switches in redundanten Ring-Strukturen angeordnet.
Einfache Edge Switches verbinden in der untersten Schicht Endgeräte mit dem Netzwerk und stellen zunehmend auch eine kosteneffiziente Stromversorgung über Power over Ethernet (PoE) bereit.
Rechtlicher Rahmen für die Videotechnik
Die Herausforderung, die sich vor rechtlichem Hintergrund an Netzwerke in der Videoüberwachung stellt, ist die Wiederherstellungszeit redundanter Netzwerkstrukturen. Das Ziel: Es sollte möglichst nicht zur Unterbrechung des Videodatenflusses kommen. Der Grund dafür sind Vorgaben, wie viel Information ein Videoenkoder bei der Übertragung von Videodaten auslassen darf, damit das Videomaterial noch als relevant für ein Gerichtsverfahren gilt. In den meisten Fällen müssen speziell vorgegebene Video-Bildfrequenzen, also die Anzahl der Einzelbilder oder Bewegungsphasen, die in einem bestimmten Zeitabschnitt aufgenommen werden (auch Frames per Second, FPS genannt), eingehalten werden.
Im strengsten Fall gilt dafür: null Frame Dropping. Frame Dropping heißt, dass einzelne Video-Frames ausgelassen werden, wenn zum Beispiel aufgrund komplexer Bildinhalte das Komprimieren der Videodaten nicht in der vorgegebenen Zeit realisiert werden kann.
Wichtige Szenen aus dem integrierten Ringpuffer
In vielen Situationen sind gerade die Videodaten in der Zeit vor einem Ereigniseintritt von großer Bedeutung. Dazu verfügen hochwertige IP-Kameras, Netzwerkvideorekorder und Videoenkoder über integrierte Ringpuffer für Videodaten. In diesen Puffern sind zum Beispiel die jeweils letzten zehn Sekunden des Videostroms abgelegt und lassen sich auf Anforderung abrufen. Eine solche Anforderung kann manuell, aber auch automatisch durch externe I/O-Geräte oder gar durch Netzwerkereignisse wie Verbindungsverlust ausgelöst werden.
Hoher Dynamikumfang für Gegenlicht
Bei der automatischen Überwachung intelligenter Transportsysteme werden Kameras benötigt, die einerseits in erweiterten Temperaturbereichen arbeiten können und andererseits in der Lage sind, einen großen Dynamikumfang (hell/dunkel) zu realisieren. Besonders große Dynamiken treten auf, wenn Objekte im Gegenlicht aufgenommen werden müssen - was in der Verkehrsüberwachung unvermeidbar ist. Um dennoch möglichst viele Bildteile korrekt zu belichten, werden Belichtungsmethoden verwendet, die auch unter widrigen Umständen klare Bilder liefern. Ein Trend, der sich in diesem Zusammenhang in den letzten zwei Jahren in der Fotografie entwickelt hat, wird Wide Dynamic Range (WDR) oder auch High Dynamic Range (HDR) genannt (siehe Kasten links).
Brauchbare Ausschnitte dank HD-Format
Hochauflösende Videoströme (High Definiton, HD) bieten eine ausreichend hohe Auflösungen, um nachträglich Ausschnittvergrößerungen mit akzeptabler Auflösung zu erstellen. Dank des HD-Standards, das aus dem Konsumentenbereich von Fernsehern bekannt ist, wird modernen Videokameras der Spagat zwischen niedriger Bandbreitennutzung im Netzwerk und hoher Bildauflösung ermöglicht. Fortschrittliche IP-Videoüberwachungskameras verfügen über einen relativ großen Überwachungsbereich, aus welchem sie hochauflösendes Bildmaterial liefern müssen. Um gleichzeitig hochauflösende Bilder mit einer akzeptablen Bildrate (FPS) zu liefern und das Netzwerk mit diesen Datenmengen nicht zu überlasten, sind HD-Sensoren und moderne Codecs notwendig. Moxas VPort36 beispielsweise liefert einen HD-Datenstrom von 720 Bildzeilen bei progressiver Bildübertragung (720p-Auflösung). Dieser wird nach dem Standard zur hocheffizienten Videokompression H.264 (auch MPEG-4 AVC genannt) komprimiert. Besonders wichtig für die Überwachung sind Vollbild-, also progressive Videoströme. Im Gegensatz dazu steht das Zeilensprungverfahren, das mit „i“ für „interlaced“ abgekürzt wird.
Nachteile des Zeilensprungverfahrens
Das Zeilensprungverfahren setzt Vollbilder aus dem Datenstrom zusammen, indem es zwei nacheinander aufgenommene Halbbilder überlagert, die entweder aus Zeilen mit gerader oder ungerader Zeilennummer bestehen. Bei bewegten Objekten führt das allerdings zu den unerwünschten „Kamm-Artefakten“. Denn wenn sich im Zeilensprungverfahren eine vertikale Bildkante horizontal über das Bild bewegt, entstehen aufeinanderfolgende Halbbilder, von denen jedes die Bildkante aufgrund des zeitlichen Versatzes an einer anderen Position abbildet. Sogenannte Kammfilter können diesen Effekt mindern, führen aber zu unscharfen Bildern, da sie durch Interpolierung unscharfe Kanten erzeugen. Solche Unschärfen sind in der Verkehrsüberwachung bei Anwendungen wie der Nummernschilderkennung selbstverständlich unerwünscht.
Software ist manueller Steuerung überlegen
Die zunehmende Anzahl an Videokameras in der Verkehrsüberwachung verhindert den Einsatz so genannter PTZ-Kameras, deren Schwenk-, Neige- und Zoomfunktion manuell oder automatisch bedient werden muss. Beispielsweise können aufgrund der Bedienung per Hand nicht gleichzeitig mehrere Kameras auf gewünschte Ziele fokussiert werden. Mit der steigenden Anzahl an Videokameras in Netzwerken geht auch ein erhöhter Bedarf an Management- und Steuerungssoftware einher. Die effiziente Integration bestehender Videoaufzeichnungssysteme und Management-Werkzeuge ist eine Schlüsseltechnologie für erfolgreiche Videoüberwachungssysteme. Das Kamera-Managementsystem von Moxa beispielsweise ermöglicht die Anbindung verteilter Videoüberwachungssysteme. Diese Systeme können aus IP-Kameras oder Analog-Kameras mit Videoenkodern bestehen. Dabei können Analog-Kameras verschiedenster Hersteller eingebunden sein. Es stehen dabei grundsätzlich drei Methoden zur Auswahl:
Da die Geräte dem ONVIF-Standard (Open Network Video Interface Forum) entsprechen, können sie über eine Vielzahl von Protokollen an andere ONVIF-kompatible Sicherheits- und Überwachungsgeräte angebunden werden.
Ein anwenderfreundliches Softwareentwicklungs-Paket ermöglicht die individuelle Anpassung von IP-Video-Steuerungs- und Überwachungssystemen.
Direkte Einbindung in bestehende Videomanagement systeme anderer Hersteller.
Für die direkte Einbindung in bestehende Systeme kooperiert Moxa mit einer Reihe Partner aus der Sicherheitsbranche, wie Genetec und Milestone. So können auch spezielle Anwendungen wie die Nachrüstung der Videoüberwachung in Schienenverkehrsfahrzeugen umgesetzt werden.Eine ausführlichere Version dieses Beitrags mit Abschnitten zur Leitstellentechnik und zur Steuerung der Bilddatenrate finden Sie im Internet.
Flaschenhals Leitstelle
Weitere Komponenten für kritische Einsatzbereiche sind Netzwerkvideorekorder, die zunehmend dezentral platziert werden, um Netzwerkengpässe bei der Bündelung von Datenströmen entgegenzuwirken. Die dezentrale Platzierung der Rekorder ist erforderlich, weil die Datenströme vieler Kameras an einem zentralen Ort sichtbar sein sollen. Meist ist die Leitstelle der Flaschenhals im System, in dem alle Datenströme zusammenlaufen. Eine Strategie zur Verhinderung solcher Engpässe ist die Reduktion der Bildrate (FPS). Die Videokamera VPort36 zum Beispiel kann die Bildrate dynamisch ändern - manuell oder durch Netzwerkereignisse. Quellen für solche Ereignisse können Fehlfunktionen im Ethernet-Netzwerk oder benutzerdefinierte Ereignisse sein, deren Eintritt Active-Ethernet-I/O-Geräte an die Kamera übermitteln. Die sogenannte Dyna-Stream-Technologie verhindert Netzwerküberlastungen und verleiht Anwendern mehr Flexibilität bei der Integration ihrer IP-Videoüberwachungsanlagen in industrielle Überwachungs- und Steuerungssysteme. Sie legt dabei automatisch fest, wie viel Bandbreite von Videodaten in Anspruch genommen wird, sodass die Netzwerkbetreiber die Bildfolgefrequenz nicht jedesmal manuell anpassen müssen, wenn viele wichtige Daten zu übertragen sind. Wenn die Netzauslastung einen bestimmten Wert übersteigt, kann Dyna Stream die Video-Bildfolgefrequenz automatisch verringern.
Steuerung der Bilddatenrate
Eine weitere Möglichkeit zur Steuerung der Bilddatenrate ist die aktive Objekterkennung, die schon in der Kamera erfolgt. Moderne Kameras wie die VPort 36 können Bildbereiche definieren, deren Veränderung ein Netzwerkereignis auslöst. Mit dieser Methode lassen sich „virtuelle Lichtschranken“ definieren. Darunter versteht man frei definierten Bereiche innerhalb eines Kamerabilds, deren Veränderung ein Ereignis auslöst. So wirkt beispielsweise ein balkenförmig definiertes Feld auf eine überwachten Autobahnstrecke wie eine Lichtschranke. Durchfährt ein Auto diesen Bereich, so kann das Videosystem mit dem Wechsel der Bilddatenrate, dem Absenden des gespeicherten Videopuffers oder einer automatischen Ausschnittsvergrößering reagieren - ein intelligentes Auge für den Verkehr.