Die Vorschriften für maximal zulässige Abgasemissionen sollen in Europa weiter verschärft werden. Vor diesem Hintergrund untersuchte ein kürzlich abgeschlossenes Forschungsvorhaben der FVV eine nur auf den ersten Blick einfache Frage: Wie weit müssen die Emissionen von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor abgesenkt werden, damit diese keinen negativen Einfluss mehr auf die Luftqualität haben?
Experiment soll Wirkung von Fahrzeugemissionen bestimmen
Dafür korrelierte ein Forscherteam um Prof. Dr.-Ing. Stefan Hausberger von der Technischen Universität Graz für zwei Luftschadstoffe – Partikel und Stickoxide – die Fahrzeugemissionen mit den an verschiedenen Standorten gemessenen Immissionen, also der Schadstoffkonzentration in der Luft.
Als Zielwert wurde ein im Umweltrecht übliches Relevanzkriterium verwendet: Wenn die Emission einer technischen Anlage einen Beitrag von weniger als drei Prozent an der lokal zulässigen Gesamtbelastung verursacht, ist keine weitere Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. Hausberger erläutert: „Mit diesem Ansatz können wir die Emissionsgrenzwerte definieren, die ein Zero-Impact Vehicle zwingend einhalten muss.“
Um den Beitrag der Fahrzeugemissionen auf die Luftqualität zu bestimmen, haben die Forscher zunächst anhand von Daten der Messstelle „Stuttgarter Neckartor“ ein Simulationsmodell kalibriert. Dieses zeigt: Wenn die gesamte Fahrzeugflotte auf die derzeit geltenden Abgasgrenzwerte Euro 6d final umgestellt würde, sänke der Schadstoffgehalt in der Luft drastisch – bei den Stickoxiden beispielsweise um 93 Prozent gegenüber den Messwerten aus dem Jahr 2016. Das Drei-Prozent-Kriterium würde jedoch verfehlt.
Dafür, dass das Drei-Prozent-Kriterium bei der Immission an einem bestimmten Ort der Welt eingehalten werden kann, sind nicht nur die Emissionen aller Fahrzeuge in der unmittelbaren Umgebung der Messstelle relevant. Es sind auch die jeweilige Verkehrssituation, die Bebauung und sogar das Wetter zu berücksichtigen.
Anhand von Luftqualitätsdaten aus ganz Europa haben die Forscher deshalb mehrere Extremszenarien modelliert. Dazu gehörte eine mehrspurige städtische Zufahrtsstraße, die von 75.000 Fahrzeugen pro Tag befahren wird, genauso wie Stop-und-Go-Verkehr auf der Autobahn, ein Autobahnabschnitt ohne Tempolimit sowie eine Passstraße mit einer Steigung von mehr als zehn Prozent. Für das alpine Szenario wurden zudem verschiedene Fahrweisen berücksichtigt.
Variation durch Situations-Unterschiede
Die Ergebnisse der für die verschiedenen Orte durchgeführten Simulationen variieren stark. Im dichten städtischen Verkehr dürfte ein Zero-Impact-Pkw durchschnittlich 6,7 Milligramm Stickoxide pro Kilometer ausstoßen. Im Stop-and-Go-Verkehr auf der Autobahn wären es sogar nur 2,0 Milligramm pro Kilometer. Aufgrund der deutlich geringeren Fahrzeuganzahl würde das Drei-Prozent-Kriterium beim Befahren der Passstraße hingegen sogar dann eingehalten, wenn die Emission auf bis zu 74 Milligramm pro Kilometer stiege.
„Die europäische Emissionsgesetzgebung kennt fahrsituationsbezogene Grenzwerte bislang nicht“, sagt Hausberger. „Unsere Ergebnisse zeigen allerdings, dass für die Luftqualität nicht einzelne Extremsituationen ausschlaggebend sind, sondern vor allem der Alltagsverkehr in urbanen Ballungsgebieten maßgebend ist. Extreme Fahrsituationen könnten daher auch mit höheren Emissionsgrenzwerten berücksichtigt werden“
Bestätigt wird diese Aussage durch weitere Simulationen, die innerhalb des Vorhabens für urbane Ballungsräume durchgeführt wurden. So zeigt sich, dass mit einer zu 100 Prozent aus Zero-Impact-Fahrzeugen bestehenden Flotte die Stickoxidemissionen am Stuttgarter Neckartor nurmehr auf dem Niveau der ohnehin vorhandenen Hintergrundbelastung läge.