Effizienter Bierbrauprozess Energie sparen beim Bierbrauen

„Zeitvariable Strompreise“ ermöglichen auch der Bierbranche, durch flexiblere Herstellungsprozesse einen Beitrag zur Energiewende zu leisten.

Bild: Universität Bremen, Projekt BrewFlex
09.10.2024

Das Brauen von Bier ist energieintensiv und damit teuer - bis jetzt. Denn „zeitvariable Strompreise“ - also je nach Tageszeit unterschiedliche Strompreise - ermöglichen es auch der Bierbranche, durch flexiblere Produktionsprozesse einen wichtigen Beitrag zur Energiewende zu leisten. Wie dies konkret in Brauereien umgesetzt werden kann, erforscht das Institut für Messtechnik, Automatisierung und Qualitätswissenschaft (BIMAQ) der Universität Bremen gemeinsam mit Industriepartnern.

Deutschland erzeugte 2023 bereits 56 Prozent seines Energiebedarfs aus regenerativen Quellen. Auf dem Weg zur Klimaneutralität ist es wichtig, dass auch die Bedarfsseite ihre elektrischen Lasten flexibler – also zeitlich verschiebbar – gestaltet. In den kommenden Jahren wird die Ausweitung der zeitvariablen Strompreise erwartet, was die Flexibilität der industriellen Abnehmer weiter motiviert. Daran forscht auch das Institut für Messtechnik, Automatisierung und Qualitätswissenschaft (BIMAQ) der Universität Bremen am Beispiel von kleinen und mittelständischen Brauereien.

Diese Industriebranche weist einen hohen Energieverbrauch auf, was sich stark auf die Produktionskosten niederschlägt – noch. Denn im Projekt BrewFlex wird nun das Potenzial der Flexibilisierung von elektrischen Lasten exemplarisch untersucht. „Über die Flexibilisierung hinaus untersuchen wir zudem die Verbrauchsoptimierung durch Effizienzsteigerung“, sagt Yannik Schädler, wissenschaftlicher Mitarbeiter am BIMAQ. Er leitet seitens des Uni-Instituts die Forschungen zu diesem Thema.

Fokus liegt auf kleinen und mittleren Brauereien

„Der Fokus liegt deshalb auf kleinen und mittelständischen Brauereien, weil sie den größten Teil der deutschen Brauereien ausmachen. Ihnen fehlen häufig die Ressourcen, effizienter und flexibler zu werden“, erläutert Schädler. „Um vertrauenswürdige Ergebnisse zu erzielen, bilden reale Messdaten die Basis der Analysen.“ Für die Datenerhebung, -aufbereitung und -analyse ist das Messtechnik-Institut BIMAQ der Universität Bremen zuständig. Das Know-how zu betriebswirtschaftlichen Aspekten und kluger Kommunikation kommt von Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW), das zum Brauprozess und typischen Abläufen in einer Brauerei von der Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin (VLB).

Dieses Konsortium hat bereits erste Daten erhoben, Brauereien besucht und aus Lastgängen verschiedener Anlagen ein theoretisches Flexibilisierungspotenzial bestimmt. Dieses wurde mit den Randbedingungen des Brauprozesses und einigen technischen Randbedingungen abgeglichen. „Aus den Daten haben wir das technisch umsetzbare Flexibilisierungspotenzial ermittelt“, sagt Schädler. „Dieses wiederum wurde mit den betriebswirtschaftlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen – zum Beispiel Dienstplänen – abgeglichen. Ergebnis war für BrewFlex das betriebswirtschaftlich realisierbare Potenzial.“

Als zentrales Ergebnis des Projekts wird nun eine Internetseite entwickelt, mit deren Hilfe die Unternehmen eine erste Abschätzung ihres individuellen Flexibilisierungspotenzials erhalten und sich anonym mit anderen Brauereien vergleichen können.

Effizienzsteigerung ist gewollt – aber wie umsetzen?

Das zweite Ziel ist eine Hilfestellung zur Verbrauchsoptimierung. Gespräche mit der Brauindustrie ergaben, dass viele KMU-Brauereien die Effizienzsteigerung durchaus im Blick haben. „Sie sind sich allerdings unsicher, mit welchen Anlagen sie beginnen sollen, um schnellstmöglich ihre Verbräuche zu reduzieren“, so der Bremer Ingenieurwissenschaftler. Im Projekt wurde die Idee erarbeitet, eine möglichst niedrigschwellige Hilfe zu dieser Entwicklung zu leisten, indem man die Effizienz einer Brauerei anonym mit Brauereien der gleichen Größenordnung vergleicht. Konkret soll diese Option auch beinhalten, die spezifischen Energieverbräuche mit Differenzierung einzelner (energieintensiver) Brauereisektoren, zum Beispiel Kühlanlage oder Abfüllanlage, vergleichen zu können. Allgemeine Handlungsempfehlungen zur Optimierung in den einzelnen Sektoren runden das Online-Tool ab.

Diese beiden Werkzeuge werden der Brauereiindustrie demnächst auf einer Projektwebseite zur Verfügung gestellt. „Das Tool ersetzt nicht den Energieberater, sondern gibt konkrete Hinweise, ob und an welchen Stellen es sich lohnt, diesen gegebenenfalls zu Rate zu ziehen“, so Schädler. „Die Möglichkeit eines anonymen Vergleichs der Effizienz ist in unseren Gesprächen stets auf ein hohes Interesse gestoßen, sodass wir hohen Nutzerzahlen entgegenblicken.“

Hohes Einsparpotenzial vor allem bei der Lagerung

Zwischenfazit: Es steht bereits fest, dass eine „klassische Flexibilisierung“ der Prozessschritte des Maischens, des Abläuterns, des Kochens und des Kühlens der Würze sowie der Abfüllung wenig Aussicht auf Erfolg hat (unter 5 Prozent Ersparnis bei hohem organisatorischem Aufwand). „Aber wir haben herausgefunden, dass die Lagerung ein hohes Potenzial bietet. Zur Lagerung wird das Bier momentan auf etwa 0° Celsius gekühlt, lässt sich aber in einem 2 °C breiten Intervall um diese Temperatur qualitätsneutral lagern. Hier bietet sich eine Verschiebung des Kühlens um einige Stunden an, um beispielsweise die Einspeisung einer Photovoltaik-Anlage optimal zu nutzen.“ Die Trägheit des Systems sei in der Regel groß genug, sodass das vorgegebene Temperaturintervall nicht verlassen wird.

Im noch bis 2025 laufenden Projekt sind künftig noch Betrachtungen einiger Spezialfälle und die effiziente Kommunikation der Ergebnisse mit der Industrie geplant. Zudem wird an der Übertragbarkeit der BrewFlex-Ansätze auf andere Branchen gearbeitet.

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