Gebläse-Steuerung Genügend Sauerstoff im Wasser

Aerzener Maschinenfabrik GmbH

Mit einem neuen Steuerungskonzept für die Gebläsetechnik will die Kläranlage in Rheda-Wiedenbrück für mehr Effizienz sorgen.

Bild: iStock, MelanieMaya
30.09.2016

Die Luftversorgung in der Belebung macht oft mehr als 70 Prozent der Betriebskosten von Kläranlagen aus. Daher lohnen sich Effizienzverbesserungen gerade hier. Mit einem neuen Steuerungskonzept für die Gebläsetechnik will die Kläranlage in Rheda-Wiedenbrück für mehr Effizienz sorgen.

Ein Ziel bei den Modernisierungsarbeiten des Abwasserbetriebs in Rheda-Wiedenbrück war, die Biologie wirksamer mit Luft zu versorgen, indem alte Belüftungsgitter nicht nur durch neue ersetzt, sondern auch 30 Zentimeter tiefer unmittelbar am Boden der Belebungsbecken eingebaut wurden. In der Folge bedeuten die 30 Zentimeter mehr Raumgewinn allerdings auch einen Anstieg des System-Drucks von 30 mbar – was entsprechend bei der Auslegung der Gebläsetechnik zu berücksichtigen ist.

Intelligentere 
Luftversorgung

Vor der Anlagenmodernisierung wurde die Biologie mit einem recht hohen Sauerstoffüberschuss in den Becken gefahren, um vor allem die Schwankungen bei den Einlaufwerten des in der Region angesiedelten Schlachthofbetriebs sicher aufzufangen. Im Zusammenhang mit dem Auftrag, die Betriebskosten und den damit verbundenen CO2-Ausstoß zu reduzieren, war ein klares Ziel des Projektes, die Belüftung der Becken künftig wesentlich enger mit der schwankenden Abwasserfracht und dem daraus resultierenden Sauerstoffbedarf zu koppeln. Daraus folgte im ersten Schritt die bedarfsgerechte Drehzahlsteuerung der insgesamt vier Gebläse-Einheiten des Herstellers Aerzen. Die Sollwerte generiert die SPS (Speicherprogrammierbare Steuerung) aus den Messdaten im Abwasser – vornehmlich in Form von Ammonium- und Nitratkonzentrationen. Hinzu kommt eine intelligente Steuerung der Blendenregulierschieber, die langsam zufahren, wenn die geforderte Sauerstoffsättigung im Wasser des jeweiligen Beckens erreicht ist.

Damit das Schließen nicht zu einem höheren Druck – und damit Widerstand – in der Leitung führt, fährt die SPS parallel den Solldruck herunter. „Andernfalls würden wir Energie durch die Blendenregulierschieber vernichten, weil die Gebläse im Rahmen einer Konstant-Druckregelung gegen den durch die Blendenregulierschieber verursachten Druckverlust arbeiten müssen. Wir regeln mit einer Gleitdruckregelung intelligenter und effizienter“, verdeutlicht Markus Haverkamp, Projektingenieur vom betreuenden Ingenieurbüro Aquaconsult aus Hannover. Für die Grundlastversorgung der Biologie, die abwechselnd aus belüfteten und unbelüfteten Becken einen Kreislauf mit drei Reinigungsstufen bilden, haben die Ingenieure unter anderem ein Turbogebläse von Aerzen gewählt.

Das Modell AT150-0.8S-G5 erreicht mit einer Motor-Nennleistung von 143 kW einen Ansaugvolumenstrom von 4800 m3/h bei einem Ansaugdruck von 1 Bar und einem Enddruck bis 1,8 Bar. Für Cord Utermann, Vertriebsingenieur bei Aerzen, sind Turbogebläse klassische Vertreter energieoptimierter Grundlastmaschinen, die am besten innerhalb der Nennwertparameter 24 Stunden durchlaufen, weil sie dann mit der höchsten Wirtschaftlichkeit in Betrieb sind.

Turbogebläse für die Grundlast

Folglich sind Konzepte zu entwickeln, die es ermöglichen, die im tageszeitlichen Verlauf schwankenden Schmutzfrachten gleichermaßen energieeffizient zu reinigen. Für ein Optimum an Effizienz bedeutet dieser Ansatz, dass der Luftbedarf, der über die Grundlast hinausgeht, von Verdrängermaschinen wie Drehkolbengebläsen und -verdichtern zu decken ist. Diese zeigen ihre Stärke im hohen Regelbereich von 25 bis 100 Prozent und einem guten Wirkungsgrad auch im Teillastbetrieb. In der Kläranlage Rheda-Wiedenbrück gehören deshalb noch zwei Aerzen-Aggregate vom Typ Delta Hybrid sowie ein Delta Blower zum Verbund. Damit dieses Quartett den Sauerstoffbedarf für die Belebungsbecken nicht nur prozesstechnisch sicher deckt, sondern die benötigte Luftmenge auch noch sehr effizient im Verbund erzeugt, hat der Hersteller die AERsmart-Steuerungen entwickelt. Laut Cord Utermann, besteht die hohe Kunst der Steuerungstechnik darin, die Übergänge zwischen den sich überlagernden Betriebsbereichen möglichst fließend und bei jeder Last so energieeffizient wie möglich zu gestalten. Indem in Rheda-Wiedenbrück drei verschiedene Maschinen mit unterschiedlichen Arbeitsbereichen und Wirkungsgraden zum Einsatz kommen, müssen diese so übereinander gelegt werden, dass es zu möglichst wenigen Schaltvorgängen kommt. Das ständige An- und Abschalten würde den Verschleiß erhöhen. Für einen bestmöglichen Gesamtwirkungsgrad ist eine effiziente Verteilung der Luft auf die Belebungsbecken sowie eine effiziente Maschinenanwahl erforderlich. Umgesetzt wird dies mit der neuen Steuerung von Aerzen.

Steuerung hilft beim Energiesparen

Basis für die Verbesserung mit der AERsmart-Steuerung bildet der Sauerstoffbedarf in den drei Reinigungsstufen. Die Kennzahlen werden von der zentralen Anlagen-SPS verarbeitet, der daraus resultierende Solldruck per Profibus an die Gebläsesteuerung gegeben. Die neue Steuerung sorgt dann dafür, dass die vier Aggregate energetisch bestmöglich miteinander arbeiten. „Das hier eingesetzte Turbogebläse hat zum Beispiel bei 83 Prozent Auslastung den höchsten Wirkungsgrad“, erklärt Cord Utermann. Liegt der Luftbedarf darunter, kann es durchaus effizienter sein, die Grundlastmaschine ganz abzuschalten und den vergleichsweise geringen Luftbedarf durch die beiden Delta-Hybrid-Anlagen zu decken.

Als Zwischenergebnis konnte die Kläranlage Rheda-Wiedenbrück mit den energieoptimierten Gebläsen und einer einfachen Prozesssteuerung, die enger mit den herrschenden IST-Werten verknüpft ist, rund 30 Prozent Energie in der Biologie einsparen. Mit AERsmart sind hier durch die Verbesserung auf Gebläseebene weitere fünf bis acht Prozent möglich. Wie viel Einsparpotenzial sich über eine längere Betriebsphase erzielen lässt, wird der Feldtest in der Kläranlage zeigen. „Wir brauchen den Einsatz vor Ort, weil wir die komplexen Zusammenhänge einer Kläranlage nur im Feld erfassen können. Das lässt sich auf keinem Teststand abbilden“, fasst Cord Utermann zusammen.

Bildergalerie

  • Mit der Steuerung AERsmart von Aerzen lassen sich Gebläse energieeffizient steuern.

    Mit der Steuerung AERsmart von Aerzen lassen sich Gebläse energieeffizient steuern.

    Bild: Aerzen

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