Safety & Security Gastransport ohne Spannung

02.05.2014

Gaslieferungen bei Gewitter bedürfen einen besonderen Schutz. Auf Basis einer Risikoanalyse hat ein Unternehmen nun bestimmte Maßnahmen für den Blitz- und Überspannungsschutz umgesetzt. So vermeiden Überspannungsableiter an allen gefährdeten Schnittstellen Schäden am Prozessleitsystem und damit verbundene Anlagenausfälle.

Von Sibirien bis Europa ist es ein langer Weg. Das Gas aus dem Osten wird über riesige Pipelines geleitet. Gascade Gastransport ist in der Lubminer Heide bei Greifswald für den sicheren Betrieb der Anlandestation der Nord-Stream-Pipeline verantwortlich. Sie ist das logistische Bindeglied zwischen der Nord-Stream-Pipeline und dem europäischen Fernleitungsnetz. Vom 1.224 km entfernten westsibirischen Wyborg wird das Gas auf die Reise geschickt. In Lubmin angekommen, wird es von möglichen Fremdstoffen gereinigt, auf die richtige Temperatur gebracht, um Kondensation zu vermeiden, und dann über die beiden Anschlusspipelines OPAL (Ostsee-Pipeline-Anbindungs-Leitung) und NEL (Nordeuropäische-Erdgas-Leitung) in das europäische Fernleitungsnetz verteilt. Elf Monate nach Inbetriebnahme des ersten Pipelinestrangs der Nord Stream im November 2011, ist seit Oktober 2012 auch der zweite Strang offiziell in Betrieb. Bis zu 55 Mrd. m3 Gas können nun von den westsibirischen Erdgasvorkommen nach Europa transportiert werden – dies entspricht mehr als der Hälfte des jährlichen Erdgasbedarfs in Deutschland.

Transport auch bei Gewitter

Damit diese Lieferung auch bei Gewitter und den damit verbundenen Störeinflüssen unterbrechungsfrei sichergestellt werden kann, wurden effektive Maßnahmen für den Blitz- und Überspannungsschutz umgesetzt. Die Festlegung der Schutzmaßnahmen basiert auf dem Ergebnis einer vorausgegangenen Risikoanalyse nach DIN EN 62305-2. Es wurden alle möglichen Gefährdungen betrachtet und das verbleibende Risiko durch die Auswahl technisch und wirtschaftlich geeigneter Maßnahmen solange vermindert, bis das akzeptierbare Restrisiko unterschritten wurde. Das Prinzip der Schutzmaßnahmen besteht dabei in der Reduzierung feld- und leitungsgeführter Störgrößen auf ein unschädliches Maß. Erreicht wird dies dadurch, dass man die baulichen Anlage in sogenannte Blitz-Schutzzonen (LPZ, lightning protection zone) einteilt und durch die Installation geeigneter Schutzmaßnahmen (SPM, surge protection measures) gegen die elektromagnetischen Störimpulse schützt.

Durch das Blitz-Schutzzonen-Konzept nach DIN EN 62305-4 werden abhängig von Anlagengröße, Art und Empfindlichkeit der elektronischen Systeme geeignete LPZ definiert. Die LPZ 0A kennzeichnet diejenigen Bereiche, die durch direkte Blitzeinschläge und hohe Impulsströme bis hin zum vollen Blitzstrom gefährdet sind und in der das volle elek­tromagnetische Feld des Blitzes wirkt. Durch den Einsatz von Fangsystemen entstehen die Schutzbereiche der LPZ 0B, die gegen direkte Blitzeinschläge geschützt sind, in denen jedoch noch das volle elektromagnetische Feld wirksam ist.

Bei den inneren Zonen der LPZ 1 bis LPZ n werden an den Zonengrenzen alle eintretenden leitfähigen Teile mit dem Potentialausgleich verbunden und der leitungsgeführte Störimpuls durch geeignete Überspannungsschutzgeräte reduziert. Das elektromagnetische Feld des Blitzimpulses kann, entsprechend der Störfestigkeit der zu schützenden elektronischen Systeme, durch geeignete Schirmungsmaßnahmen gedämpft werden.

Als grundlegende Maßnahme für einen funktionierenden Potentialausgleich wurde eine vermaschte Erdungsanlage auf dem Gelände der Anlandestation errichtet. Ziel ist es, den Blitzstrom gleichmäßig im Erdreich zu verteilen und Potentialdifferenzen und Funkenüberschläge – insbesondere in den explosionsgefährdeten Bereichen – zu vermeiden. Aufgrund der hohen Anforderungen an die Verfügbarkeit der Pipeline legte man auf den Schutz des Prozessleitsystems besonderes Augenmerk. Der gesamte Prozess ist visualisiert und der physikalische Gasfluss wird nach den Erfordernissen des Betriebs über Filter und Vorwärmer mit Regelarmaturen gesteuert. Hierzu wurde in der Anlandestation Greifswald erstmals ein durchgängiger Feldbus als Profibus DP realisiert. Die von den Stellantrieben aus dem Feld ankommenden Profibus-Leitungen werden über die an den Zonengrenzen LPZ 0A – 1 installierten Überspannungsableiter weiter zu den Verteilern geführt. Von dort aus führt die Verbindung über Y-Link von Siemens zur hochverfügbaren Simatic S7-400H.

Dauerhafte Buskommunikation sichergestellt

Die Kabelschirme der ankommenden Feldleitungen werden beim Schaltschrankeintritt über eine Ankerschiene abgefangen und direkt geerdet. Durch eine großflächige und niederimpedante Schirmkontaktierung durch Anschlussklemmen mit Federelementen wird eine dauerhaft wirksame Schirmerdung sichergestellt. Für diese Profibus-Applikation wurden kombinierte Blitzstrom- und Überspannungsableiter der Produktfamilie Blitzductor XT ausgewählt.

Diese teilbaren Ableiter kombinieren ein hohes Blitzstoßstrom-Ableitvermögen mit einem sehr niedrigen Schutzpegel für einen wirkungsvollen Endgeräteschutz. Die speziell auf die Profibus-Anforderungen abgestimmte Schutzbeschaltung für hochfrequente Signale stellt eine dauerhafte Buskommunikation sicher, ohne deren Performance und Übertragungssicherheit negativ zu beeinflussen.

Vorausschauend für eine einfache Wartung kann der Zustand der Überspannungsableiter einfach und schnell durch die LifeCheck-Überwachungstechnologie geprüft werden. Durch ein Frühwarnsystem erkennt sie mögliche elektrische oder thermische Vorschädigungen der Schutzmodule sekundenschnell in berührungsloser RFID-Technik. Wird ein vorgeschädigtes Modul erkannt, kann es durch den modularen Aufbau in einfacher Weise während des laufenden Betriebs ersetzt werden. Alle Aktivbauteile sind im steckbaren Modul untergebracht, sodass keinerlei Verdrahtungsaufwand erforderlich ist und die Kommunikation auf der zu schützenden Doppelader nicht unterbrochen wird.

Zur konsequenten Umsetzung des Schutzkonzepts wurden auch alle übrigen Leitungen, die in Messwarten- oder Leittechnikgebäude eingeführt sind, mit Überspannungsableitern geschützt. Dies betrifft sowohl alle 230/400 V Energieversorgungsleitungen, die 24V-DC-Versorgungen der speicherprogrammierbaren Steuerungen als auch Telekommunikationsverbindungen, Leitungen eigensicherer Messkreise unterschiedlicher Messsensoren sowie die sicherheitstechnischen Systeme wie Gaswarn- und Brandmeldeanlagen.

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