Industrial Software Hack ohne Hektik

19.07.2012

Absolute Transparenz in den Produktionsprozessen war für Vion Convenience die Herausforderung. Operational Excellence führte zum Ziel: verborgene Produktivitätsreserven und Schwachstellen aufdecken und so Prozesse stetig optimieren - gelassen und ohne Hektik. Mit einer IT-Lösung werden nun Einflüsse auf die Effektivität der Produktionsanlagen identifiziert und die Produktivität über Kennzahlen bewertet. Beharrliche Durchführung sorgt für langfristige Optimierung und sinkende Kosten.

Vion Convenience ist einer der wichtigsten Partner des deutschen Lebensmittel-Einzelhandels für das gesamte SB-Fleischsortiment. Das 1980 gegründete Unternehmen ist eine Tochtergesellschaft der Vion Food Germany mit Hauptsitz in Düsseldorf und produziert auftragsbezogen sowie im Stock mit 240 Mitarbeitern über 100 Produkte. Das Programm besteht aus SB-Frischfleisch, SB-Hackfleisch, SB-Bio-Fleisch und SB-Convenience-Spezialitäten. „Operational Excellence ist ein wichtiger Pfeiler unserer Unternehmensstrategie und das fokussiert sich auf Qualität, Sicherheit und Effektivität in der Vion-Produktion“, erklärt Produktionsleiter Dirk Kirchner. Wolfram Krause, Managing Director von Vion Food Germany, machte den Opex-Gedanken innerhalb der Gruppe bereits 2010 zu einem Schwerpunktprogramm. Er konnte Dirk Kirchner überzeugen und dessen Werk als Opex-Pilotanwender gewinnen. Zu seiner Unterstützung stieß Daniel Fries aus der produktionsinternen Qualitätskontrolle hinzu. Es gilt, insgesamt drei Produktionslinien zu überwachen und zu analysieren. Die längste Linie besteht aus sieben Elementen beziehungsweise Aggregaten. Insgesamt umfasst der Maschinenpark für diesen Bereich 36 Anlagen. Die durchgeführten manuellen Standardzeitanalysen nach der klassischen Methode konnten nur stichpunktartig erfolgen und erwiesen sich als sehr aufwendig. Im Internet stieß Wolfram Krause auf Fastec, das über IT-gestützte OEE-Instrumentarien verfügt: zum einen das sofort einsetzbare Produktivitätsmessgerät easyOEE zur Optimierung einzelner Maschinen sowie das modulare OEE/MES-System Fastec 4 Pro. Der Einsatz des Produktivitätsmessgeräts geht der Implementierung von Fastec 4 Pro voraus. Mit dem Messgerät wird eine automatische Erfassung der Maschinendaten wie Durchsatz, Verfügbarkeit, Zykluszeiten, Stillstandszeiten etc. realisiert. Zudem erfolgen via Touch-Panel-PC Eingaben zum Beispiel über Stillstandsgründe oder Ausschussmengen. Somit kommen eine lückenlose Überwachung des Maschinenzustands und eine Präsentation der Produktionskennzahlen in Echtzeit zustande. „Mit easyOEE starteten wir im Oktober 2010. Seitdem konnten wir erstmals feststellen, an welchen Maschinen die meisten Stillstände zustande kommen, wo also unsere größten Potenziale liegen, um eine Verbesserung der Produktion zu erzielen“, erläutert Dirk Kirchner. „Mit easyOEE liegen uns nun Messwerte der vollständigen Tagesproduktion einer Linie vor“, fügt Daniel Fries hinzu. „Der Umgang mit easyOEE über circa drei Monate erwies sich als das perfekte Training für den anschließenden Einsatz von Fastec 4 Pro. Innerhalb von 14 Tagen war die Software in Betrieb genommen“.

Weniger Unterbrechungen, weniger Stillstände

„In der ersten Woche nach der Inbetriebnahme des MES wurden noch einzelne unbegründete Unterbrechungen von bis zu 47 Minuten registriert. Zum Jahresende 2011 verzeichneten wir kumuliert am Tag unbegründete Unterbrechungen von maximal 10 Minuten. Überschreitet eine unbegründete Unterbrechung eine Minute, ertönt vor Ort ein akustisches Signal“, berichtet Dirk Kirchner. Mit dem Umstieg auf Fastec 4 Pro bot es sich an, die zu Beginn manuell erfassten Daten als Grundlage in das System einzupflegen sowie die zuvor bereits mit easyOEE festgelegten Störgründe noch weiter aufzufächern. So konnten etwa 16 Stillstandsgründe je Baugruppe definiert werden. Ziel war es, nicht nur verdichtetes, zuverlässiges Zahlenmaterial zu erhalten, sondern zudem diverse Auswertungsmöglichkeiten sowie eine Nachvollziehbarkeit bis ins Detail. Wichtig ist, dass die Fehler aus Sicht der Werker an der Linie eindeutig definiert werden können. Die Handhabung der IT-Lösung sieht hierzu im wesentlichen die Betätigung auszuwählender Tasten und gegebenenfalls die Eingabe eines Freitextes vor. Die Benutzeroberfläche der Touchpanels kann in jeder Sprache programmiert werden. Dadurch können die Mitarbeiter unabhängig voneinander die Terminals jeweils in ihrer Sprache bedienen. Jederzeit können sich die Mitglieder des Opex-Teams tagesaktuell auf ihren PCs einen Überblick über den aktuellen Status aller Linien verschaffen. Hierzu dienen das Monitoring und auch Balkendiagramme auf einer Zeitachse. Pro Linie werden unter anderem OEE-Werte, Stillstände und exakte Gründe aufgeführt. Schnell lässt sich erkennen, ob Rohstoffe, Zutaten oder Verpackungsmaterialien fehlen. Auch ungewöhnliche Abweichungen treten direkt in Erscheinung, zum Beispiel, wenn ein Produktwechsel statt üblicherweise 3 bis maximal 8 Minuten nun 12 Minuten benötigt. Mit gut sichtbar platzierten Großbildschirmen erhalten die Objektleiter und das Bedienungspersonal ebenfalls Aufschluss über den Produktionsfortschritt der einzelnen Linien. Tritt zum Beispiel der Fall ein, dass über die Alarmfunktion von Fastec 4 Pro ein begründeter Stillstand wie „Produkt fehlt“ gemeldet wird, erfolgt die Weiterleitung an die Produktionsleitung per E-Mail oder SMS. „Wir sind in der Lage, wenn etwas Ungewöhnliches in der Produktion geschieht, sofort und gezielt reagieren zu können“, kommentiert Dirk Kirchner. „Außerdem wird alles im Detail protokolliert und auswertbar dokumentiert, sodass wir mit regelmäßigen Auswertungen die Möglichkeit haben, eine stete Prozessoptimierung zu erreichen“. Vordefinierte Reports für Auswertungen gehen turnusgemäß an Produktionsleiter, Objektleiter, Schichtführer, die Abteilungen Controlling, IT und Technik sowie die Mitglieder des Opex-Teams. Außerdem finden regelmäßig Meetings zum strategischen Vorgehen sowie gegebenenfalls zu Schwachstellenanalysen statt. „Früher war es immer wieder mal der Fall, dass die Gewichtstoleranzen nicht eingehalten wurden. Dies führte dazu, dass in der Etikettierung keine Auszeichnung der Ware erfolgte, die Ware ging zurück und es fielen unnötige Kosten an. Mit der erzielten Transparenz und der schnellen Gewichtsregulierung wurde eine artikelabhängige Überfüllung von maximal 0,5 bis 0,8 Prozent des Sollgewichts statt 2 Prozent erreicht“, schildert Daniel Fries. „Gewichtsbedingte Rückführungen kommen so gut wie gar nicht mehr vor und damit wurde der Ausschuss drastisch reduziert. Dies wirkt sich selbstverständlich auch positiv auf den OEE-Wert aus“. „Wir sind sehr zufrieden, insbesondere, wenn wir zurückblicken. Vor etwa zwei Jahren lagen wir mit unseren OEE-Werten noch bei 35Prozent. Ende 2011 erreichten wir für drei Hackfleischlinien 60Prozent und seit März dieses Jahres generell konstant 65Prozent. Nun streben wir bis Ende des Jahres 2012 einen Wert von konstant 70Prozent an. Wir halten es auch für nicht ausgeschlossen, in Zukunft einen Wert von 80 Prozent erreichen zu können, allerdings ist das zugegeben ein ehrgeiziges Ziel“, resümieret Dirk Kirchner. Sein Kollege Daniel Fries hält fest: „Derzeit befinden wir uns mit 65Prozent in einer konstanten Stabilisierungsphase. Wir können auf Störungen in der Produktion aufgrund der erreichten Transparenz rechtzeitig reagieren und auch wesentlich optimaler planen - Hektik bleibt außen vor.“

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