Der Elektromobilitäts-Hype ist mittlerweile wieder auf dem Boden der physikalischen Tatsachen angekommen und einer für Fachleute nicht verwunderlichen Ernüchterung gewichen. Der Range-Extender hätte als Brückentechnologie den politisch gewünschten rascheren Einstieg in die Elektromobilität weicher abfedern können. Allerdings tut sich diese Technologie ähnlich schwer wie das Elektroauto selbst, da sie nun mal an dieses gebunden ist. Ist ein Range-Extender an Bord, so handelt es sich auch um eine hybride Form des Antriebs, jedoch ist der Hauptantrieb batterieelektrischer Natur. Somit grenzt sich das Range-Extender-Fahrzeug doch eindeutig gegenüber einem Hybridantriebsfahrzeug ab, dessen Hauptantrieb nach wie vor der Verbrennungsmotor darstellt. Sicherlich wird es zunehmend schwierig, Sinn und Zweck der breiten Palette hybrider Antriebsformen dem Konsumenten verständlich zu vermitteln. Der Range-Extender soll nicht nur die Reichweitenproblematik lösen, sondern bekanntlich auch Gewicht und Kosten reduzieren gegenüber einer andernfalls groß zu dimensionierenden Traktionsbatterie. Beim Anpassen der Batteriegröße an die gewünschte elektrische Reichweite kann von 5 bis 7km pro kWh Energiekapazität ausgegangen werden. Wobei sich die praktisch nutzbare Energiekapazität von etwa 70 Prozent aus der Abnahme des Ladezustands von etwa 90 auf 20 Prozent ergibt. In die Gewichtsbetrachtung geht aber auch die Tankgröße mit ein. So ist für den US-Markt das gesetzliche Limit des Kraftstofftanks bei Range-Extender-Fahrzeugen zu beachten. Bei der CO 2-Zertifizierung gemäß ECE R101 (Berechnungsformel) durch den elektrisch/verbrennungsmotorischen Mischbetrieb wird der Range-Extender bezüglich der Emissionen erheblich begünstigt. Trotzdem ist festzustellen, dass gerade überzeugte Elektromobilitätsbefürworter dieser Technologie angesichts des mitunter nicht vollends emissionsfreien Betriebs teilweise mit Skepsis begegnen. Weitere Bedenken betreffen ein mögliches Beeinträchtigen des geräuscharmen elektrischen Fahrens. Da Elektroautos bisher bestenfalls im Klein- oder Kleinstwagensegment bescheidene Kundenerwartungen erfüllen können, sehen Automobilhersteller im Range-Extender vor allem ein mehr oder weniger redundantes Antriebssystem in einem besonders kostensensiblen Marktsegment. Hinzu kommt die mittlerweile recht kontrovers geführte Diskussion über das optimale Range-Extender-Konzept.
Auslegungskriterien für Range-Extender
Mit den unterschiedlichen Sichtweisen steigen die Anforderungen an den Range-Extender, woraus letztendlich die primären Auslegungskriterien resultieren. Wird der Gesichtspunkt der Redundanz in den Vordergrund gestellt, weil nicht zuletzt der Konsument seine Kaufentscheidung vom Mehrpreis abhängig macht, so würde das absolute Minimieren der Herstellkosten alle anderen Kriterien mit großem Abstand dominieren. Das würde dann sogar Abstriche bei der Dauerbetriebsfestigkeit rechtfertigen. Zudem müsste in Kauf genommen werden, dass sich das Aggregat im Bedarfsfall beim Start ruckelnd, dann ziemlich lautstark in Erinnerung bringt. Gerade die potenzielle Kundschaft von Elektroautos wird jedoch den inhärenten akustischen Komfort unabhängig vom Betriebsmodus nicht missen wollen. Außerdem sollen Start und Stopp des Range-Extenders, wenn überhaupt, dann nur unterschwellig wahrnehmbar sein. Ausreichender Geräusch- und Schwingungskomfort (NVH, Noise, Vibration, Harshness) sind daher wesentliche Gesichtspunkte im Hinblick auf die Akzeptanz dieser Technologie. Schließlich geht es um das Package: zunächst um die erforderliche Kompaktheit des Aggregats selbst als weitgehend komplettes Modul mit möglichst wenig Schnittstellen mit dem Fahrzeug; dann die möglichst bauraumökonomische Fahrzeugintegration. Sofern es sich um die Plattform eines herkömmlichen Fahrzeugs handelt, kann sich das Unterbringen der Batterie, des elektrischen Antriebs und obendrein des Range-Extenders recht schwierig gestalten, besonders wenn die Anforderungen an die passive Sicherheit berücksichtigt werden. Die Kompaktheit basiert auf einer geeigneten Systemarchitektur. Die schiere Baugröße ergibt sich aus den Fahrleistungsanforderungen. Sicherheiten gegenüber der Höchstgeschwindigkeit in der Ebene und an Steigungen sowie der Dynamik des Lkw-Verkehrs bestimmen hier die Minimalanforderungen an ein sicheres Fahren. Minimalistische, jedoch im Hinblick auf die Verkehrssicherheit fragwürdige Anforderungen folgen aus der Reduzierung auf die „Limp-Home“-Funktion, das heißt, einen erheblich eingeschränkten Notbetrieb. Ab bestimmten Fahrleistungen muss sicherlich von dem Ansinnen eines weitgehend universell installierbaren Moduls Abstand genommen werden. Die für erforderlich erachtete Radleistung bestimmt unter Berücksichtigung der Wirkungsgrade die Nennleistung des Verbrennungsmotors. Aus Kosten- und NVH-Gründen liegen hier die Vorteile eindeutig beim Ottomotor. Selbstverständlich hat man es in der Hand, mit einer entsprechend hohen spezifischen Leistung den Hubraum oder die Zylinderzahl zu minimieren und damit auch die Baugröße respektive das Package günstig zu beeinflussen. Hier zeigt sich allerdings ein Zielkonflikt mit den NVH-Anforderungen sowie nicht zu unterschätzenden thermischen Problemen in einem eher beengten und - hier unterstellt - zuweilen schlecht belüfteten Einbauraum. Hohe Drehzahlen oder alternatives Aufladen zahlen sich daher beim Range-Extender nicht zuletzt auch unter Berücksichtigung des erhöhten technischen Aufwands kaum aus. Ob ein Range-Extender nur Fahr- und Ladestrom erzeugen oder auch eine „Boost-Funktion“ - eine optional mechanische Kopplung des Verbrennungsmotor mit der Antriebsachse - umfassen soll, ist die aktuell am meisten aufgeworfene Fragestellung.
Ein Range-Extender-Konzept
Beim Auslegen des von der KSPG in Kooperation mit FEV entwickelten Range-Extenders (Abbildung oben), standen der Modulgedanke im Vordergrund sowie die Kriterien: NVH-Optimierung, gemeinsame Kühlmittelkühlung der Teilaggregate, geeignetes Package für das Zielsegment Klein-/Kleinstwagen und ansprechende Fahrleistungen im Dauerbetrieb. Die Entscheidung fiel zugunsten des seriellen Hybridan-triebs, da der Fahrzeug-Hauptantrieb üblicherweise die Domäne der Automobilhersteller ist. Als Entwicklungsziele wurden priorisiert: die bauraumsparende Unterbringung - beim Demonstrator in der Ersatzradmulde -, der Blick auf möglichst geringe Kosten bei der Fahrzeugapplikation sowie Skaleneffekte. Der V2-Ottomotor weist in liegender Anordnung mit vertikaler Kurbelwelle eine geringe Bauhöhe auf. Zudem ermöglicht die V2-Bauweise bezüglich der 1. Motorordnung den vollständigen Massenkraftausgleich allein durch Gegengewichte an der Kurbelwelle. Das Massenmoment ist aufgrund des geringen Zylinderversatzes marginal. Die Phasen der beiden PMSM-Generatoren - permanentmagneterregte Synchronmaschine als vorläufige Wahl aus Gründen der Leistungsdichte - sind in Reihe geschaltet. Wobei die Generatoren auch Startermotoren sind. Die Teilung des Generators resultiert aus der Package-Optimierung bei vorgegebenem Maschinendurchmesser. Die Rotoren der Generatoren werden von einem Rädertrieb angetrieben. Im Räderantrieb ist die patentierte Vibrationskompensation von FEV - das FEV-Com-Prinzip (Full Engine Vibration Compensation) - implementiert (Abbildung oben). Das System begleitet von „Downspeeding“, saug-, abgasseitigen und sekundären Maßnahmen ist eine wesentliche Innovation, den NVH-Herausforderungen beim Range-Extender zu entsprechen. Weder beim Motorstart/-stopp noch im fahrenden Betrieb kommt es zu merklichen Motorbewegungen wie Ruckeln oder Schütteln. Der „Münzentest“ stellte dies unter Beweis (Abbildung S. 48). Bei der NVH-Bewertung eines Range-Extenders sind jedoch nicht nur die entsprechenden Qualitäten des Aggregats selbst für den Gesamteindruck verantwortlich. Genauso wichtig ist eine geeignete Betriebsstrategie. So wird der Range-Extender von KSPG im Leistungsfolgemodus betrieben. Die Geräuschentwicklung steigt dabei wie gewohnt mit der Fahrgeschwindigkeit. Bei höheren Fahrgeschwindigkeiten wird eine Maskierung durch das Fahrgeräusch vorteilhaft genutzt.
Das optimale hybride Antriebskonzept
Der Wirkungsgradverlust des seriellen Hybridantriebs bei der Energietransformation wird zuweilen als gravierendes Handicap dargestellt. Vergleichende Simulationen von FEV widerlegen dies. Die Kraftstoffverbrauchseinsparung bei parallelem Hybridantrieb hat sich dabei als überschaubar erwiesen. Bei einer Jahresfahrleistung von 10.000km und 15 Prozent Range-Extender-Betrieb im Ladungserhaltungsmodus ergibt sich auf NEFZ-Basis (neuer europäischer Fahrzyklus) für das Demonstrator-Fahrzeug ein kaum nennenswerter Kraftstoffmehrverbrauch von insgesamt nur etwa 5 Litern auf 1500km. Der serielle Hybridantrieb ist daher dann eine optimale Lösung, wenn - wie für solche batterieelektrischen Kleinstwagen zutreffend - vornehmlich elektrisch gefahren wird. Die Problematik der Automobilhersteller bei der Wahl des Antriebskonzepts erwächst aus der Absicht, dem Konsumenten in jedem Fall ein vollwertig einsetzbares Fahrzeug zu verkaufen. Dies impliziert möglichst geringe Einschränkungen bei der Überland- und Autobahnfahrt. Dass die optionale Kombination des seriellen mit dem parallelen Hybridantrieb den lieb gewonnenen Vorstellungen des Allzweck-Pkw - auch mit Blick auf die besonders wichtige Kompaktklasse - näher kommt, steht außer Frage. Anderseits sind solche Konzepte auf jeden Fall kostentreibend. Eine interessante Alternative stellt das „Axle-split“-Konzept dar, bei dem der elektrische Traktionsmotor und der Verbrennungsmotor jeweils eine Achse antreiben. Aus Sicht von KSPG können die Optimierungsüberlegungen beim Range-Extender in kein einheitliches Antriebskonzept münden. Zunächst ist das Fahrzeugsegment ganz entscheidend. Auch im hier betrachteten Fahrzeugsegment haben sich die Package-Wünsche hinsichtlich Front-, Heck- oder Heck-Unterflureinbau des Aggregats, Crash-Sicherheit und so weiter als so unterschiedlich erwiesen, dass es fast unmöglich erscheint, lediglich nur ein einheitliches Aggregat zu konzipieren. Weiterhin entstehen solche Fahrzeuge teilweise noch auf Plattformen für den herkömmlichen Antrieb. Erst neue Plattformen für die Elektrotraktion erhöhen die Freiheitsgrade. Das Range-Extender-Konzept in der vorliegenden Ausführung ist ein Problemlösungsvorschlag, der sich zunächst auf das Klein- und Kleinstwagensegment beschränkt. In diesem Segment ist Elektromobilität bereits heute wirtschaftlich und technisch sinnvoll. Das Beispiel des Opel Ampera zeigt aber auch heute schon, dass im nächstgrößeren Fahrzeugsegment der Kompaktklasse die Technologie bei elektrischem Hauptantrieb ebenfalls zukünftig geeignet sein kann, die CO 2-Emissionen im elektrischen/verbrennungsmotorischen Mischbetrieb zu senken. Die bereits im urbanen Umfeld verkehrenden City-Flitzer haben heute noch keine deutliche wirtschaftliche Bedeutung erlangt. Dies kann erklärt werden durch die vielfältigen Möglichkeiten zur Mobilität, welche im gut versorgten urbanen Umfeld zur Verfügung stehen und die den Kauf eines eigenen batterieelektrischen Fahrzeugs nicht notwendig werden lassen. Die Verbreitung unterstützen werden Bemühungen, dieses Segment bei den Zielgruppen (etwa ökologisch orientierte Autofahrer oder Fuhrparks der öffentlichen Hand) populärer werden zu lassen, und die Perspektive, längerfristig eine generelle Reduktion des verbrennungsmotorischen Fahrens in der Innenstadt zu erreichen. Ein Range-Extender-Fahrzeug kann diese Anforderungen erfüllen. Darüber hinaus erschließt es eine Käufergruppe, die im weniger gut versorgten Umland mobil sein muss.
Breite Palette von hybriden Antrieben
Aus Sicht von KSPG geht die Diskussion um das am besten geeignete Range-Extender-Konzept an der eigentlichen Problemstellung etwas vorbei. Die derzeit noch bestehenden Schwächen der Elektromobilität bedingen während einer langen Zeit des Übergangs eine breite hybride Antriebspalette. Nur auf diese Weise können die Anforderungen der einzelnen Fahrzeugsegmente hinreichend erfüllt werden. Das persönliche Fahrprofil wird dabei die Wahl des Fahrzeugantriebs stärker beeinflussen. Dem Konsumenten mangelt es allerdings noch an Orientierungshilfen. Die Automobilhersteller wissen, dass batterieelektrische Fahrzeuge beim Erreichen der CO 2-Flottenemissionsziele nützlich sind, wenn dabei langfristig lukrative „Supercredits“ (Anrechnungsfaktoren) in Aussicht stehen. Batterieelektrische Fahrzeuge ohne Range-Extender werden allerdings weiterhin schwer zu verkaufen sein.