Embedded & Mikroprozessoren In andere Welten vordringen

02.09.2013

Dramatische Rückgänge im PC-Geschäft sorgen dafür, dass sich Intel und AMD verstärkt um anderen Märkte kümmern - vor allem um Mobilgeräte und Embedded. Mit den neuen Haswell-Prozessoren will Intel hier einen großen Schritt nach vorne machen.

Rechenleistung und Energieeffizienz verdoppelt, Sicherheit erhöht und die noch schnellere Grafik noch höher aufgelöst: Die Ansprüche an die Prozessoranbieter bleiben hoch. Keiner kann sich auf dem Erreichten ausruhen, sondern es muss ständig innovativ nachgelegt werden. Das haben auch Intel und AMD - nachdem sich die Blütezeit des PCs zu Ende neigt - längst erkannt und sich zusätzlich unterschiedlichen Bereichen der zukunftsträchtigen Embedded-Welt zugewandt. Intel konzentriert sich besonders auf das High-End-Segment sowie zunehmend auf Tablets. Diese brauchen, genau wie Embedded-Applikationen, noch energiesparendere und kompaktere Prozessoren, um der etablierten ARM-Armada Paroli bieten zu können. AMD punktet hier vor allem mit hochleistungsfähigen Grafikprozessoren. Embedded-Systeme mit hochleistungsfähigen Prozessoren machen die moderne Technik erst möglich. Wachsende Ansprüche an Leistungsfähigkeit, Flexibilität, Vernetzung, Zuverlässigkeit, Geschwindigkeit, Automatisierungsgrad sowie Ressourcen- und Energieeffizienz sind ständige Herausforderungen für die CPUs. Zwar besetzen ARM-Prozessoren von den unterschiedlichen Lizenznehmern unbestritten ein sehr ansehnliches Stück vom Embedded-Kuchen, doch den High-End-Bereich dominieren die Nachfolgemodelle der x86-Familie.

Lücke schließen

Und damit das so bleibt, kommen unablässig neue Modelle mit immer noch beeindruckenderen Parametern auf den Markt: Zuletzt zur Jahresmitte die Intel-Core-Architekturen der vierten Generation mit dem Codenamen Haswell. Das war ein wichtiger Schritt, denn der PC-Markt - den Intel klar anführt, der aber in diesem Jahr laut IDC um 7,8 Prozent zurückgeht - braucht dringend eine Verjüngung. Und außerdem soll Haswell die Lücke zwischen Tablets und Laptops schließen helfen. Die Embedded-Board-, Modul- und IPC-Hersteller wurden beim Warten auf den angekündigten Generationenwechsel im Hause Intel etwas auf die Folter gespannt; immerhin waren bereits auf der Embedded World damit bemusterte Modelle „unter dem Tresen“ zu bestaunen. Man konnte sich zwar darauf verlassen, dass Intel an seinem Tick-Tock-Modell festhält: alle zwei Jahre eine Strukturverkleinerung (Tick, die mit Ivy Bridge zuletzt auf 22 nm bereits stattgefunden hatte), und im dazwischenliegenden Jahr die Einführung einer neuen Prozessorarchitektur (Tock) im gleichen Prozessknoten. Aber es dauerte bis zur Computex in Taiwan im Juni, bis alle Kompatibilitätsprobleme der neuen Architektur ausgeräumt und die Produkte marktreif waren. Immerhin warteten mehr als 50 verschiedene Entwicklungen auf Basis der neuen Prozessoren in der Pipeline, darunter hochentwickelte Ultrabooks, sowie außerdem andere Designs, welche die 22-nm-Silvermont-Mikroarchitektur benutzen. Als erste wurden Quadcore-Chips ausgeliefert, später auch Dualcore-Modelle, die in dünnere, kostengünstigere Geräte mit einer um 50 Prozent verlängerten Batterielebensdauer und bis zur dreifachen Grafikleistung gegenüber den „Ivy Bridge“-Prozessoren des vergangenen Jahres eingebaut sind. Mit der vierten Generation der Core-Prozessoren wollte Intel von Grund auf eine neue �?ra des „2-in-1-Computing“in Ultabooks erschließen: Die neuen Prozessoren sollen die hohe Leistung eines PCs und die Mobilität eines Tablets in einem Gerät liefern. Gleichzeitig wurde auch an die Ultra-Mobilität gedacht, und zwar mit den zum Weihnachtsgeschäft 2013 auf den Markt kommenden 22-nm-Quadcore-Atom-SoCs („Bay Trail-T“) für Android- und Windows-8.1-Tablets. Sie bieten - verglichen mit der aktuellen Generation - eine stark verbesserte Grafik und mehr als die doppelte CPU-Leistung. Zudem soll das neue Atom-SoC elegante Formfaktoren mit Akkulaufzeiten von acht Stunden oder mehr sowie drei Wochen im Stand-by-Betrieb ermöglichen. Natürlich will Intel aber auch im attraktiven Smartphone-Markt mitmischen, so mit der kommenden 4G-LTE-Multimode-Lösung, wohl eine der weltweit kleinsten und energieeffizientesten Multimode-LTE-Lösungen, die zudem globales LTE-Roaming in einer einzigen Produktvariante unterstützt. Ebenfalls auf der Computexgewährte Intel einen Blick in die Zukunft und zeigte erstmals ein Smartphone-Referenzdesign auf Basis von „Merrifield“, der nächsten Generation des 22-nm-Atom-SoC für Smartphones mit höherer Leistung und längerer Akkulaufzeit. Die Plattform umfasst einen integrierten Sensor-Hub für personalisierte Dienste sowie Funktionen zum Schutz von Daten, Gerät und Privatsphäre.

Akkulaufzeit verdoppeln

Doch zurück zu Haswell: Auf jeden Fall können sich die Fortschritte der vierten Core-Prozessor-Architektur auf Basis der neuen 22-nm-Mikroarchitektur sehen lassen. Die ersten SoCs sind in eine Vielzahl innovativer Geräte eingebaut: neben den 2-in-1-Geräten in PCs mit hoher Leistung sowie tragbare All-in-One-Systeme. Dabei wirdauch hier die Akkulaufzeit bei aktiver Arbeitsauslastung gegenüber der vorherigen Generation um 50 Prozent verlängert - das ist die größte Generationen-übergreifende Steigerung in der Firmengeschichte. Einige Ultrabook-Modelle erreichen mit den neuen Prozessoren angeblich Akkulaufzeiten von mehr als neun Stunden bei aktiver Arbeitsauslastung.Die integrierte Grafik liefert im Vergleich zur vorherigen Generation die bis zu doppelte Leistung und liegt damit auf dem Niveau einer diskreten Grafikkarte - diese könnte, hofft Intel, in Zukunft oft völlig wegfallen. Darüber hinaus verschafft die „Iris“-Grafik bisher ungekannte visuelle Eindrücke für Ultrabooks und andere mobile Geräte. Ausgewählte Premium-Ultrabooks mit den neuen Intel Core-Prozessoren liefern als 2-in-1-Geräte die bisher übliche Leistung in Kombination mit der Mobilität und schnellen Reaktionszeit eines Tablets. Die Bedienung erfolgt je nach Bedarf des Anwenders wahlweise über den Touch-Bildschirm oder die Tastatur; alle Anwendungen sind kompatibel. Die Steuerung durch Touch, Sprache, Gesten oder Gesichtserkennung, das so genannte „Perceptual Computing“, profitiert erheblich von der hohen Rechenleistung und macht die Interaktion mit Geräten natürlich, intuitiv und benutzerfreundlich. Zum Beispiel lässt sich ein demnächst erhältliches, Intel-Core-basiertes 2-in-1-Ultrabook mit der Senz3D-Kamera von Creative aus kurzer Entfernung über Gesten und Sprache steuern. Intel möchte die 3D-Tiefenerkennungskamera direkt in künftige Geräte integrieren; bereits in der zweiten Jahreshälfte 2014 sollen die ersten Modelle auf den Markt kommen.

Signifikante Innovationen

Die wesentlichen Details der Haswell-Mikroarchitektur waren bereits im Vorjahr bekanntgegeben worden, doch kamen bei der Markteinführung einige signifikante Innovationen außerhalb der CPU hinzu: ein Spannungsregler auf dem Chip (IVR, Internal Voltage Regulator) sowiebei einigen Modellen ein Plattform-Controller-Hub (PCH), bei anderen ein DRAM-Grafik-Cache, jeweils mit im Gehäuse untergebracht. Vorteile des IVR sind verringerte Platzansprüche und gesenkte Komponentenkosten sowie - dank einer genaueren On-Chip-Steuerung und geringeren Verlusten beim Versorgungsbus-Routing - eine höhere Energieeffizienz. Die Grafik Iris Pro mit im Gehäuse integriertem DRAM erhöht den Benchmark 3DMark11 eines Prozessors der H-Serie 2,5-mal gegenüber Ivy Bridge. Durch die Gehäuseintegration soll die Größe der Mobil-Prozessoren mit dem geringsten Energieverbrauch für Tablets und ultradünne Notebooks erneut verringert werden. Die attraktivsten Vorteile von Haswell liegen im mobilen Bereich, nämlich die bereits erwähnte wesentlich verlängerte Batterielebensdauer sowie der verringerte Platzbedarf durch verstärkte Integration. Die voll integrierten Spannungsregler (FIVRs) verändern die Energieversorgungslandschaft grundsätzlich. Sie untermauern das neue Power-Management auf Plattformebene, das den durchschnittlichen Energieverbrauch im System drastisch reduziert und das Ansprechverhalten verbessert. Insbesondere ermöglicht die geringe Latenz ein agileres Power-Management, das Plattformkomponenten rasch ein- oder ausschalten kann - dadurch kann das System die meiste Zeit im „Tiefschlaf“ verbringen. Dabei bleiben jedoch Betriebssystem und Anwendungen wach und vernetzt, und das System reagiert sofort auf externe Impulse. Nach Intel-Angaben wird der Stromverbrauch im Vergleich zu Sandy Bridge 20-fach verringert, wobei die Wake-up-Forderung von 300 ms eingehalten wird. Von FIVR profitieren indes nicht nur die PC-Nachfolger, sondern auch entsprechend designte IP-Blöcke wie CPUs, GPUs, Fabrics, drahtlose Modems und Caches - mit anderen Worten: alle Applikationen vom Smartphone bis zu Servern.

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