Im Rahmen der Achema 2015 hat Siemens seine Strategie zur Digitalisierung in der Prozessindustrie vor gestellt. „Unternehmen der Prozessindustrie stehen unter großem Wettbewerbsdruck, insbesondere durch sich wandelnde Regularien, Märkte und Technologien. Die Digitalisierung ist der zentrale Hebel, um diesen Herausforderungen erfolgreich zu begegnen“, erklärt Peter Herweck, CEO der Process Industries and Drives Division. „Hin zum ,Digital Enterprise‘ unterstützen wir unsere Kunden mit einem einzigartigen integrierten Angebot aus Hardware, Software und Services – über den gesamten Anlagenlebenszyklus. Ziel ist es, die Investitions- und Betriebskosten nachhaltig zu reduzieren.“
Grundlage sind Siemens zufolge integrierte Software-Produkte und Lösungen, die eine Digitalisierung der Anlage und damit einen durchgängigen Datenaustausch ermöglichen – vom Anlagendesign und Engineering über die Installation, den Betrieb und die Modernisierung bis hin zu cloudbasierten Services. Anwender können so das beim Engineering erzeugte virtuelle, identische Abbild einer Anlage („digitaler Zwilling“) nutzen, um deren Inbetriebnahme, Betrieb und Instandhaltung zu simulieren und zu optimieren.
Ermöglicht wird die Digitalisierung durch das durchgängige Engineering (Integrated Engineering). Es soll Fehlerquellen reduzieren durch weniger Schnittstellen zwischen den verschiedenen Gewerken, die Qualität in allen Schritten des Engineeringworkflows erhöhen und die Markteinführungszeiten verkürzen, etwa durch Parallelisierung von Workflows. So lassen sich Aufgaben wie das verfahrenstechnische Engineering oder die Planung der Elektrotechnik parallel zum Automation Engineering durchführen.
Die Basis von Siemens dafür ist das nahtlose Zusammenspiel der Softwarelösung Comos und des Prozessleitsystems Simatic PCS 7. Es ermöglicht die horizontale Integration über den Anlagenlebenszyklus sowie die vertikale Integration von der Officewelt (zum Beispiel ERP-Systeme) bis in die Feldebene. Einbinden lassen sich so beispielsweise innovative Geräte der Prozessinstrumentierung, wie hochpräzise Sitrans-Druckmessumformer. Vereinfacht werden soll diese Integration durch Technologie-Plattformen wie Totally Integrated Automation (TIA), Totally Integrated Power (TIP) und Integrated Drive Systems (IDS).
Planungs- und Betriebswelt miteinander verzahnt
„Mit dem Schritt von Integrated Engineering zu Integrated Operation ermöglichen wir unseren Kunden den nächsten evolutionären Schritt auf dem Weg zu Industrie 4.0, indem wir als erster Anbieter ein durchgehendes Datenmodell aufbauen“, erklärt Herweck. „Wir verzahnen die Planungs- und Betriebswelt für ein ganzheitliches Anlagenmanagement über den gesamten Lebenszyklus einer Industrieanlage. Die Arbeitsabläufe werden so effizienter, die Produktivität und Qualität erhöhen sich. Dabei werden die Anlagendaten über den gesamten Lebenszyklus stets aktuell und konsistent gehalten, wie bei einem digitalen Zwilling.“
Durch Datenanalysen in der Betriebsphase können Anwender beispielsweise Rückschlüsse über den Zustand wichtiger Komponenten wie Pumpen, Motoren oder Umrichter erhalten. Aus diesen Informationen lässt sich eine optimierte Instandhaltungsstrategie entwickeln. Eine höhere Verfügbarkeit und Sicherheit einer Anlage sind das Ergebnis.
Integriert werden auch Software-Lösungen wie XHQ zur Operations Intelligence. Die Software unterstützt Anwender, ihre Entscheidungen zu optimieren. Dazu sammelt, analysiert und visualisiert XHQ Betriebs- und Businessdaten. Aus Big Data werden so Smart Data. Der Service nimmt bei Prozessanlagen, nicht zuletzt aufgrund ihrer langen Laufzeiten, eine Schlüsselrolle ein: Hier unterstützt Siemens Unternehmen als verlässlicher Partner mit einem umfassenden Angebot, das von Reparatur- über Remote- bis hin zu daten- beziehungsweise cloudbasierten Services reicht. Mit dem „Control Performance Analytics“-Service lässt sich zum Beispiel durch die intelligente Datenanalyse die Regelgüte von Regelkreisen optimieren und die Qualität und Leistung der Produktion steigern, laut Siemens.
Um das Potenzial der Digitalisierung auszuschöpfen, setzt der Konzern auf branchenspezifische Lösungen wie „Paperless Manufacturing“ (basierend auf Simatic IT eBR) für die Pharmaindustrie. Die papierlose Produktion beschleunigt das Erstellen, Ausführen, Überprüfen und die Freigabe von pharmazeutischen Produktionsprozessen und Chargenprotokollen (Electronic Batch Record, EBR). Dadurch sollen Unternehmen unter Einhaltung regulatorischer Vorgaben die Effizienz und Produktqualität erhöhen und zugleich Kosten senken können.