„Der Biogasprozess ist sehr komplex“, sagt Professor Schöning Direktor des Insitut für Nano- und Biotechnologie (INB) der FH Aachen. Dieser Prozess könne effizienter und sicherer gesteuert werden, wenn präzise Informationen zu den Abläufen innerhalb der Anlagen vorlägen. Konkret geht es um Mikroorganismen, die den Metabolismus – also den Stoffwechsel – des Substrats beeinflussen. Deshalb hat sich Shahriar Dantism, Forscher des INB, mit der Realisierung einer Multi-Sensoranordnung beschäftigt, mit der er unterschiedliche Bakterien gleichzeitig studieren kann. „Ich habe drei verschiedene Bakterientypen als Modellsysteme untersucht“, sagt Dantism, „die mittels des Sensorarrays eine Simultanmessung ermöglichen.“ Hierbei handelt es sich um die Bakterien Escherichia coli, Corynebacterium glutamicum und Lactobacillus brevis.
Konkret sieht der experimentelle Ansatz so aus, dass auf der Oberseite der Sensoranordnung ein Aufsatz mit vier Kammern angebracht ist. In drei der Kammern wird dem Substrat je eins der drei Bakterien zugegeben, in die vierte kommt nur das Substrat als Referenz. Auf der Unterseite des Chips wird durch Licht ein elektrisches Feld erzeugt, welches je nach Stoffwechselaktivität in den Kammern dessen Stärke ändert. „Dadurch können wir genau analysieren, welche Auswirkung die Zugabe von Mikroorganismen auf das Substrat hat“, erklärt Schöning.
Bei der Entwicklung der Versuchsanordnung konnte der Wissenschaftler auf die 3-D-Drucktechnik am Campus Jülich zurückgreifen. Und auch die interdisziplinäre Zusammenarbeit war wichtig: Die Kolleginnen und Kollegen vom Institut Nowum-Energy ermöglichten den Zugang zu Proben aus ihrem Laborreaktor, mit dem unter anderem die Biogasgewinnung aus Altpapierresten erforscht wird. „Die Modellbakterien können dabei helfen, den sensorischen Ansatz zu justieren“, sagt Dantism, „der nächste Schritt sieht dann den Einsatz im Biogasreaktor mit prozessrelevanten Mikroorganismen vor.“
Ausfall mit hohen Kosten verbunden
Die Biogasproduktion gilt als ein wichtiger Baustein zur Energiewende. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts werden in Deutschland knapp 10.000 Biogasanlagen betrieben. Rund 18 Prozent der erzeugten Strommenge aus Erneuerbaren Energien entstand in Deutschland durch Biomasse. „Wenn wir die Prozesse innerhalb der Anlagen besser verstehen, können wir bei Störungen auch schneller reagieren“, sagt Schöning. Wenn etwa eine große Biogasanlage „umkippe“, müsse sie für bis zu drei Monate vom Netz genommen werden, und die Aufreinigung sei mit hohen Kosten verbunden.
Dantism ist dankbar für die Unterstützung, die er in seiner Zeit am INB erfahren hat. „Das Institut ist sehr gut vernetzt“, berichtet er. Unterstützt wurde das Forschungsvorhaben von Dantism außerdem vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.
Über Dr. Shahriar Dantism
Nach seiner Schulausbildung im Iran fasste Shahriar Dantism den Entschluss, für ein Studium nach Deutschland zu kommen. Ein Teil seiner Familie lebte in den USA, aber ihn zog es ins Land der Dichter und Denker: „Die deutsche Sprache ist die Sprache der Philosophie.“ Er lernte Deutsch am Goethe-Institut in Teheran, 2003 schaffte er die Prüfungen und bekam die Zulassung für den Besuch eines Studienkollegs in Gießen. Auch dieses absolvierte er mit Bestnoten und nahm schließlich ein Elektrotechnikstudium an der RWTH Aachen auf.
In nur einem Jahr absolvierte Dantism das Masterstudium und entschied sich anschließend zu promovieren. In Prof. Schöning, dem Direktor des INB, fand er einen Betreuer, mit dem er gemeinsam ein interessantes und zukunftsträchtiges Forschungsfeld identifizierte: die Überwachung von biochemischen Abläufen in der Biogasproduktion.