Carbonfaserverbundwerkstoffe sind unter anderem aufgrund ihres Leichtbaupotenzials breitflächig im Einsatz, etwa in der Luftfahrtindustrie, in Windkraftenergieanlagen, im Automotive-Bereich und bei der Herstellung von Sportgeräten. Das Fraunhofer-Institut für Gießerei-, Composite- und Verarbeitungstechnik IGCV forscht jetzt an der Rückführung rezyklierter Carbonfasern. Hierzu nutzen die Wissenschaftler eine moderne Nassvliesanlage.
Die Anlagenprozesse ähneln dabei der einer Papierherstellungsanlage. Der entscheidende Unterschied ist, dass nicht Papierfasern zu Papier, sondern recycelte Carbonfasern zu Vliesstoff-Rollwaren verarbeitet werden. Die Carbonfaser findet sich dadurch umweltfreundlich in Form von Vliesstoffen wieder, zum Beispiel in Türverkleidungen, Motorhauben, Dachstrukturen, als Unterbodenschutz (Automobil), Hitzeschilder (Helikopter-Heckausleger) sowie im Flugzeuginterieur.
Altes Verfahren neu aufgelegt
Die angewendete Nassvliestechnologie ist eines der ältesten Vliesbildungsverfahren (um 140 v. Chr. bis 100 n. Chr.). Nassvliesstoffe finden sich dabei längst nicht mehr nur in klassischem Papier, sondern erstrecken sich von Klebstoff-Trägerfilmen über Verpackungsmaterial bis hin zu Banknoten sowie deren prozessintegrierten Wasserzeichen und Sicherheitsmerkmalen. Zukünftig kommen vor allem nachhaltige Technologiefelder rund um Batteriekomponenten, Brennstoffzellenelemente, Filtrationsschichten und funktionsintegrierte Werkstofflösungen, beispielsweise mit EMI-Abschirmfunktion, hinzu.
Die Nassvliesanlage am Augsburger Standort kann jegliche Fasermaterialien wie Natur-, Regenerat- und Synthetikfasern – vor allem aber recycelte Carbonfasern – zu neuartigen Vliesstoffen verarbeiten. Sie ist gezielt als Pilotlinie im Technikumsmaßstab ausgelegt und bietet große Flexibilität hinsichtlich Materialvarianten und Prozessparametern. Zudem sichert sie eine ausreichend hohe Produktivität, um nachfolgend skalierte Verarbeitungsversuche (zum Beispiel Demonstratorfertigung) zu ermöglichen.
„Die Nassvliestechnologie für die Verarbeitung technischer Fasern erfährt derzeit eine Revolution, die auf eine jahrhundertealte Tradition der Papierherstellung zurückgeht“, sagt Michael Sauer, Forscher am Fraunhofer IGCV.
Kenngrößen der Anlage
Der Hauptarbeitsbereich der Nassvliesanlage bezieht sich auf folgende Kenngrößen:
Prozessgeschwindigkeit bis zu 30 m/min
Rollenbreite von 610 mm
Flächengewichte realisierbar zwischen 20 und 300 gsm
Gesamtanlage in der Schutzklasse ≥ IP65, etwa für die Verarbeitung von leitfähigen Faserwerkstoffen
Anlagendesign auf Basis einer Schrägsieb-Anordnung mit hoher Entwässerungsleistung (unter anderem für die Verarbeitung stark verdünnter Fasersuspensionen oder für Materialvarianten mit hohem Wasserrückhaltevermögen)
modulares Anlagendesign für schnellen Wechsel von Materialvariante oder Prozessparameter