Interview „Vollelektrisch fliegen hat wirklich Potenzial“

23.08.2012

Flugzeuge stoßen heute noch große Mengen CO 2 aus. Mobility 2.0 sprach mit dem Präsident der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt, der auch Senior Vice President des EADS Corporate Technical Office ist, über Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit in der Luftfahrt.

Mobility 2.0: Herr Dr. Müller-Wiesner, wie kann man zivile Passagierflugzeuge umweltfreundlicher bauen?

Dr. Detlef Müller-Wiesner: Das sieht man zum Beispiel an den „kleinen“ Airbussen A319/320/321. Airbus ist da mit der „New Engine Option“ einen Zwischenschritt gegangen, der dank eines emissionsärmeren Designs bereits etwa 15% Kraftstoff einspart. Auch mit Unterstützung des deutschen Luftfahrtforschungsprogramms wurde ein Triebwerk mit einem Geared Turbofan entwickelt, der allein schon 10 bis 12% Treibstoff einspart, was sich in Versuchen schon bestätigt hat. Jetzt geht es darum, dieses neue Triebwerk ins Flugzeug zu integrieren, es also damit zu qualifizieren.

Warum sparen diese Triebwerke Kerosin?

Das liegt an dem vergleichsweise höheren Bypass (Nebenstrom)-Verhältnis der Triebwerke, dem Verhältnis der Kaltluft, die durch den Fan beschleunigt wird, also am Kerntriebwerk vorbeiströmt, bezogen auf die Luft, die durch das Kerntriebwerk strömt und nach der Verbrennung als heißes Gas nach hinten ausgestoßen wird. Je mehr Kaltluft durch den Fan beschleunigt wird, desto spritsparender ist das Flugzeug.

Könnte man auch die Effizienz der Turbine selbst steigern?

Dieser Weg wird auch mit verschiedenen Ansätzen verfolgt. Um zum Beispiel den thermischen Wirkungsgrad zu erhöhen, muss man die Verbrennungstemperaturen steigern, was bessere Materialien mit höherer Temperaturbeständigkeit erfordert, um die geforderte Lebensdauer zu erreichen. Beide Varianten werden im Flug erprobt - an einem Flugzeug, das zusätzlich eine Testturbine trägt.

Welches Potenzial haben Verbesserungen der Aerodynamik?

Da steht die Tragfläche im Fokus. Das fängt mit Modifikationen an den Flügelenden an und reicht bis zu vielen kleinen Details, die in der Summe messbare Einsparungen bringen.

Was ist aus den Untersuchungen zur „Haifischhaut“ geworden, die Oberflächen strömungsgünstiger machen soll?

Das ist ein Forschungsansatz, der auch bei EADS InnovationWorks verfolgt wird. Diese „Riblets“ geben im Labor Anlass zur Vermutung, dass sie wirksam sein könnten, aber im langfristigen Betrieb, ist längst nicht klar, ob Aufwand und Nutzen da im richtigen Verhältnis stehen.

Weil die Oberfläche sich verändert?

Das ist ein Punkt. Je sauberer eine Fläche, desto strömungsgünstiger ist sie. Wenn die Riblets sauber sind, verbessern sie Aerodynamik, aber man muss sich überlegen, ob sie nicht schneller verschmutzen, weil eine strukturierte Oberfläche natürlich den Schmutz besser fängt.

Welche Möglichkeiten zum Einsparen von Kraftstoff gibt es bei neu konstruierten Flugzeugen?

Da gibt es die unterschiedlichsten Linien. Auf der Triebwerksseite ist das beispielsweise der „conter-rotating open rotor“. Das ist praktisch ein Turbinentriebwerk, an dem am Ende zwei gegenläufige Propeller angeordnet sind. Durch die offenen gegenläufigen Propeller erreicht man ein noch höheres Bypass-Verhältnis, weil die Propeller einen größeren Durchmesser haben können als ein in der Turbine integrierter Fan. Die Verfechter diese Triebwerkslösung sprechen von mindestens 15 % bis 18 % Einsparung, also nochmal 3 Prozentpunkte mehr als beim Geared Turbofan.

Wie sieht das dabei mit den Lärmemissionen aus?

So ein offener Propeller erzeugt etwas mehr Lärm, und das ist aufgrund der Verpflichtungen, die die Luftfahrtindustrie auch zur Lärmreduktion eingegangen ist, nicht hinnehmbar. Daher wollen die Konzeptbüros von Airbus, EADS und das Forschungszentrum DLR durch eine geschickte Anordnung der Triebwerke eine erhöhte Lärmabstrahlung vermeiden. Die Airbus-Kollegen haben ein Konzept, in dem sie die Antriebe am Heck des Flugzeugs anbringen, das Leitwerk um die Triebwerke herum nach außen führen und dadurch die akustische Abstrahlung vermindern. Das wird analytisch und experimentell in Windkanälen untersucht, ist aber noch keine finale Lösung, sondern ein Forschungsgegenstand. Im Wettbewerb möglicher Lösungen muss man das auf eine Gesamtoptimierung hin untersuchen.

Es gibt schon kleinere Elektroflugzeuge. Wie realistisch ist das Antriebskonzept für Passagiermaschinen?

Aufgrund von Extrapolation heutiger Technologie bei Elektromotoren, Batterien und Materialien kann man wahrscheinlich in frühestens 20 oder 30 Jahren kleine Flugzeuge für 30 bis 50 Passagiere erwarten, die elektrisch fliegen. Dass das realistisch ist, hat die Firma Diamond zusammen mit EADS und Siemens bereits im letzten Jahr gezeigt: Ein kleiner Zweisitzer, der mit einem Elektromotor angetrieben wird und dessen Batterie über einen sogenannten Range Extender - einen kleinen Verbrennungsmotor - wieder aufgeladen wird.

Brennstoffzellen finden als Bord-Energiequelle schon Verwendung. Ist das ein aussichtsreicher Ansatz?

Das DLR hat an Bord einer A320 Brennstoffzellen zur Stromerzeugung mit kleiner Leistung getestet. Bei heutigen Verkehrsflugzeugen ist so eine APU (Auxiliary Power Unit) ja ein richtiges Kraftwerk, das mehrere 100 Kilowatt elektrische Leistung bereitstellt. Hierzu treibt eine Turbine im Flugzeug einen Generator an. Diese Konfiguration allein durch Brennstoffzellen zu ersetzen führt im Gesamtsystem zu keiner optimalen Lösung im Hinblick auf die Masse und Einsparungen. Es gibt aber auch noch ganz andere Überlegungen, wie man ein Brennstoffzellenkonzept an Bord eines Flugzeuges mit reduziertem Gewicht realisieren kann. Zur Einsparung eines Extra-Tanks für den erforderlichen Wasserstoff wird aus Kerosin an Bord des Flugzeugs Wasserstoff und Brauchwasser gewonnen. So kann die Mitnahme des Toilettenwassers an Bord eingespart werden. Das sind ja bei grossen Flugzeugen rund zwei Tonnen, also eine ganz schöne Masse.

Ist es vorstellbar, auf diese Weise Brennstoffzellen-Flugzeuge anzutreiben?

Nicht bei Großflugzeugen, aber das DLR hat beispielsweise für den Cleantech Media Award den Vorschlag „Antares DLR H2“ eingereicht, wenn man so will ein modifiziertes Segelflugzeug, das einen elektrischen Antrieb aufweist, der seinen Strom aus Brennstoffzellen realisiert. Das ist ein Einsitzer. Von der Ökobilanz her ist natürlich zu überlegen, ob man - statt mit Strom Wasserstoff zu erzeugen und dann mit Wasserstoff an Bord zu gehen, um elektrisch zu fliegen - gleich vollelektrisch fliegt und auf Batterietechnologien und supraleitende Materialien setzt, mit denen man in Zukunft voraussichtlich weitaus bessere Elektromotoren realisieren kann als wir uns das heute vorstellen können. Das ist ein Grund, warum sich die Firma Siemens auf diesem Gebiet mit EADS InnovationWorks engagiert. Das hat wirklich Potenzial.

Treibt die Elektromobilität aus Ihrer Sicht die Entwicklung von Elektromotoren voran?

Eher umgekehrt: Die EADS ist ja in der nationalen Initiative Elektromobilität vertreten und versucht dort als Technologietreiber zu wirken. In einem heutigen Hybridauto hat ein Elektromotor eine Leistung von ein bis zwei Kilowatt pro Kilogramm. Wir wissen aus dem Labor, dass 10 Kilowatt pro Kilogramm realistisch sind. Die Automobilindustrie interessiert das aber erst, wenn sie Großserien in den Markt bringen kann. Die Haltung kann ich gut verstehen, aber in der Luftfahrt können wir ohne vernünftige Motoren elektrisch nichts erreichen, müssen also die Grundlagenentwicklung vorantreiben. Insofern ist das wahrscheinlich ein zukünftiger Spill-over von der Luftfahrt als Technologietreiber in Richtung Automobilbau.

Ist die Situation also ähnlich wie bei den Kohlefasern?

Nicht direkt, was die Materialien betrifft, weil im Automobilbau diese Hochleistungskohlefasern, wie wir sie in der Luftfahrt benötigen, nicht erforderlich sind. Dort kann man mit „normalen“ Kohlefasern auskommen. Aber bei den Design- und Fertigungsprinzipien gibt es einen direkten oder indirekten Technologietransfer.

Wie nachhaltig sind denn diese Fasern eigentlich? Man weiß ja heute, die lassen sich schlecht recyceln.

In der Luftfahrt ergibt sich die Nachhaltigkeit des Einsatzes von Kohlefasern gerade in Langstreckenmaschinen durch die Treibstoffeinsparung aufgrund des verringerten Strukturgewichts. Weil bei Start und Landung die Triebwerke während der sogenannten Idle-Phase voll in Betrieb sind, fällt eine Massenersparnis bei einem Kurz- oder Mittelstreckenflugzeug nicht so ins Gewicht wie bei einem Langstreckenflugzeug, wo das dann eine realistische Treibstoffersparnis bringt. Deshalb verfolgen Forscher und Entwickler bei Airbus und den Forschungspartnern für den Nachfolger der Single-Aisle-Serie im Moment beide Linien. Eine optimierte Lösung könnte auch ein Kombination aus Metall und Kohlefasern sein.

Mobility 2.0: Herr Dr. Müller-Wiesner, wie kann man zivile Passagierflugzeuge umweltfreundlicher bauen?

Dr. Detlef Müller-Wiesner: Das sieht man zum Beispiel an den „kleinen“ Airbussen A319/320/321, den sogenannten Single-Aisle-Flugzeugen (Ein-Gang-Flugzeuge). Airbus ist da mit der „New Engine Option“ einen Zwischenschritt gegangen, der dank eines emissionsärmeren Designs bereits etwa 15 % Kraftstoff einspart. Auch mit Unterstützung des deutschen Luftfahrtforschungsprogramms wurde ein Triebwerk mit einem Geared Turbofan entwickelt, der allein schon 10 bis 12 % Treibstoff einspart, was sich in Versuchen schon bestätigt hat. Jetzt geht es darum, dieses neue Triebwerk ins Flugzeug zu integrieren, es also damit zu qualifizieren.

Warum sparen diese Triebwerke Kerosin?

Das liegt an dem vergleichsweise höheren Bypass (Nebenstrom)-Verhältnis der Triebwerke, dem Verhältnis der Kaltluft, die durch den Fan beschleunigt wird, also am Kerntriebwerk vorbeiströmt, bezogen auf die Luft, die durch das Kerntriebwerk strömt und nach der Verbrennung als heißes Gas nach hinten ausgestoßen wird. Je mehr Kaltluft durch den Fan beschleunigt wird, desto spritsparender ist das Flugzeug.

Und warum hat ein Geared Turbofan das günstigere Bypass-Verhältnis?

Ein Getriebe, entwickelt von der MTU, lässt unterschiedliche Drehzahlen von Fan und Niederdruckturbine im Triebwerk zu. Dadurch können die Turbine des Kerntriebwerkes und der Fan in ihrem jeweilig optimalen Leistungsspektrum laufen. Der Fan läuft deutlich langsamer als bisher, die Turbine schneller. Dadurch kann der Fan bei gleicher Masse größer werden und der Anteil der Kaltluft gesteigert werden Mit dieser Entkopplung von Fan und Niederdruckturbine lassen sich beim Treibstoffverbrauch und bei den Lärmemissionen gegenüber der bisherigen Bauweise ganz wesentliche Verbesserungen erzielen.

Könnte man auch die Effizienz der Turbine selbst steigern?

Dieser Weg wird auch mit verschiedenen Ansätzen verfolgt. Um zum Beispiel den thermischen Wirkungsgrad zu erhöhen, muss man die Verbrennungstemperaturen steigern, was bessere Materialien mit höherer Temperaturbeständigkeit erfordert, um die geforderte Lebensdauer zu erreichen. Beide Varianten werden im Flug erprobt - an einem Flugzeug, das zusätzlich eine Testturbine trägt.

Welches Potenzial haben Verbesserungen der Aerodynamik?

Da steht die Tragfläche im Fokus. Das fängt mit Modifikationen an den Flügelenden an und reicht bis zu vielen kleinen Details, die in der Summe messbare Einsparungen bringen.

Was ist aus den Untersuchungen zur „Haifischhaut“ geworden, die Oberflächen strömungsgünstiger machen soll?

Das ist ein Forschungsansatz, der auch bei EADS InnovationWorks verfolgt wird. Diese „Riblets“ geben im Labor Anlass zur Vermutung, dass sie wirksam sein könnten, aber im langfristigen Betrieb, also über 30 oder 40 Jahre Betriebsdauer, ist längst nicht klar, ob Aufwand und Nutzen da im richtigen Verhältnis stehen.

Weil die Oberfläche sich verändert?

Das ist ein Punkt. Je sauberer eine Fläche, desto strömungsgünstiger ist sie. Wenn die Riblets sauber sind, verbessern sie Aerodynamik, aber man muss sich überlegen, ob sie nicht schneller verschmutzen, weil eine strukturierte Oberfläche natürlich den Schmutz besser fängt.

Könnte man da nicht gleich den Lotus-Effekt aus der Trickkiste holen, der Oberflächen sauber hält?

Da ist die Frage, wie lange so eine Farbe hält. Die mit dem Anstrich auf eine Oberfläche aufgebrachte Struktur lässt den Schmutz abperlen, kann aber nach einiger Zeit wieder durch die Strömungen eingeebnet sein.

Welche Möglichkeiten zum Einsparen von Kraftstoff gibt es bei neu konstruierten Flugzeugen?

Da gibt es die unterschiedlichsten Linien. Auf der Triebwerksseite ist das beispielsweise der „conter-rotating open rotor“. Das ist praktisch ein Turbinentriebwerk, an dem am Ende zwei gegenläufige Propeller angeordnet sind. Durch die offenen gegenläufigen Propeller erreicht man eine noch höheres Bypass-Verhältnis, weil die Propeller einen größeren Durchmesser haben können als ein in der Turbine integrierter Fan. Die Verfechter diese Triebwerkslösung sprechen von mindestens 15 % bis 18 % Einsparung, also nochmal 3 Prozentpunkte mehr als beim Geared Turbofan.

Wie sieht das dabei mit den Lärmemissionen aus?

So ein offener Propeller erzeugt etwas mehr Lärm, und das ist aufgrund der Verpflichtungen, die die Luftfahrtindustrie auch zur Lärmreduktion eingegangen ist, nicht hinnehmbar. Daher wollen die Konzeptbüros von Airbus, EADS und das Forschungszentrum DLR durch eine geschickte Anordnung der Triebwerke eine erhöhte Lärmabstrahlung vermeiden. Die Airbus-Kollegen haben ein Konzept, in dem sie die Antriebe am Heck des Flugzeugs an bringen, das Leitwerk um die Triebwerke herum nach außen führen und dadurch die akustische Abstrahlung vermindern. Das wird analytisch und experimentell in Windkanälen untersucht, ist aber noch keine finale Lösung, sondern ein Forschungsgegenstand. Im Wettbewerb möglicher Lösungen muss man das auf eine Gesamtoptimierung hin untersuchen.

Es gibt schon kleinere Elektroflugzeuge. Wie realistisch ist das Antriebskonzept für Passagiermaschinen?

Aufgrund von Extrapolation heutiger Technologie bei Elektromotoren, Batterien und Materialien kann man wahrscheinlich in frühestens 20 oder 30 Jahren kleine Flugzeuge für 30 bis 50 Passagiere erwarten, die elektrisch fliegen. Dass das realistisch ist, hat die Firma Diamond zusammen mit EADS und Siemens bereits im letzten Jahr gezeigt: Ein kleiner Zweisitzer, der mit einem Elektromotor angetrieben wird und dessen Batterie über einen sogenannten Range Extender - einen kleinen Verbrennungsmotor - wieder aufgeladen wird.

Brennstoffzellen dienen ja heute am Boden schon dazu, um Strom zu erzeugen. Wäre das nicht auch fürs elektrische Fliegen geeignet, um Batteriegewicht zu sparen?

Das DLR hat an Bord einer A320 Brennstoffzellen zur Stromerzeugung mit kleiner Leistung getestet. Bei heutigen Verkehrsflugzeugen ist so eine APU (Auxiliary Power Unit) ja ein richtiges Kraftwerk, das mehrere 100 Kilowatt elektrische Leistung bereitstellt. Hierzu treibt eine Turbine im Flugzeug einen Generator an. Diese Konfiguration allein durch Brennstoffzellen zu ersetzen führt im Gesamtsystem zu keiner optimalen Lösung im Hinblick auf die Masse und Einsparungen. Es gibt aber auch noch ganz andere Überlegungen, wie man ein Brennstoffzellenkonzept an Bord eines Flugzeuges mit reduziertem Gewicht realisieren kann. Zur Einsparung eines Extra-Tanks für den erforderlichen Wasserstoff wird aus Kerosin an Bord des Flugzeugs Wasserstoff und Brauchwasser gewonnen. So kann die Mitnahme des Toilettenwassers an Bord eingespart werden, - das sind ja bei grossen Flugzeugen rund zwei Tonnen, also eine ganz schöne Masse.

Ist es vorstellbar, auf diese Weise Brennstoffzellen Flugzeuge anzutreiben?

Nicht bei Großflugzeugen, aber das DLR hat beispielsweise für den Cleantech Media Award den Vorschlag „Antares DLR H2 eingereicht, wenn man so will ein modifiziertes Segelflugzeug, das einen elektrischen Antrieb aufweist, der seinen Strom aus Brennstoffzellen realisiert. Das ist ein Einsitzer. Von der Ökobilanz her ist natürlich zu überlegen, ob man - statt mit Strom Wasserstoff zu erzeugen und dann mit Wasserstoff an Bord zu gehen, um elektrisch zu fliegen - gleich vollelektrisch fliegt und auf Batterietechnologien und supraleitende Materialien setzt, mit denen man in Zukunft voraussichtlich weitaus bessere Elektromotoren realisieren kann als wir uns das heute vorstellen können. Das ist ein Grund, warum sich die Firma Siemens auf diesem Gebiet mit EADS InnovationWorks engagiert. Das hat wirklich Potenzial.

Treibt die Elektromobilität aus Ihrer Sicht die Entwicklung von Elektromotoren voran?

Eher umgekehrt: Die EADS ist ja in der nationalen Initiative Elektromobilität vertreten und versucht dort als Technologietreiber zu wirken. In einem heutigen Hybridauto hat ein Elektromotor eine Leistung von ein bis zwei Kilowatt pro Kilogramm. Wir wissen aus dem Labor, dass 10 Kilowatt pro Kilogramm realistisch sind. Die Automobilindustrie interessiert das aber erst, wenn sie Großserien in den Markt bringen kann. Die Haltung kann ich gut verstehen, aber in der Luftfahrt können wir ohne vernünftige Motoren elektrisch nichts erreichen, müssen also die Grundlagenentwicklung vorantreiben. Insofern ist das wahrscheinlich ein zukünftiger Spill-over von der Luftfahrt als Technologietreiber in Richtung Automobilbau.

Also eine ähnliche Situation wie bei den Kohlefasern.

Nicht direkt, was die Materialien betrifft, weil im Automobilbau diese Hochleistungskohlefasern, wie wir sie in der Luftfahrt benötigen, nicht erforderlich sind. Dort kann man mit „normalen“ Kohlefasern auskommen. Aber bei den Design- und Fertigungsprinzipien gibt es einen direkten oder indirekten Technologietransfer.

Wie nachhaltig sind denn diese Fasern eigentlich? Man weiß ja heute, die lassen sich schlecht recyceln.

Heute existiert als gangbare Möglichkeit die thermische Verwertung, also Energieausnutzung durch Verbrennung. Andere fortschrittlichere Verfahren zum Recycling, die mittels Sortentrennung, Zerkleinerung und anderer Prozesse zu wiederverwendbaren Rohstoffen führen sind auch am Markt verfügbar oder haben noch Forschungsstatus. In der Luftfahrt ergibt sich die Nachhaltigkeit des Einsatzes von Kohlefasern gerade in Langstreckenmaschinen durch die Treibstoffeinsparung aufgrund des verringerten Strukturgewichts. Wenn man den Gesamtlebenszyklus eines Flugzeuges betrachtet, von der Materialgewinnung bis zur Entsorgung, werden 90 % der CO2-Bilanz durch den Betrieb erbracht. Ein Kilogramm Gewicht spart da über die Lebensdauer betrachtet eine enorme Menge CO 2ein, mehr als 200 Tonnen. Das hängt im Detail aber immer von der jeweiligen Anwendung des Flugzeuges ab. Weil bei Start und Landung die Triebwerke während der sogenannten Idle-Phase voll in Betrieb sind, fällt eine Massenersparnis bei einem Kurz- oder Mittelstreckenflugzeug nicht so ins Gewicht wie bei einem Langstreckenflugzeug, wo das dann eine realistische Treibstoffersparnis bringt. Deshalb verfolgen Forscher und Entwickler bei Airbus und den Forschungspartnern für den Nachfolger der Single-Aisle-Serie im Moment beide Linien. Eine optimierte Lösung könnte auch ein Kombination aus Metall und Kohlefasern sein.

Wie sieht es bei Helikoptern aus? Was gibt es da für Bestrebungen, Emissionen und Kraftstoffe einzusparen?

Rumpf und die Strukturen der Hubschrauber von Eurocopter sind inzwischen weitestgehend aus CFK. Auf der Antriebsseite gibt es außer der Optimierung der Turbine wie bei Flugzeugen auch Überlegungen, kleine Hubschrauber mit Dieselmotoren anzutreiben, weil die Turbine zwar optimal für Start und Landung ist aber für den normalen Reiseflug eine ungünstige Verbrauchskennlinie hat. Eine weitere Entwicklungslinie, die Eurocopter schon erfolgreich in einem Versuchsflug demonstriert hat, ist eine Hybridkonzeption. Eine Verbrennungskraftmaschine kombiniert mit Elektromotor macht den Hubschrauber auf jeden Fall erst mal sicherer, falls ein Antrieb ausfallen sollte. In Zukunft könnte auch ein direkter elektrischer Antrieb zum Beispiel Massen bei Getrieben einsparen. Das hängt aber von der Batterietechnologie ab und funktioniert bestimmt erst mal nur für die kleinen Hubschrauber.

Verträgt sich das Überschallfliegen auch mit Nachhaltigkeit?

EADS InnovationWorks hat ja auf der Luftfahrtausstellung in Le Bourget vor einem Jahr das Konzept „Zero Emission High Speed Technologies“ vorgestellt, das einen konventionellen Antrieb für Start und Landung kombiniert mit einem einem Wasserstoff-Sauerstoff-Raketenantrieb für den Steigflug und Beschleunigungsphase in die Stratosphäre. Für den Reiseflug mit einem Überschallgeschwindigkeit bis in den Bereich Hyperschall hinein, also Mach 4 bis Mach 5, kommt ein Ramjet zum Einsatz. Dieser lässt sich mit Wasserstoff antreiben und emittiert nur Wasserdampf.

Aber Start und die Landung verhageln dann die CO 2-Bilanz.

Dafür kommen dann Biotreibstoffe zum Einsatz, die nicht im Wettbewerb mit der Nahrungsmittelproduktion stehen. Ihre Entwicklung unterstützen Fluggesellschaften, Mineralölfirmen, Forschungsinstitutionen und auch die EADS sehr stark durch ihre Mitgliedschaft in der Aviation Initiative for Renewable Energies in Germany. Ein Favorit ist hier Kerosin aus Algen, das sogar einen 10 % höheren Energiegehalt hat als normales Kerosin und ganz nebenbei weder Schwefel und kaum noch NOX enthält.

Das Gespräch führte Dr. Karlhorst Klotz, Mobility 2.0.

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