Die Pandemie und der Krieg in der Ukraine haben in letzter Zeit viele Fragen aufgeworfen. Der Klimawandel setzt sich aber trotzdem fort und wird in den nächsten Jahren zu einem entscheidenden Risiko für die Menschheit. Deshalb ist die Frage, wie sich die Atmosphäre verändert, von größter Bedeutung.
Ein Team von Forschenden des Leibniz-Instituts für Atmosphärenphysik IAP und des Fraunhofer ILT hat in den vergangenen Jahren eine neue Generation von Lasermessgeräten für die Erkundung der Atmosphäre entwickelt. Auf der Laser World of Photonics präsentierten sie die neueste Generation dieser mobilen Systeme, die Wind und Temperatur vom Boden bis in Höhen über 100 km messen können.
Kernstück Alexandritlaser
Kernstück dieses Doppler-Lidar-Systems ist ein diodengepumpter Alexandritlaser. Diese Strahlquelle ermöglicht die extrem kompakte Bauform des Gesamtinstruments, einschließlich der Sende- und Empfangsoptik mit 1m x 1m x 1m Volumen.
„Der Vorläufer, basierend auf einem lampengepumpten Alexandritlaser, wurde am Leibniz IAP entwickelt und war in einem Schiffscontainer installiert“, berichtet Dr. Michael Strotkamp vom Fraunhofer ILT in Aachen. „Mit der neuentwickelten diodengepumpten Strahlquelle sind wir den alten blitzlampengepumpten Systemen auch bei Stabilität und Lebensdauer deutlich überlegen.“
In den letzten 18 Monaten wurden zwei Laser-Prototypen in Lidarsysteme integriert und in Messkampagnen am Leibniz IAP in Kühlungsborn erfolgreich getestet. Zwei weitere, deutlich leistungsstärkere Systeme werden im Mai 2022 aus Aachen geliefert. Mit stärkeren Pumpdioden liefern sie über 2 W Ausgangsleistung.
Von Anfang an beteiligten sich die Atmosphärenforscher um Dr. Josef Höffner an der Entwicklung der Lasersysteme. Heute verfügen sie über das kompakteste System weltweit, um die Klimadaten vom Boden aus bis in große Höhen präzise zu messen.
Im Rahmen des Projekts VAHCOLI (Vertical And Horizontal COverage by Lidar) des Leibniz IAP werden mehrere Systeme in einem Netzwerk Flächen von mehreren Zehntausend Quadratkilometern am Himmel vermessen. Für den Satelliteneinsatz ist das System ebenfalls im Gespräch.
In jedem Fall wird es wertvolle Daten für die Atmosphärenphysik liefern. Das wird helfen, die Wechselwirkung zwischen den verschiedenen Schichten bis weit über 100 km Höhe besser zu verstehen und damit Klima- und Wettermodelle deutlich zu verbessern.
Der Blick vom Satelliten
Natürlich lässt sich die Atmosphäre auch von oben vermessen. Dafür steht zum Beispiel die deutsch-französische Klimamission MERLIN (Methane Remote Sensing Lidar Mission). Ein Kleinsatellit soll drei Jahre lang das Treibhausgas Methan in der Erdatmosphäre beobachten.
Auch bei MERLIN ist ein Lidar-System an Bord, und auch da kommt die Laser Optical Bench, das Kernelement des Lasers, vom Fraunhofer ILT. Für die Methanmessung werden Laserpulse bei zwei Wellenlängen um 1.645 nm in die Atmosphäre geschickt. Die Differenz der rückgestreuten Lichtsignale liefert die absolute Methankonzentration. Aus der Laufzeit der Pulse folgt die jeweilige Höhe über dem Erdboden.
Die Laserquelle für MERLIN hat 2020 das „Critical Design Review“ absolviert, seit vergangenem Jahr wird das „Engineering Qualification Model“ aufgebaut. Beides sind wesentliche Meilensteine auf dem Weg zur Qualifizierung für den Raumflug. Noch in diesem Jahr beginnt der Aufbau des Systems für den eigentlichen Flug. Nach der Integration in das von Airbus Defence und Space entwickelte druckdichte Gehäuse werden die Laserquellen nach der Fertigstellung an den Auftraggeber Airbus Defence and Space geliefert.
„Die eigentliche Herausforderung war die Qualifikation unserer Technik für Weltraumprojekte“, berichtet Bastian Gronloh, Projektleiter MERLIN auf dem Fraunhofer-Stand. „Das haben wir vor etwa zehn Jahren mit der FULAS-Plattform begonnen, inzwischen sind alle Komponenten qualifiziert.“ FULAS steht für FUture LAser System und bezeichnet die Laserplattform in Lötaufbautechnik, die am Fraunhofer ILT in Zusammenarbeit mit Airbus entwickelt wurde. Dafür wurde vor allem die Löttechnik perfektioniert, mit der die optischen Komponenten präzise und dauerstabil befestigt und justiert werden.
Die Montage des MERLIN-Lasers erfolgt im Reinraum in Aachen. Auf der Laser-Messe wurden einzelne Komponenten sowie der 3D-gedruckte Demonstrator des Lasers ausgestellt. Nach Angaben der DLR-Raumfahrtagentur, die das Instrument bei Airbus in Auftrag gegeben hat, ist der Start der Mission für 2027 geplant.
Die Modellphilosophie und das Montagekonzept lassen sich natürlich auch auf andere Laser anwenden – immer dann, wenn höchste Anforderungen an Präzision und Zuverlässigkeit der Laser gestellt werden.