Mikromotoren haben sich als vielversprechendes Werkzeug für die Umweltsanierung erwiesen, vor allem wegen ihrer Fähigkeit, autonom zu navigieren und bestimmte Aufgaben im Mikrobereich auszuführen. Sie bestehen aus einer Röhre aus Silizium und Mangandioxid, in der durch chemische Reaktionen an einem Ende Blasen freigesetzt werden. Diese Blasen wirken wie ein Motor, der das Rohr in Bewegung setzt.
Forscher des Institut Català d'Investigació Química (ICIQ) haben nun einen Mikromotor gebaut, der mit Laccase beschichtet ist, einer chemischen Verbindung, die die Umwandlung von Harnstoff in Ammoniak beschleunigt. Harnstoff ist ein aufkommender Schadstoff, der häufig in Haushalten und bei verschiedenen industriellen Prozessen anfällt.
„Heutzutage haben Wasseraufbereitungsanlagen Schwierigkeiten, den gesamten Harnstoff abzubauen, was zu einer Eutrophierung führen kann, wenn das Wasser freigesetzt wird“, sagt Rebeca Ferrer, Doktorandin in der Gruppe von Dr. Katherine Villa am ICIQ. „Das ist vor allem in städtischen Gebieten ein ernstes Problem.“
Die Umwandlung von Harnstoff in Ammoniak kann den Schadstoff entfernen, bietet aber noch weitere Vorteile. So gewinnt Ammoniak als Quelle grüner Energie zunehmend an Bedeutung: Die Verbindung kann zur Herstellung von Wasserstoff abgebaut und als grüner Treibstoff gelagert werden.
Blasen im Blickfeld
Bei der Entwicklung ihrer Technologie mussten die Forscher einige Herausforderungen bewältigen, darunter die von den Mikromotoren erzeugten Blasen. „Wir müssen das Design optimieren, damit die Röhren das Wasser so effizient wie möglich reinigen können. Dazu müssen wir sehen, wie sie sich bewegen und wie lange sie arbeiten, aber das ist unter dem Mikroskop schwer zu erkennen, weil die Blasen die Sicht verdecken“, erklärt Ferrer.
Eine Lösung bietet Machine Learning: Durch eine maschinelle Lernmethode, die an der Universität Göteborg entwickelt wurde, ist es möglich, die Bewegungen der Mikromotoren abzuschätzen. So lassen sich auch mehrere Motoren in der Flüssigkeit gleichzeitig überwachen. „Wenn wir den Mikromotor nicht überwachen können, können wir ihn auch nicht entwickeln“, sagt Harshith Bachimanchi, Doktorand am Fachbereich Physik der Universität Göteborg. „Unser maschinelles Lernen funktioniert gut in einer Laborumgebung, in der die Entwicklungsarbeit derzeit stattfindet.“
Noch viel Entwicklungsarbeit nötig
Die Forscher können nur schwer sagen, wie lange es noch dauern wird, bis städtische Kläranlagen auch zu Energieerzeugern werden können. Es ist noch viel Entwicklungsarbeit zu leisten, unter anderem an der Methode des maschinellen Lernens, die für den Einsatz in Großversuchen angepasst werden muss. „Unser Ziel ist es, die Motoren bis zur Perfektion abzustimmen“, sagt Bachimanchi.
Das Projekt wurde vom spanischen Wissenschaftsministerium und von der Europäischen Union durch das Ramón-y-Cajal-Stipendium RYC2021-031075-I finanziell gefördert. Teilweise Unterstützung erfolgte zudem durch den H2020 European Research Council Starting Grant ComplexSwimmers, den Horizon Europe ERC Consolidator Grant MAPEI und die Knut-und-Alice-Wallenberg-Stiftung.