„Morgenstadt“ ist eine Initiative der Fraunhofer-Gesellschaft. Eines der prominentesten Projekte, „Morgenstadt City Insights“ (MCI), geht gerade in die zweite Phase. Es bringt Fraunhofer-Institute mit Industriepartner in Konsortien zusammen, die Städte bei der Lösung konkreter Fragestellungen unterstützen. Hinter dem Begriff „Zukunftsstadt“ steht dagegen ein ganzheitlicher Ansatz, der gleich von vier Bundesministerien (für Forschung, Wirtschaft, Umwelt/Bauen sowie Verkehr/Infrastruktur) getragen wird. „Das ist in dieser Breite schon fast so etwas wie eine Initiative der Bundesregierung und damit etwas Einzigartiges“, freut sich Dr. Eckhart Hertzsch vom Fraunhofer-IBP (Institut für Bauphysik) in Berlin, der die NPZ-Geschäftsstelle leitet. „Es gibt einen Lenkungskreis mit Vertretern von Ministerien, einen Stakeholder-Kreis und rund 100 von den Ministerien ausgesuchte Experten aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, von NGOs und Kommunen“, erläutert er. „Die Geschäftsstelle wird getragen vom Deutschen Institut für Urbanistik und zwei Fraunhofer-Instituten IAO (Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation) sowie IBP.
Die Experten haben in den vergangenen zwei Jahren 80 bis 100 Steckbriefe erstellt, aus denen die strategischen Leitthemen entwickelt wurden. „Jetzt gehen wir in den Endspurt und entwickeln eine Roadmap, die sich auf die nächsten fünf Jahre bezieht“, kündigt Dr. Hertzsch an. „Wir formulieren für ein Dutzend große Ziele Maßnahmen, die erforderlich sind, und beschreiben, welche Akteure zusammenkommen sollten. Das ist letztlich eine Forschungs- und Innovationsagenda, die die übergeordneten Ziele und Maßnahmen benennt.“ Die zeitliche Orientierung ist dabei sehr langfristig, aber die nächsten fünf Jahre werden detailliert betrachtet.
Am 30. September wird bei der Konferenz ein Zwischenstand präsentiert und mit einer breiteren Fachöffentlichkeit in zwei Workshop-Blöcken diskutiert. Eine wichtige Rolle wird ab da der Begriff „Reallabor“ spielen, ist sich Dr. Hertzsch jetzt schon sicher. „Man beginnt in einem überschaubaren Maßstab, also etwa auf Ebene eines Quartiers oder Stadtteils, um zu testen, ob solche Lösungen in einem großen Maßstab wie der ganzen Stadt durchführbar sind.“ Als Beispiel führt er Sanierungskonzepte an, die sich verändern können, wenn man in einem Quartiersmaßstab denkt: Der Wärmeüberschuss an einer Stelle, etwa von Kaufhäusern, bei denen im Gebäudeinneren aufgrund ihrer Beleuchtung, anderer Stromfresser und der vielen anwesenden Menschen oft schon ab einer Außentemperatur von sechs bis acht Grad Celsius Kühlbedarf herrscht, lässt sich prima zum Heizen in nahegelegenen Wohnblocks nutzen.
Überhaupt das Plusenergiehaus: Wenn Häuser Energie produzieren, statt sie zu verbrauchen, werden sie zum „Game Changer“. „Die Frage ist, wie die Infrastruktur damit umgeht“, bohrt der NPZ-Leiter, der sich mit Sanierungen schon an der Universität Melbourne seine Sporen verdient hat. Man dürfe daher nicht mehr in Sektoren denken. Andere Felder für solch „vernetztes Denken“ sind der elektrische Lastenausgleich, Energiemanagementsysteme, ressourcenschonende Sanierung oder Gebäude- und technische Infrastruktur.
Technologien durch Weiterentwicklung wirtschaftlicher machen ist eine wichtige Aufgabe der NPZ: Als Beispiel nennt Dr. Hertzsch Dämmsysteme mit integrierten Schächten. Indem man sie von innen anbohrt, lassen sich konventionelle Wohnhäuser ohne Rohrleitungssysteme auf Passivhausstandard bringen. „Von solchen intelligenten Systemen brauchen wir mehr“, sagt der gelernte Schreiner und studierte Architekt, der über Fassaden promoviert hat. „Die Fassade kann Warmwasser und Strom erzeugen, also auch zum Lastmanagement innerhalb eines Stadtteils beitragen. Das erspart eventuell Sanierung an anderen Gebäuden, weil sie CO2-neutral mitversorgt werden.“