Verfahrenstechnik Weniger Schlamm mit weniger Ozon


Mit diesem Ozongenerator wird Ozon direkt aus der Luft gewonnen.

19.07.2012

In kommunalen und industriellen Abwasseraufbereitungsanlagen entstehen durch die Beseitigung von biologisch abbaubaren Substanzen und die Trennung von organischen oder anorganischen Partikeln große Mengen an Klärschlamm. Seine Entsorgung verursacht Kosten. Doch mit einem innovativen Ozonisierungsverfahren lässt sich der Klärschlamm deutlich reduzieren.

Heutzutage beträgt der Aufwand zur Entsorgung von Schlamm, der in Klärwerken anfällt, bis zu 30Prozent der Gesamtkosten. In jüngster Zeit wurden mehrere Technologien entwickelt, um den überschüssigen Schlamm bereits in den Kläranlagen zu vermindern - und nicht erst in der Deponie. Von diesen Methoden wird die Schlammoxidation als die effektivste Technologie erachtet. Die Behandlung des Schlamms mit Ozon fördert die Lyse, also den Zerfall einer Zelle, durch Schädigen der äußeren Zellmembran. Daraus geht das Lysat hervor. Bei der Ozonisierung des Klärschlamms werden also schlammbildende Zellen aufgelöst und deren Bestandteile dem biologischen Abbau freigesetzt. Bei der anschließenden Rückführung in die Belebtschlammbecken werden die Lysate biologisch behandelt. Dadurch wird die Trockenmasse reduziert.

Das Ozon kommt aus der Luft

Obwohl Ozon aus Luft hergestellt werden kann, wird es in der Regel durch Ozongeneratoren gewonnen, welche hohe Kosten für die Sauerstoffversorgung, die Gasbevorratung und den Transport verursachen. Eine als ProLySys bezeichnete Methode entwickelte Prominent Italien in Zusammenarbeit mit der Universität Trient. Es handelt sich um einen Ozonisierungsprozess, der auf eine synergistische Integration in die verschiedenen Verfahrensschritte der Schlammbehandlung abzielt. Dabei wird das Ozon aus der Luft gewonnen, es bietet drei verschiedene Einrichtungen zum Ozoneintrag (Multi-Step-Dosierung) mittels Injektor, Mikrodiffusor und statischem Mischer. Außerdem wird das Ozon mikrodosiert (mg O3/gTSStreated), mit dem wichtigen Ziel, die Schlammsolubilisierung pro dosierter Ozonmenge zu maximieren.

Schlamm geht über Ozonsystem zum Bioreaktor

Das ProLySys-System wurde in einem Pilotprojekt an der Universität Trient, Italien, evaluiert und optimiert. Die seit Frühjahr 2011 in der Kläranlage Calavino bei Trient laufende Feldtestanwendung bestätigt die Laborergebnisse unter Praxisbedingungen. Im Projekt wurde mit einem luftbetriebenen Ozongenerator der Baureihe Ozonofilt OZVa Ozon erzeugt. Die drei Geräte zum Ozoneintrag - Injektor, Mikrodiffusor und statischer Mischer - kombinierte man zu einer mehrstufigen Dosierung. Diese Dosierung wurde mittels einer Reaktionskolonne und einer Förderpumpe für den Schlammkreislauf integriert. Zur Überprüfung betrieb man zwei identische Abwasserbehandlungslinien mit konventioneller Schlammkonfiguration parallel: Eine Schlammlinie ohne Ozonisierung als Kontrolle und eine aktivierte Schlammlinie mit integrierter Ozonisierung. Die Bioreaktoren hatten ein Volumen von 165l und wurden mit rohem Abwasser aus der Kläranlage Trient Nord mit einer durchschnittlichen organischen Last von 0,14kg COD kgTSS -1d -1versorgt. Die TSS-Konzentration der Bioreaktoren lag bei ungefähr 4gTSS/L sowohl in der ozonisierten Linie als auch in der Kontrolllinie. In Ersterer wurde das Ozon bei der Schlammrückführung dosiert, der Schlamm wurde in das Ozonsystem gefördert und zum Bioreaktor zurückgeführt. Im Bioreaktor kontrollierte man regelmäßig den pH-Wert und den gelösten Sauerstoff DO; außerdem hielt man die Werte im optimalen Verhältnis. Die Effizienz der Linien wurde durch tägliche Proben von zu- und abfließendem Abwasser überwacht. Die aktuell verfügbaren Daten beziehen sich alle auf Ozondosierungen von 50 oder mehr mgO3/gTSSproduced. Durch die wirksame mehrstufige Dosierung und die Mikrodosierung von ProLySys konnte die Ozondosierung vermindert und gleichzeitig eine signifikant hohe Reduzierungseffizienz bewahrt werden: Bei einer durchschnittlichen Ozondosierung von 18mgO3/gTSStreated lag die durchschnittliche Schlammreduzierung bei 18,5Prozent - laut Literatur sind 9Prozent zu erwarten. Unterschiede in der Wasserqualität wurden nicht beobachtet.

Deutliche Schlammreduzierung und verbesserte Klärwirkung

Der Feldversuch fand in einer Kläranlage für 7.000 Einwohnergleichwerte mit einer Schmutzfracht von 200kgTTS/Tag und einer Dosierung von 15mgOzon/g TSS statt. Wie im Labor konnte unter Praxisbedingungen eine Reduzierung der Schlammmenge um 14Prozent erzielt werden. Darüber hinaus ließ sich eine deutliche Verbesserung des Sedimentationsverhaltens nachweisen und Blähschlamm, der durch filamentöse Bakterien verursacht wird, entstand nicht. Betrug der SVI (sludge volume index) vor der Ozonbehandlung noch 112mL/g, beträgt er seit Einführung der Ozonierung nur noch 92mL/g, wobei sich die Schlammkonzentration von 4 auf 4,4 TSS/L erhöhte. Die Klärwirkung verbesserte sich nach Übergang zur Ozonung sogar leicht. Zurzeit laufen weitere Versuche in Calavino, Italien, um mit einer Dosierung von 30mg Ozon/g TSS die Schlammmenge um das Doppelte zu verringern.

Mikrodosierung: weniger ist mehr

Zwar produzieren hohe Ozondosierungen weniger Schlamm, aber Überdosierung führt zu hohen Betriebskosten und zur Abnahme der mikrobiell aktiven Biomasse, die eine fundamentale und ergänzende Rolle bei der Verwendung von Kohlenstoff und Stickstoff in Kläranlagen spielt. Um einen kostengünstigen Prozess zu erhalten, ist ein möglichst kleiner Ozonverbrauch unerlässlich. Dank des speziellen hydraulischen Konzepts mit zum Patent angemeldeter Mehrfachdosierung und Mikroblasen-Reaktor lässt sich die spezifische Ozondosierung reduzieren. Durch die Ozonisierung zusätzlich entstandene biologisch abbaubare Substanzen können so durch biologische Prozesse im aktiven Schlamm oder in sauerstoffunabhängigen Faultürmen entfernt, anstelle vom überflüssigen Ozonüberschuss oxidiert zu werden. Vor allem kleinere Kläranlagen können dadurch Ozonanlagen einsetzen, die ohne die aufwendigere Sauerstofftechnik, Ozon erzeugen. Durch die Mikrodosierung wird weiterhin erreicht, dass die für die Klärwirkung essentielle biologische Aktivität des Schlamms nicht beeinträchtigt wird.

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