Fachbeitrag Widerstand zwecklos


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23.08.2012

Der Rollwiderstand von Reifen macht fast ein Viertel des CO 2 -Ausstoßes von Fahrzeugen aus. Optimierte Reifen verringern den Kraftstoff-Verbrauch und die Emissionen erheblich. Einen wesentlichen Beitrag leisten dabei innovative Kautschuk-Mischungen. Neue EU-Verordnungen schreiben künftig solche Reifen vor.

Die Europäische Union führt ab November 2012 im Rahmen des Aktionsplans für Energieeffizienz das EU-Reifen-Label ein - eine Kennzeichnungspflicht für Neureifen. Ziel des Gesamtplans ist es, bis zum Jahre 2020 CO 2-Emissionen in Höhe von 780 Millionen Tonnen einzusparen. Ein Etikett auf jedem Reifen wird den Verbraucher über wichtige Produkteigenschaften wie Sicherheit, Sparsamkeit und Geräuschemission informieren.

EU-Kennzeichnungspflicht für Reifen

Vorbild des neuen Reifen-Labels ist die Kennzeichnungspflicht weißer Ware - wie zum Beispiel bei Kühlschränken. Sie hat den Stromverbrauch der Geräte im Markt europaweit nachhaltig verringert. Dadurch wurden sowohl der Geldbeutel der Verbraucher als auch die Umwelt klar entlastet. �?hnliches ist von der Reifenkennzeichnungspflicht zu erwarten. Bei dem Reifen-Label werden drei zentrale Leistungsdimensionen des Reifens anhand von Piktogrammen dargestellt und bewertet:

Die Haftungsfähigkeit des Reifens auf nasser Straße, die Geräuschentwicklung beim Vorbeifahren und der Rollwiderstand.

Für Reifen sind diese drei Parameter von großer Relevanz. Die Nasshaftung ist das wichtigste Sicherheitsmerkmal eines Reifens. Der Rollwiderstand beeinflusst die Kraftstoffeffizienz und hat damit auch direkten Einfluss auf die Umweltauswirkungen eines Reifens. Genauso verhält es sich mit den Geräuschemissionen.

Rollwiderstandsarme Reifen

Bei der Nutzung von Autoreifen wird viel Energie verbraucht. Reifen sind allein für 20 bis 30 Prozent des Kraftstoff-Verbrauchs und fast ein Viertel der von den Fahrzeugen ausgehenden CO 2-Emissionen verantwortlich. Das entspricht 4,3 Prozent der gesamten CO 2-Emissionen in Deutschland. Jede vierte bis fünfte Tankfüllung eines Autos wird allein zur Überwindung des Rollwiderstands von Reifen benötigt. Das ist jener Widerstand, der beim Abrollen der Reifen durch deren Deformation und durch Reibungsverluste entsteht.

Je geringer der Rollwiderstand ist, umso weniger Kraftstoff wird verbraucht. Durch die Verwendung rollwiderstandsarmer Reifen lassen sich leicht fünf bis sieben Prozent Kraftstoff sparen. Wird bei einem Pkw mit Benzinantrieb und einem durchschnittlichen Verbrauch von 10 Liter auf 100 Kilometer der Rollwiderstand um 30 Prozent verringert, senkt das den Kraftstoffverbrauch eines Fahrzeugs um 0,5 Liter pro 100 Kilometer. Gleichzeitig verringert sich der CO 2-Ausstoß um 1,2 Kilogramm je gefahrene 100 Kilometer. Wären weltweit alle Fahrzeuge mit „grünen“ Reifen ausgestattet, könnten jährlich bis zu 20 Milliarden Liter Kraftstoff und 50 Millionen Tonnen CO 2-Emissionen eingespart werden.

Durch die Einführung des Labels werden dem Verbraucher wichtige Produkteigenschaften des Reifens offengelegt. Dies wird Kaufentscheidungen stark beeinflussen. Selbst wenn emissionsoptimierte Reifen etwas teurer sind, amortisieren sie sich schnell: Je nach Fahrzeugtyp und gefahrenen Kilometern kommen dadurch rasch gut 100 Euro jährlich zusammen. Damit rechnet sich die Investition in einen Satz optimierter Pkw-Reifen bei einer Laufleistung von circa 30.000 Kilometern schon nach ein bis zwei Jahren. Dementsprechend kann man von einem Anstieg bei Hochleistungsreifen bis 2015 um 77 Prozent ausgehen.

Das „Magische Dreieck“ der Reifentechnologie

Die EU-Kennzeichnungspflicht wird laut Studien die gesamte Lieferkette von Reifen beeinflussen. Von der Kautschuk-Produktion über die Herstellung der Reifen selbst bis zum Handel sind alle Beteiligten gefordert, die neuen Vorgaben umzusetzen. Die Unternehmen werden die Produkteigenschaften ihrer Reifen weiter verbessern müssen. Um am Markt erfolgreich zu bestehen, müssen sie ihre Reifen so auslegen, dass sie bestmögliche Eigenschaften hinsichtlich der Zieldimensionen Nasshaftung, Langlebigkeit und Rollwiderstand erreichen. In den vergangenen Jahrzehnten standen diese Faktoren in einem Zielkonflikt zueinander. Dieser Zielkonflikt wird auch als „Magisches Dreieck“ bezeichnet. Darunter versteht man die gegenseitige Abhängigkeit der drei wichtigsten Reifen-Eigenschaften Abrieb, Nassrutschfestigkeit (Grip) und Rollwiderstand.

Die Herausforderung: Der Grip des Reifens auf nassen Straßen ist umso besser, je weicher der Gummi ist. Weiche Gummisorten haben jedoch einen erhöhten Rollwiderstand. Dies wiederum führt zu höherem Spritverbrauch. �?hnliche unerwünschte Zusammenhänge existieren auch zwischen den anderen Parametern des Dreiecks. Wer bislang eine der Eigenschaften verbessern wollte, musste zwangsläufig Abstriche bei den beiden anderen machen.

Innovative Materialien

Durch die stetige Weiterentwicklung der Reifen wurde das magische Dreieck der Reifentechnologie ausgeweitet. Insbesondere Hersteller von synthetischem Kautschuk wie Lanxess haben durch die Entwicklung innovativer Kautschukmischungen einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet. Allein durch den Einsatz derzeit verfügbarer Hochleistungskautschuke lässt sich der Rollwiderstand der nächsten Reifengeneration um weitere zehn Prozent senken - ohne Einbußen bei der Fahrzeugsicherheit. Eine zentrale Rolle spielen bei den Neuentwicklungen Kautschuke und Additive. Denn die Hafteigenschaften eines Fahrzeugs werden wesentlich von den Eigenschaften der Reifen bestimmt, die die einzige Kontaktstelle zur Fahrbahn bilden. Moderne Reifen bestehen aus bis zu 25 verschiedenen Aufbauteilen und bis zu zwölf unterschiedlichen Kautschuk-Mischungen. Der Anteil von Naturkautschuk und synthetischem Kautschuk beträgt im Durchschnitt 41 Prozent. Es wird auch weiterhin intensiv an innovativen Kautschuk-Mischungen gearbeitet, um die Eigenschaften moderner Hochleistungsreifen weiter zu optimieren.

Regelmäßige Kontrolle des Reifendrucks

Darüber hinaus kann jeder Autofahrer einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten, wenn er regelmäßig den Fülldruck seiner Reifen kontrolliert. Der Rollwiderstand von Reifen ergibt sich durch die Verformung des Reifens, mit der eine ausreichend große Aufstandsfläche auf der Straße erzeugt wird, die letztlich die Antriebskraft überträgt. Jedes Mal, wenn sich der Pneu dreht und einfedert, absorbiert er Energie, die in Wärme umgewandelt und an die Umwelt abgegeben wird. Dieser Energieverlust durch Reibung und Verformung wird umso größer, je fester die Reifenlauffläche auf der Fahrbahn haftet und je weniger Luft im Reifen ist. Sinkt der Luftdruck bereits um 0,3 bar unter die vom Hersteller empfohlene Marke, verbraucht das Fahrzeug rund 1,5 Prozent mehr Sprit, da sich der Rollwiderstand um circa sechs Prozent erhöht.

Marktanteil grüner Reifen

Die Einführung der EU-Kennzeichnung wird mittelfristig zu einem Anstieg des Marktanteils „grüner“ Reifen führen. Mehr Transparenz für den Verbraucher erhöht den Wettbewerb. So werden sich leistungsfähigere Produkte am Markt durchsetzen. Eine Studie der TU München sieht die Marktanteile „grüner“ Reifen in hochindustrialisierten Ländern bis 2020 bei über 50 Prozent.

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