MTP und dezentrale Intelligenz in der Pharma „Zögern Sie nicht und starten Sie jetzt!“

„Die Integration von MTP und dezentraler Intelligenz ist mehr als nur eine technologische Investition – sie ist eine entscheidende Weichenstellung für die Zukunft Ihrer Produktion“, ist sich Maria Grahm, Head of Pharmaceutical Segment bei Siemens, sicher.

Bild: Siemens
18.03.2025

Die Zukunft der Pharmaproduktion ist modular. Wer diesen Weg geht, kommt an Module Type Package (MTP) und dezentraler Intelligenz nicht vorbei. Maria Grahm, Head of Pharmaceutical Segment bei Siemens, ist überzeugt: Die Integration dieser beiden Schlüsseltechnologien wird die Branche prägen.

Welche technologischen Trends prägen die Pharmabranche aktuell, und welche Rolle spielen Automatisierung und Digitalisierung dabei, insbesondere im Hinblick auf flexible Produktionsmodelle?

Die Pharmabranche wird durch Trends wie personalisierte Medizin, kontinuierliche Fertigung, datengestützte Entscheidungsfindung und die zunehmende Digitalisierung regulatorischer Prozesse geprägt. Automatisierung und Digitalisierung spielen dabei eine zentrale Rolle, insbesondere im Hinblick auf flexible Produktionsmodelle wie die modulare Produktion. Siemens trägt mit einem breiten Lösungsportfolio dazu bei, diese Transformation zu skalierbaren, flexiblen und modularen Prozessen zu unterstützen. Besonders durch den Einsatz von MTP wird die Umsetzung modularer Produktionskonzepte und innovativer Ansätze wie Plug-and-Produce ermöglicht. Dies erlaubt eine schnelle Anpassung an neue Anforderungen sowie eine vereinfachte Integration und Austauschbarkeit von Prozessmodulen.

Wie wirken MTP und dezentrale Intelligenz in modularen Produktionsanlagen zusammen, und welche Vorteile ergeben sich daraus?

Das MTP-Konzept führt zu dezentraler beziehungsweise verteilter Intelligenz und ermöglicht damit, modulare Produktionsanlagen flexibel und effizient zu machen. Dank MTP können Module wie Bioreaktoren oder Filtrationssysteme über standardisierte Schnittstellen nahtlos miteinander und mit dem Leitsystem kommunizieren. Die standardisierten Schnittstellen werden durch die dezentrale Intelligenz bereitgestellt. Dadurch wird jedes Modul eigenständig und trifft lokale Entscheidungen, während das Leitsystem die Gesamtkoordination übernimmt. Der große Vorteil liegt in der Flexibilität: Module können nach dem Plug-and-Produce-Prinzip schnell ausgetauscht oder ergänzt werden – ohne aufwendige Umbauten oder Programmierarbeiten. Das macht es möglich, Produktionslinien in kürzester Zeit an neue Anforderungen anzupassen – ein echter Gamechanger in der pharmazeutischen Produktion, besonders bei der Einführung neuer Therapien oder Produktwechseln. Ein entscheidender Wettbewerbsvorteil in einem dynamischen Umfeld.

Sehen Sie MTP und dezentrale Intelligenz als Treiber auf dem Weg zu einer autonomen Pharmafabrik, und welche Schritte fehlen noch, um dieses Ziel zu erreichen?

Ja, MTP und dezentrale Intelligenz sind Schlüsseltechnologien für den Weg zur autonomen Pharmafabrik. Sie ermöglichen eine flexible, modulare und autonome Produktion, in der Module unabhängig arbeiten und nahtlos integriert werden können. Um das Ziel einer autonomen Pharmafabrik zu erreichen, sind jedoch noch Fortschritte in der Standardisierung (zum Beispiel OPC UA), der Datenintegration (Echtzeitdaten und KI), der regulatorischen Anpassung und Investitionen in Forschung und Entwicklung erforderlich. Siemens spielt hier eine aktive Rolle, indem es diese Technologien und Standards kontinuierlich weiterentwickelt und die Branche dabei unterstützt, den Weg zur autonomen Pharmafabrik zu ebnen. In diesem Zuge startete im Januar ein staatlich-gefördertes Forschungsprojekt namens RAMP „Roboter-assistierte modulare rohrlose Produktion“ mit dem Ziel, Robotik, fahrerlose Transportsysteme und modulare Prozesseinheiten zu kombinieren. In den nächsten drei Jahren werden darin erste Herausforderungen der autonomen Pharmafabrik am Beispiel der Biopharma-Produktion von Siemens und dem Konsortium angegangen.

Siemens gilt als Vorreiter bei der Implementierung des MTP-Standards. Welche konkreten Herausforderungen begegnen Ihnen bei der Integration in bestehende Produktionsanlagen?

Die Integration des MTP-Standards in bestehende Produktionsanlagen bringt mehrere Herausforderungen mit sich. Eine der größten ist die Sicherstellung der Kompatibilität zwischen älteren und neuen Systemen. Viele bestehende Anlagen sind nicht auf die Modularität und Flexibilität von MTP ausgelegt, was eine Anpassung der Schnittstellen und der Steuerungstechnik erforderlich macht. Hinzu kommt, dass viele OEMs bereits ihre eigenen Standards implementiert haben, die mit MTP harmonisiert werden müssen, was zusätzliche Komplexität mit sich bringt. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass der MTP-Standard ein „lebender Standard“ ist, der kontinuierlich weiterentwickelt wird. Dies bedeutet, dass Unternehmen stets sicherstellen müssen, dass ihre Implementierungen mit den neuesten Versionen kompatibel sind, was eine hohe Flexibilität und regelmäßige Anpassungen erfordert. Um diese Herausforderungen zu meistern, setzen wir auf eine schrittweise Implementierung, beginnend mit Pilotprojekten. So stellen wir sicher, dass alle Module miteinander kommunizieren und die Produktion weiterhin reibungslos läuft. Wir arbeiten eng mit den Anwendern zusammen, um eine maßgeschneiderte Integration zu gewährleisten und den Übergang so effizient wie möglich zu gestalten.

Welche spezifischen Risiken, etwa in Bezug auf Datensicherheit und Skalierbarkeit, ergeben sich bei der Integration dezentraler Intelligenz in bestehende Produktionsumgebungen?

Bei der Integration dezentraler Intelligenz in bestehende Produktionsumgebungen bestehen vor allem drei Risiken: Datensicherheit, Skalierbarkeit und regulatorische Konformität. Die verstärkte Vernetzung erhöht die Anfälligkeit für Cyberangriffe, weshalb eine robuste Sicherheitsarchitektur, wie etwa „Defense-in-Depth“, notwendig ist, um die Systeme und Daten vor unbefugtem Zugriff zu schützen. In Bezug auf Skalierbarkeit müssen IT- und OT-Infrastrukturen so ausgelegt sein, dass sie mit den Anforderungen eines wachsenden Produktionssystems flexibel mitwachsen können. Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass alle neuen Technologien und Prozesse den regulatorischen Anforderungen entsprechen. Bei der Einführung dezentraler Intelligenz müssen insbesondere die Qualifizierungs- und Validierungsprozesse digitalisiert und automatisiert werden, ohne dass die Konformität mit den branchenspezifischen Vorschriften, etwa in der Pharmaindus­trie, verloren geht. Siemens begegnet diesen Herausforderungen mit robusten Cybersecurity-Lösungen und skalierbaren Systemen wie SIMATIC PCS 7 und SIMATIC PCS neo, die eine flexible Anpassung an wachsende Produktionsanforderungen ermöglichen. Unsere Produkte sind auf regulatorische Konformität ausgelegt und unterstützen eine effiziente, digitalisierte Qualifizierung und Validierung. So gewährleisten wir Sicherheit, Skalierbarkeit und Einhaltung der Vorschriften.

Wie unterstützt KI in Kombination mit dezentraler Intelligenz die Optimierung von Produktionsprozessen?

Die Kombination von dezentraler Intelligenz und KI ermöglicht es, Produktionsprozesse in Echtzeit zu optimieren. Dezentrale Intelligenz erfasst und verarbeitet Daten direkt in der Produktion, während KI diese Daten analysiert, um Muster zu erkennen, Vorhersagen zu treffen und fundierte Entscheidungen zu unterstützen. Siemens integriert KI beispielsweise in Lösungen wie Predictive Maintenance und Quality Control, um Ausfallzeiten zu minimieren und die Produktqualität zu steigern. Dadurch wird die Effizienz gesteigert und eine proaktive Prozessoptimierung ermöglicht.

Glauben Sie, dass Technologien wie MTP und dezentrale Intelligenz langfristig zu einem Paradigmenwechsel in der pharmazeutischen Produktion führen, etwa im Hinblick auf Effizienz und Flexibilität?

Ja, absolut. MTP, die damit einhergehende Dezentralisierung der Intelligenz, aber auch die Einflüsse und Möglichkeiten der KI treiben einen Wandel von starren hin zu flexiblen, skalierbaren und effizienten Produktionssystemen voran. Dies ermöglicht der Pharmaindustrie, schneller auf Marktanforderungen zu reagieren, Kosten zu senken und Innovationen wie personalisierte Medizin effizient umzusetzen. Siemens spielt eine aktive Rolle bei der Gestaltung dieses Wandels und der Implementierung entsprechender Technologien. Wir freuen uns bereits darauf, auf der Hannover Messe zu zeigen, wie KI und MTP sich optimal ergänzen, um die Produktionsprozesse weiter zu optimieren.

Welche Herausforderungen muss die Branche bewältigen, um das volle Potenzial von MTP und dezentraler Intelligenz auszuschöpfen?

Die Branche steht vor mehreren Herausforderungen, um das volle Potenzial von MTP und dezentraler Intelligenz zu nutzen. Ein zentraler Aspekt ist die Standardisierung, insbesondere die globale Akzeptanz von MTP und anderen relevanten Standards, um Interoperabilität und Skalierbarkeit zu gewährleisten. Zudem muss die Integration bestehender Altsysteme mit neuen Technologien reibungslos erfolgen, was sowohl technisches Know-how als auch Investitionen in neue Produktionsmodelle erfordert. Im gleichen Zuge müssen derzeitige Portfolien weiterentwickelt werden, damit weitere Potentiale gehoben werden können – daran arbeiten wir. All dieser Herausforderungen stehen und fallen mit den Anwendern der Produkte und Technologien, womit wir zum Mangel an qualifizierten Fachkräften kommen. Die Branche muss sicherstellen, dass Mitarbeiter entsprechend geschult und weitergebildet werden, um die neuen Technologien effektiv und effizient zu nutzen. Siemens unterstützt die Branche durch Schulungen, technische Beratung und innovative Lösungen, die dabei helfen, diese Herausforderungen zu meistern und die Vorteile von MTP und dezentraler Intelligenz voll auszuschöpfen.

Was ist Ihre wichtigste Botschaft an Unternehmen, die überlegen, MTP und dezentrale Intelligenz zu integrieren, und welche Chancen sehen Sie für die Zukunft der Branche?

Meine Botschaft lautet: „Zögern Sie nicht und starten Sie jetzt! Die Integration von MTP und dezentraler Intelligenz ist mehr als nur eine technologische Investition – sie ist eine entscheidende Weichenstellung für die Zukunft Ihrer Produktion.“ Diese Technologien bieten enorme Chancen, wie die Verkürzung von Entwicklungszyklen, die Steigerung der Effizienz und die Erhöhung der Agilität in der Produktion. Besonders in einer Branche, die zunehmend auf individualisierte und flexible Lösungen angewiesen ist, ermöglichen MTP und dezentrale Intelligenz, schneller und reaktionsfähiger auf Marktbedürfnisse einzugehen. Für die Zukunft der Pharmaindustrie eröffnen sich so neue Möglichkeiten, zum Beispiel die effiziente Realisierung personalisierter Medizin und eine agile Anpassung an regulatorische Anforderungen. Siemens unterstützt Unternehmen dabei, diese Transformation erfolgreich umzusetzen und ist ein zuverlässiger Partner auf diesem Weg – sowohl heute als auch in der Zukunft.

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