Smart Traffic & Mobility Alternative Antriebe: Japans Strategie

Los geht's: Nach dem zeremoniellen Ribbon Cutting dürfen die Besucher das Messegelände stürmen.

05.02.2014

Wie denn? Im Januar für eine Automobil-Messe nach Japan? War nicht gerade im November in Tokio die Motor Show? Und Nordamerika ruft praktisch gleichzeitig mit der Auto Show nach Detroit? Stimmt. Aber am Rande der Automotive World gab es viel zu entdecken.

Der japanische Ableger des englischen Veranstalters Reed Exhibitions spannt in Tokio Mitte Januar Elektronik-, Licht- und Automobilthemen auf einem halben Dutzend Fachmessen zusammen. Die „Automotive World“ dient vor allem der Begegnung mit den japanischen Kunden, so etwa die Auskunft am Stand von Linear Technology. Aber doch auch mit Besuchern aus Übersee? „Natürlich, Koreaner und Chinesen auch“, ließ der Pressesprecher wissen. Die europäischen Länder oder USA spielen also keine Rolle hier? „Nein, wir haben ja Niederlassungen in allen wichtigen Ländern der Welt und treffen unsere Kunden dort“, so die entwaffnende Antwort. Das mag natürlich für kleinere asiatische Unternehmen nicht im gleichen Umfang zutreffen, die ihre Produkte und Dienstleistungen gerne auch einem internationalen Publikum präsentieren.

Umgekehrt finden auch europäische Firmen den Weg nach Tokio, um dort den Messe-hungrigen Japanern zu begegnen. Abheben aus der Menge der mit Informationen überfrachteten Auftritte kann man sich mit einem ruhigen, gediegenen Standkonzept, wie es beispielsweise AMS zeigte. „Für Japan vielleicht etwas zu zurückhaltend“, wie Marketing-Manager Heinz Oyrer selbstkritisch zu bedenken gab. Denn Kundenansprache ist Trumpf: Gerade kleinere Stände sind oft mit bunten Plakaten voller Text übersäht, während vor größeren Ständen Hostessen sich dabei überbieten, Passanten charmant bis penetrant mit Hilfe kleiner Geschenke anzulocken, um sie möglichst rasch wieder mit Informationsmaterial ausgestattet dem vorbeiziehenden Strom der Messebesucher zurückzugeben.

Auf dem parallel laufenden Kongress fanden sich rund 5000 Fachbesucher pro Tag in mehreren parallel laufenden Sektionen ein. Dort machte Soichiro Okudaira deutlich, dass für Toyota das Hybridfahrzeug die zentrale Plattform ist, um die Entwicklung in alle Richtungen voranzutreiben: Vom reinen Elektromobil, das seinen Energievorrat in einer Batterie mitführt, über mehr oder weniger milde Mischformen mit Range-Extender bis zum Brennstoffzellen-Fahrzeug, das den benötigten Strom während der Fahrt aus Wasserstoff produziert. Der Senior Managing Officer verwies auf die weltweit bereits abgesetzten sechs Millionen Hybridfahrzeuge von Toyota und betonte, es sei im Mutterland des Konzerns bereits nicht mehr so leicht sei, Nicht-Hybride zu verkaufen – eine aggressive Preispolitik, die Hybrid-Modelle teilweise günstiger macht als vergleichbare Benziner, scheint das zu unterstützen.

Beim reinen Elektroantrieb erkennt der weltgrößte Hersteller Nachholbedarf, hat jedoch ein ehrgeiziges Projekt aufgelegt, um Festkörperbatterien zu entwickeln. Mit 1 kWh/l Energiedichte und einer Leistungsdichte von 4 bis 10 kW/l sollen sie selbst die für 2020 angepeilten Kennzahlen von Lithium-Ionen-Batterien deutlich in den Schatten stellen. Toyota-Batterie-Spezialist Hideki Iba dreht damit auf einem Kickboard mit Laborprototyp bereits seine Runden und hofft auf Produkte nach 2020, die einem Pkw 500 km Reichweite verleihen würden – auch wenn das ultimative Ziel bei 1000 km pro Ladevorgang liege.

Bereits auf der Tokyo Motor Show hatte Toyota im November 2013 ein Brennstoffzellen-Konzeptfahrzeug gezeigt, das nach eigenen Angaben mit der weltweit höchsten Leistungsdichte (3 kW pro Liter Stack-Volumen) und der höchsten Speicherdichte für Wasserstoff (5,7 Gewichtsprozent) kommt. Als Reichweite werden in der Praxis über 500 km genannt (bis zu 700 km im japanischen Testzyklus). Frühere technische Hürden wie die Startfähigkeit bei -30 °C scheinen überwunden. In der Diskussion reagierte Toyota auf die Frage nach Problemen mit salzhaltiger Luft in Küstennähe ausweichend, scheint aber allein auf Filtertechnologie zu setzen.

Erstes Gebot: Kosten senken

Wichtigster Fokus sind derzeit nicht mehr technische Probleme, sondern die Senkung der Kosten. Toyota will sie zur Markteinführung 2015 in Japan, Nordamerika und Europa auf ein Zwanzigstel gegenüber dem Niveau eines Entwicklungsfahrzeugs von 2008 gesenkt haben. Maßnahmen dazu sind beispielsweise die Integration eines bislang separaten Bauteils, das im Stack für die richtige Luftfeuchtigkeit sorgt. Dabei werde in einem Gegenstromverfahren gleich ein Teil des bei der Reaktion entstehenden Wassers genutzt, wie Koichi Kojima, General Manager der Brennstoffzellen-Entwicklungsdivision von Toyota, in Tokio betonte.

Honda setzt Zeichen durch ein futuristische Äußeres seines im Januar in Detroit gezeigten Brennstoffzellen-Konzeptfahrzeugs, auf technischer Seite allerdings vor allem bei der Infrastruktur mit einer solaren Wasserstoffstation (SHS, Solar Hydrogen Station), deren Prototyp in USA seit März 2012 aus Photovoltaik-Strom per Elektrolyse Wasserstoff erzeugt. Aus 53 m2 Solarzellen des 6-kW-Systems können so pro Stunde 0,7 Nm3 Wasserstoff entstehen, also ein halbes Kilo in acht Stunden. Besonderheit sei, dass die Zelle den Treibstoff direkt auf 350 bar verdichten könne, ohne dass die Protonenaustauschmembran Schaden nehme. Entwicklungschef Takashi Moriya gab an, dass Honda auch untersuche, ob sich höhere Drücke erzeugen lassen, machte allerdings keine näheren Angaben. Um Kosten zu sparen, will Moriya vor allem den Einsatz wertvoller Rohstoffe wie Platin begrenzen und durch niedrigere Taktzeiten die Herstellungskosten verringern.

Brennstoffzellen-Spezialist Akihiro Iiyama von Nissan hob hervor, dass die Energiekosten für Fahrzeuge mit Brennstoffzellen unterhalb von denen mit Verbrennungsmotor (wenn auch über denen mit batterieelektrischem Antrieb) liegen müssten. Weltweit sei eine wechselseitige Zertifizierung der Sicherheitsstandards geboten. Wie Toyota arbeitet auch Nissan an der Festkörperbatterie, derzeit ebenfalls noch auf Lithium-Basis. Darüber hinaus gab Takeshi Miyamoto auch noch Einblick in die Big-Data-Strategie seines Unternehmens. Leaf-Fahrer in Kalifornien liefern dort beispielsweise über die unmerklich in die Server strömenden Routeninformationen genug Daten, um die Anordnung von Ladestationen zu optimieren. Aber auch die Fahrer selbst sollen von den Informationen profitieren, beispielsweise indem sie Informationen über Energie- und Zeitbedarf ihrer Routen austauschen.

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