Obst und Gemüse bleibt nach der Ernte metabolisch aktiv. Der Abbau wertvoller Inhaltsstoffe wie Zucker und organischer Säuren kann durch Steuerung der Temperatur, O2- und CO2-Konzentration während der Lagerung in gasdichten Lagerräumen gezielt verlangsamt werden.
Ein Indikator für die metabolische Aktivität und somit für die Geschwindigkeit der Abbauprozesse ist die Atmungsrate. Sie errechnet sich aus dem O2-Verbrauch beziehungsweise der CO2-Abgabe der Produkte pro Zeiteinheit. Das Monitoring der Atmungsrate gelagerter Produkte liefert wertvolle Informationen zur Steuerung der Lageratmosphäre und auch für die Entwicklung optimierter Verpackungsdesigns.
Apfelgroße Kugel misst Lageratmosphäre
Als Alternative zu aufwendigen Messverfahren, wie dem Einsatz von Headspace-Gasanalysatoren, haben Wissenschaftler am ATB ein neues Sensorsystem entwickelt. Die modulare Respirationsmesskugel hat mit einem Durchmesser von 88 mm und einem Gewicht von knapp 200 g in etwa die Größe eines Apfels. Sie beinhaltet einen O2-Sensor (Messbereich 0 bis 25 Prozent O2) sowie zwei CO2-Sensoren für Messungen im niedrigen (bis 0,5 Prozent) und höheren (bis 5 Prozent) CO2-Konzentrationsbereich.
Zudem misst das System Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit. Luft kann das transparente Kunststoffgehäuse durch zwei kleine, gegenüberliegende Öffnungen durchströmen. Die Messungen können in Intervallen von 1 bis 60 min erfolgen. Die Daten lassen sich drahtlos übertragen oder aufgrund niedrigen Stromverbrauchs intern speichern, beispielsweise bis zu 100 Tage bei einem Messintervall von 5 min.
Die Messkugel wurde in umfänglichen Lagerversuchen mit Erdbeeren erfolgreich getestet. Es konnte dabei auch relativ schnelle und geringfügige Änderungen der Gaszusammensetzung in der Lageratmosphäre zuverlässig messen.
Im Verpackungsdesign behilflich
Dr. Pramod V. Mahajan, der mit seinem Team die Messkugel am ATB entwickelt hat, sieht in dem neuen Sensorsystem großes Potenzial. Denn es lässt sich nicht nur für dynamisch kontrollierte Lageratmosphären oder Transportbehälter in der Lieferkette einsetzen, sondern kann wegen seines modularen Designs vor allem bei der Entwicklung optimierter Verpackungen behilflich sein. „Wir können damit die Sauerstoff- und Kohlendioxid-Permeabilität fertiger Verpackungssysteme ermitteln, beispielsweise von Trays mit Deckelfolie“, erklärt Mahajan. „Auch die Anzahl und Größe von Mikroperforationen in der Verpackung, die notwendig sind, um entsprechend der spezifischen Anforderungen der unterschiedlichen Obst- und Gemüsearten den Gasaustausch im Sinne einer längeren Haltbarkeit zu verbessern, lassen sich mithilfe des Sensorsystems einfacher bestimmen.“
Das Sensorsystem wurde kürzlich im Fachblatt Computers and Electronics in Agriculture vorgestellt. Laut Mahajan ist es reif für den Transfer in die Praxis: „Aktuell suchen wir interessierte Partner aus der Wirtschaft, mit denen wir das Sensorsystem marktfähig weiterentwickeln können.“