Die Automobilindustrie steht im Hinblick auf mehr Nachhaltigkeit vor großen Herausforderungen, insbesondere durch die kommende EU-Alt-Auto-Verordnung (ELV). Diese soll das Recycling und die Wiederverwertungsquoten von Fahrzeugkomponenten erhöhen und verpflichtet Hersteller voraussichtlich ab 2031 dazu, noch mehr auf die Wiederverwertung von Komponenten und Materialien sowie auf ein modulares Design zu setzen. Dafür ist eine stärkere Zusammenarbeit entlang der gesamten Lieferkette erforderlich, um die notwendigen Kreislaufkonzepte zu integrieren. Der Kunststoffspezialist Pöppelmann steht der Automobilindustrie bei dieser Transformation als starker Partner zur Seite.
Fahrzeugbauteil aus Alt-Auto-Kunststoff
Mit der Entwicklung der sogenannten Aufsatzkonsole, die zur Aufnahme des Wagenhebers eines Fahrzeugs benötigt wird, hat der Geschäftsbereich Pöppelmann K-Tech einen Meilenstein gesetzt. Das Bauteil, das 2024 in die Serienproduktion ging, besteht vollständig aus Post-Consumer-Rezyklat (PCR), das aus Alt-Auto-Kunststoff hergestellt wird. Das Produkt schont damit Ressourcen und senkt die Treibhausgas-Emissionen (THG-Emissionen) im Vergleich zum ursprünglich angefragten Artikel aus Neuware um 71 Prozent (cradle-to-gate).
Die neue Aufsatzkonsole erfüllt schon heute die Vorgaben der künftigen EU-Alt-Auto-Verordnung. Diese legt fest, dass der Kunststoffanteil in Fahrzeugen zu mindestens 25 Prozent aus Post-Consumer-Rezyklat (PCR) bestehen muss, wobei 25 Prozent dieses Materials aus dem Recycling von Altfahrzeugen stammen sollen.
Know-how und moderne technische Ausstattung
Damit eine Umstellung von Neuware auf Alt-Auto-Kunststoff gelingt, müssen hohe Anforderungen an die Materialentwicklung und -prüfung erfüllt werden, um die Produktqualität sicherzustellen. Pöppelmann hat seine Ressourcen kontinuierlich ausgebaut, um Entwicklungen wie die Aufsatzkonsole erfolgreich in Serie zu realisieren:
Kunststoffexpertise und langjährige Erfahrung mit Rezyklaten
Die Verarbeitung von Materialien aus Alt-Autos erfordert sowohl technisches Know-how als auch erhebliche Investitionen in eine moderne Ausstattung. Pöppelmann verfügt über jahrzehntelange Erfahrung in der Beschaffung und Verarbeitung von Rezyklaten. Doch nur durch die Verwendung von Post-Consumer-Rezyklat (PCR), das aus Kunststoffprodukten nach deren Nutzung gewonnen wird, werden Primärressourcen eingespart und können Materialkreisläufe geschlossen werden. Darum rät Pöppelmann seinen Kunden, wo möglich und sinnvoll, zur Verwendung von PCR.
Durch jahrzehntelange enge Zusammenarbeit mit strategischen Lieferanten konnte der Kunststoffspezialist die Eigenschaften der verwendeten Rezyklate kontinuierlich verbessern und langfristige Partnerschaften aufbauen. So sichert sich das Unternehmen die zuverlässige Versorgung mit hochwertigen Sekundärkunststoffen. Ein Großteil der Materialien stammt von europäischen Partnern. Gleichzeitig verfügt Pöppelmann über eine eigene Compoundierung zur Wiederaufbereitung von Kunststoffen. Pöppelmann verarbeitet schon rund 40 Prozent PCR und insgesamt ca. 50 Prozent Rezyklate, d. h. PCR und Post-Industrial-Rezyklate/PIR (recyceltes Material aus Produktionsabfällen). Bis 2030 soll der Rezyklatanteil auf 60 Prozent gesteigert werden.
Know-how rund um Materialprüfung und -aufbereitung
Qualitätssicherung und Materialaufbereitung stellen beim Recycling eine besondere Herausforderung dar. Im Falle von Kunststoffen aus Alt-Autos kommt erschwerend hinzu, dass Kunststoffe von Altfahrzeugen in der Regel erst nach vielen Jahren recycelt werden. Oft ist ihre genaue Zusammensetzung unbekannt. So können sie beispielsweise noch schädliche Additive enthalten, die mittlerweile verboten sind.
Strenge Prüfabläufe im hauseigenen Labor in Lohne sorgen dafür, dass geeignetes und unbelastetes Material bei Pöppelmann verarbeitet wird. Um die Prüfverfahren den zukünftigen Bedürfnissen anzupassen und sie zu standardisieren, erarbeitete Pöppelmann im CIRCLE-Projekt in Kooperation mit der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen spezielle Prüfstandards, die sicherstellen, dass recycelte Materialien die gesetzlichen Vorgaben und Kundenanforderungen erfüllen.
Technikum – Schmiede für Zukunftstechnologien
2023 eröffnete Pöppelmann in Lohne das Technikum, das den neuen Zentralbereich Technologiemanagement beherbergt. Mit modernster Ausstattung wird dort die Weiterentwicklung von Rezyklaten und Herstellungsverfahren vorangetrieben. Das Technikum ermöglicht dem Kunststoffspezialisten nicht nur, neue Maschinen oder Herstellungsverfahren zu testen. Hier steht auch ein Labor-Compounder bereit, mit dem sich Probematerialien herstellen lassen.
Daraus lassen sich Probekörper fertigen, deren Eigenschaften im angeschlossenen Labor umfangreich analysiert werden. Optimierungsschleifen bei der Materialrezeptur stellen sicher, dass die festgelegten Qualitätsstandards erreicht werden. Mit den finalen Kennwerten werden die Bauteilsimulationen durchgeführt. Die schließlich festgelegte Rezeptur wird dann auf die Serienproduktion übertragen. In der Fertigung werden die Materialeigenschaften kontinuierlich überwacht, um eine gleichbleibend hohe Qualität der Produkte sicherzustellen.
Mit Partnern geschlossene Kreisläufe weiter vorantreiben
Mit dem Autobauteil „Halter Soundgenerator“ gelang es Pöppelmann K-Tech erstmals, Material aus dem Gelben Sack ins Auto zu bringen, denn das verwendete Material enthält 30 Prozent Glasfaser und darüber hinaus ausschließlich Kunststoffabfall aus den haushaltsnahen Wertstoffsammlungen. Die Division gehörte damit zu den Top 3 des Daimler Supplier Award 2021. Gemeinsam mit verschiedenen Akteuren der Automobilindustrie arbeitet der Kunststoffspezialist außerdem an geschlossenen Materialkreisläufen in der Branche.
So wird beispielsweise die sogenannte Waschkappe für einen Fahrzeughersteller aus einer Materialmischung gefertigt, die überwiegend PIR und zusätzlich auch Neuware und PCR enthält. Das Besondere daran: Das eingesetzte PCR besteht auch aus gebrauchten Waschkappen, die vom Kunden zurückgenommen werden. Durch die Materialrückführung in den Kreislauf konnten die THG-Emissionen des Produkts (cradle-to-gate) um etwa 77 Prozent reduziert werden.
Die erfolgreiche Serienproduktion der Aufsatzkonsole aus Alt-Auto-Kunststoff markiert nun einen entscheidenden Schritt in der Transformation der Automobilindustrie. „Die vorteilhaften Bedingungen, unter denen diese Entwicklung gelang, sind das Ergebnis unserer langfristigen Unternehmensstrategie, die sich für ein nachhaltiges Wirtschaften und Handeln einsetzt“, unterstreicht Frank Schockemöhle, Bereichsleitung Technologiemanagement bei Pöppelmann.
„Wir sind davon überzeugt, dass THG-Emissionen zukünftig zu dem entscheidenden Faktor bei der Bewertung von Kunststoffprodukten werden, um Vergleichbarkeit in Bezug auf den Klimaschutz zu erreichen. Das macht sie zur Währung der Zukunft in der Kunststoffindustrie. Und der für unsere Produkte nachweislich größte Hebel, um diese Emissionen zu reduzieren, ist eine konsequente Kreislaufwirtschaft. Dafür sind Kooperation und Transparenz entlang der Wertschöpfungskette notwendig.“ Pöppelmann engagiert sich auf verschiedenen Wegen dafür.
Auch die Division Kapsto setzt auf Rücknahme und Wiederaufbereitung: 2024 startete sie das CapCycle-Programm, das eine bequeme Rückgabe von gebrauchten Schutzelementen aus Kunststoff ermöglicht. Ein Pilotprojekt gemeinsam mit BMW im Rahmen des Netzwerks Catena-X soll zukünftig eine lückenlose Rückverfolgbarkeit der in der Automobilindustrie verwendeten Materialien und ihrer CO2-Emissionen unterstützen.
In Zukunft Qualität neu definieren, Materialvielfalt reduzieren
Für eine erfolgreiche Wende zur Kreislaufwirtschaft hält der Kunststoffspezialist aus Lohne ein neues Verständnis von Qualität für erforderlich, erklärt Frank Schockemöhle: „Statt nach Rezyklaten zu suchen, die über dieselben Eigenschaften von bisher eingesetzter Neuware verfügen, sollte sich die Materialauswahl an den Anforderungen des Endprodukts orientieren – und diese auch kritisch hinterfragen, um den Spielraum für den Einsatz von Sekundärkunststoffen abzuleiten.“
Ein möglicher Ansatz für noch mehr Kreislaufwirtschaft ist auch die Reduzierung der Materialvielfalt und die Etablierung kontrollierter Materialströme mit standardisierten Qualitäten. Denn eine reduzierte Vielfalt von Kunststoffen erleichtert eine wirtschaftliche Kreislaufführung. Ein Vorbild ist das PET-Einweg-Pfandsystem, das zeigt, wie sich Monomaterial-Sammlung erfolgreich umsetzen lässt. Durch ähnliche Standardisierungen können auch Kunststoffe aus Altfahrzeugen effizient recycelt und in neuen Fahrzeugteilen wiederverwertet werden.
Fazit
Mit zukunftsweisenden Lösungen wie der frühzeitigen Erfüllung der neuen EU-Alt-Auto-Verordnung und einem klaren Bekenntnis zur Nachhaltigkeit stellt sich Pöppelmann entschlossen den Herausforderungen der Zukunft. Von recycelbaren Materialien bis hin zu langlebigen, ressourcenschonenden Bauteilen – die Arbeit von Pöppelmann demonstriert, wie sich gemeinsam mehr Ressourcenschonung und Klimaschutz in der Automobilindustrie und in vielen weiteren Branchen meistern und wirtschaftlich umsetzen lassen. Diesen Anspruch unterstreicht die Pöppelmann Gruppe mit ihrem Motto „ZUKUNFT. MACHEN. WIR.“