Zuverlässige Anlagentechnologie ist für produzierende Unternehmen unverzichtbar. Das gilt auch für die Firma Siegfried mit Stammsitz im Schweizer Zofingen, die unter anderem Wirkstoffe und Fertigformulierungen für pharmazeutische Zwecke herstellt. In einem sensiblen Geschäftsfeld wie diesem kommt dem Qualitätsmanagement zum Schutz von Patienten eine zentrale Bedeutung zu. Hilfestellung bieten die „Good Manufacturing Practice“-Richtlinien (GMP) zur Qualitätssicherung, die die verbindlichen Anforderungen der Gesundheitsbehörden zum Vermarkten von pharmazeutischen Gütern zusammenfassen.
Im August 2010 hat Siegfried die Instandhaltung und das Engineering seiner Produktionsanlagen auf Bilfinger Industrial Services Schweiz, ein Unternehmen von Bilfinger, übertragen. Der Pharmahersteller kann sich dadurch auf sein Kerngeschäft konzentrieren – die Entwicklung und Produktion von Wirkstoffen. Zugleich lassen sich die GMP-Kriterien erfüllen. Das Ergebnis der Maintenance-Partnerschaft: die jährlichen Instandhaltungskosten wurden um nahezu 40 Prozent von früher über zwölf Millionen auf nunmehr unter acht Millionen Schweizer Franken gesenkt.
Das wichtigste Learning: „Die Instandhaltung muss Hand in Hand mit der Produktion erfolgen. Daher ist die Präsenz vor Ort entscheidend“, erläutert Peter Gehler, Leiter des Pharmaparks bei Siegfried, eine der Hauptanforderungen, die ein Outsourcing-Partner im Bereich Maintenance erfüllen muss. „Deshalb haben wir vor sieben Jahren mit der Suche nach einem externen Partner begonnen, der in den für uns entscheidenden Disziplinen Sachverstand mit Effizienz verbindet.“
An diesem Punkt setzte Bilfinger mit seinem dreistufigen Leistungspaket an: Das Industrieserviceunternehmen übernimmt die Organisation von Instandhaltung, Engineering und Sicherheitsdiensten.
Um die Verfügbarkeit der Anlagen zu gewährleisten, hat Bilfinger für Siegfried ein 24/7/365-Servicekonzept erstellt. Bis zu 40 eigens für den Einsatz geschulte Mitarbeiter befinden sich zu diesem Zweck permanent vor Ort auf dem Siegfried-Werksgelände im Pharmapark in Zofingen, darunter Experten für Elektrotechnik, Automation, Mechanik, Rohrbau und Administration. Das oberste Ziel bestand von Anfang an darin, möglichst viel Know-how an Ort und Stelle zu bündeln, damit alle anfallenden Arbeiten an der Anlagentechnik direkt und ohne Einsatz von Drittanbietern ausgeführt werden können. Zudem wünschte sich Siegfried eine klare Zuordnung von Aufgaben und Verantwortungsbereichen. Das Unternehmen wollte damit sicherstellen, dass Instandhaltungsmaßnahmen vom Maintenance-Team nicht nur koordiniert, sondern verantwortlich übernommen werden. In vielen Produktionsbetrieben werden selbst bei kleineren Reparaturen externe Dienstleister beauftragt. Siegfried wollte stattdessen durch Instandhaltung aus einer Hand erreichen, dass der Servicepartner umfassende Kenntnisse der Anlage erwirbt.
Prozessmanagement ist gut eingespielt
Mit der Übernahme der Instandhaltung stellt Bilfinger bei Störungen innerhalb von maximal 60 Minuten eine Fachkraft bereit, die das Problem zielgerichtet analysiert und löst. Damit konnte beträchtliches Einsparpotenzial realisiert werden, denn die zuvor gängige doppelte Kostenbelastung ist entfallen. Üblicherweise werden die Maintenance-Experten von Bilfinger standardisiert über ein elektronisches Meldewesen beauftragt, das in ein E-Business-System auf Basis des PM-Moduls von SAP eingebettet ist. Darin werden sämtliche Aufträge generiert, verwaltet und verrechnet – sowohl Wartungsarbeiten, Reparaturen und Inspektionen als auch Verbesserungsmaßnahmen.
Zudem sind alle relevanten Informationen zu den Anlagen von Siegfried wie beispielsweise Wartungspläne und Checklisten im System hinterlegt. So lässt sich jederzeit per Knopfdruck ermitteln, wann regelmäßige Wartungen anstehen und wie hoch die Kosten sind, die jede einzelne Anlage verursacht. Siegfried sichert dieses Vorgehen Kostentransparenz sowie Kontrolle über die Anlagenproduktivität, ohne selbst eine eigene, oftmals kostenintensive Instandhaltungssoftware installieren und betreiben zu müssen. Für die tägliche Praxis bedeutet dies, dass die Anlagen des Unternehmens jetzt effizienter arbeiten und die Verfügbarkeit gesteigert wurde.
Rückverfolgbarkeit gemäß GMP-Standards
Eine besondere Herausforderung ist die Dokumentation aller Produktionsprozesse und Anlagenparameter, wie es die geltenden GMP-Richtlinien vorsehen. Im Fokus steht hierbei die Kalibrierung aller Messstellen. Am Stammsitz von Siegfried allein gibt es rund
4.000 Messstellen, um die sich das Mainte-
nance-Team von Bilfinger mithilfe eines „Calibration Managers“ kümmert. Diese IT-basierte Kalibrierdatenbank hat die für lange Zeit gebräuchlichen Excel-Listen bei Siegfried abgelöst und so ein wenig transparentes und oft fehleranfälliges Verfahren obsolet gemacht. Inzwischen kann durch die Softwarevalidierung und die Unterstützung von zwei GMP-Beauftragten von Bilfinger gewährleistet werden, dass alle Messstellen im Unternehmen gemäß aktueller GMP-Auflagen dokumentiert und die erhobenen Daten lückenlos sowie rückverfolgbar erfasst werden. Zudem ließ sich der Zeitplan der Kalibrierung optimieren. Das bedeutet Zeiteinsparungen im Vergleich zu früheren Arbeitsprozessen.
Durch die Zusammenarbeit mit Bilfinger hat Siegfried in die Jahre gekommene Prozesse überdacht und so Kosten eingespart. So wurden beispielsweise neue Maschinen und Geräte angeschafft, die Aufwand minimieren und Mitarbeiter entlasten. Ein Beispiel ist eine neue Läppmaschine, mit der sich die Revision von Sicherheitsventilen schneller und zuverlässiger realisieren lässt. Ferner wurde auf Initiative von Bilfinger ein Pumpenpool implementiert, sodass nun sämtliche Pumpen am Standort zentral an einem Ort eingelagert werden – die Bestandsverwaltung erfolgt über das von Siegfried eingesetzte SAP. Zuvor war ihre Aufbewahrung dezentral organisiert. Das Problem: Im Störfall kostete die Beschaffung geeigneter Ersatzpumpen viel Zeit und Aufwand. Des Weiteren schult Bilfinger die Mitarbeiter von Siegfried, die für die Werksfeuerwehr tätig sind oder Hebewerkzeuge wie Gabelstapler bedienen. Sie erfahren in Spezialtrainings, wie sie im Notfall besonnen und kompetent reagieren.
Zusammenarbeit ist auf lange Sicht ausgelegt
„In den wichtigen Bereichen Instandhaltung und Engineering arbeiten wir seit über sechs Jahren sehr eng mit Bilfinger zusammen – und es ist uns gelungen, eine solide Vertrauensbasis aufzubauen“, erläutert Gehler. „Bilfinger ist bereit, sehr detailliert auf unsere Anforderungen und Wünsche einzugehen, egal ob es sich um kurzfristige Anliegen handelt oder um grundsätzliche Veränderungen an bestehenden Prozessen.“
Auf diesem Weg konnte Siegfried Einsparungen realisieren, was ein zentraler Grund dafür war, dass die Zusammenarbeit bereits 2013 um weitere sieben Jahre verlängert wurde. „Auch für die Zukunft planen wir eine Zusammenarbeit“, ist sich Gehler sicher.