Es besteht kein Zweifel daran, dass im Interesse unserer Zukunft noch mehr Menschen in wissenschaftlichen, technologischen und mathematischen Bereichen (Science Technology Engineering & Mathematics, STEM) tätig sein müssen. Mehr Nachwuchs im STEM-Bereich zu finden ist mittlerweile eine große Herausforderung. Einerseits schreiben sich weniger Studenten in die entsprechenden Studienfächer ein, andererseits erreichen erfahrene Ingenieure und Wissenschaftler das Rentenalter. Es wird geschätzt, dass bis zum Jahr 2015 in der EU an die 7 Millionen STEM-bezogener Stellen zu besetzen sind, um neue Entwicklungen abzudecken und die in Rente gehenden Arbeitskräfte zu ersetzen. Einer der Hauptgründe, warum die EU-Mitgliedstaaten damit zu kämpfen haben, diese Nachfrage zu decken, liegt darin, dass wir weiterhin nicht genügend Frauen dazu ermutigen können, sich für ein Ingenieur- bzw. wissenschaftliches Studium zu entscheiden.
Ein kürzlich veröffentlichter Eurostat-Bericht macht dieses Problem deutlich. In den EU-Mitgliedstaaten sind derzeit an die 8 Millionen Menschen im IKT-Sektor (Informations- und Kommunikationstechnik) beschäftigt. Weniger als 1,6 Millionen davon sind jedoch Frauen. Dies deckt zwar nur einen Aspekt des STEM-Sektors ab, erweist sich aber als Indikator für das Gesamtbild.
Was muss also getan werden, um ein Gleichgewicht herzustellen? Man hat eine Reihe von Initiativen ins Leben gerufen mit dem Ziel, die Kluft zwischen den Geschlechtern im STEM-Sektor zu schließen. Dieser Weg ist zugegebenermaßen lang und steinig. Neuste EU-Zahlen belegen, dass die großen Volkswirtschaften unseres Kontinents immer noch einen relativ geringen Frauenanteil im STEM-Bereich verzeichnen. In Frankreich sind dies 17 Prozent, in Deutschland 15 Prozent und in Großbritannien sogar nur 9 Prozent.
Eine größere Vielfalt (Diversity) ist aber entscheidend für die technologische Weiterentwicklung der Gesellschaft, wobei die jeweiligen spezifischen Attribute von Frauen und Männern mit einfließen sollten. Eine Möglichkeit besteht darin, dass Frauen die derzeit männlich dominierten Entwicklungsabteilungen durch ihre besser entwickelten zwischenmenschlichen Fähigkeiten bereichern können. Forschungen haben ergeben, dass die Eingliederung von Frauen sich vorteilhaft auf die Teamdynamik auswirkt und eine engere Zusammenarbeit fördert. Projektziele können dadurch schneller umgesetzt werden, und die Erfolgsaussichten sind höher. Die Auswirkungen, die Frauen auf die Entwicklung zukünftiger Technologie-Generationen und wissenschaftlicher Forschungen haben können, sollten also nicht unterschätzt werden.
Wir dürfen es nicht nur den Regierungen der EU-Mitgliedstaaten überlassen, das Thema Geschlechter-Ungleichgewicht anzugehen. Unternehmen im Technologiesektor müssen ebenfalls eine aktive Rolle einnehmen. Sie sollten dazu beitragen, männliche und weibliche Talente in naturwissenschaftlichen Fächern bereits in der Schule zu fördern sowie zusätzliche Lehrpläne nach dem normalen Unterricht und in den Schulferien forcieren. Unternehmen sollten sich auch an Universitäten richten und Studenten dabei unterstützen, neue Erfahrungen zu sammeln, um die Lernbereitschaft zu steigern.
Es gibt überhaupt keine Anzeichen dafür, dass junge Frauen weniger geeignet sein sollen als junge Männer, um eine Ausbildung und Karriere im STEM-Sektor zu durchlaufen. Ein Gleichgewicht der Geschlechter ist entscheidend für ein zukünftiges soziales Wohlbefinden und für unseren Wohlstand. Ob als Elternteil, Lehrer, Beamter, Politiker oder Arbeitgeber: Wir müssen der zukünftigen Generation mehr Aufmerksamkeit schenken, um eine umfassendere STEM-Ausbildung für Mädchen und Jungen zu ermöglichen. Das Gleichgewicht der Geschlechter muss sich in allen Lebenslagen durchsetzen. Ich handle jeden Tag auf diese Weise. Schließen Sie sich mir an, damit unsere Kinder Ihnen eines Tages danken werden!