Industrie 4.0 ist eine großartige Sache. Die damit einhergehende Informationsvielfalt in ihrer uneinheitlichen Struktur jedoch ist Fluch und Segen zugleich. Der Experte Günther Stürner, Vice President Sales Consulting beim ERP-Anbieter Oracle Deutschland, schreibt dazu in der FAZ: „Das Gros der heute gespeicherten Informationen wird in mehr oder weniger ungeplanter, unstrukturierter Weise abgelegt. Nach der Speicherung dieser Datenmengen für Ordnung zu sorgen ist eine der komplexesten Aufgaben, wenn man von Big Data spricht.“
Daten harmonisieren
Bereits die Datenstrukturen der ERP- und der Fertigungsebene harmonieren in Unternehmen meist nicht miteinander. Für sich genommen sind ERP-Daten konsistent, genauso die Daten der Fertigungsebene. ERP-Daten sind jedoch zu abstrakt für die Fertigungsebene, um dort damit arbeiten zu können. Doch es gibt eine Lösung: Die Software OPAL (Optima Process Automation Library, siehe Kasten) erschließt die abstrakten Daten aus der ERP-Ebene und transferiert sie in verwertbarer Form in die Fertigungsebene. Ergebnis: Die richtigen Daten zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
Was bisher noch Hand- und Kopfarbeit war, erledigt OPAL automatisch. Ein Beispiel verdeutlicht die komplexe Aufgabe: Das ERP-System des Wundauflagenherstellers Pad übermittelt einen Produktionsauftrag in die Fertigung.
100.000 Wundauflagen des Typs „Soft“ sind zu produzieren. Diese werden in zwei Verpackungsarten angeboten: in Fünfer- und Zehnerpackungen. Die Wundauflagen exportiert der Hersteller in 23 Märkte. Das erfordert vielfältige Primärverpackungen und Bedruckungen in unterschiedlichen Stückzahlen.
An der Produktionsanlage für die Wundauflagen ist ein HMI installiert, in dem die Rezepte für die einzelnen Länder hinterlegt sind. Weitere HMIs befinden sich am Drucker, am Kartonierer der Primär- und Sekundärverpackung und auch am Palettierer. Die Kamerasysteme verfügen über ein weiteres HMI. An den insgesamt sechs HMIs (mit unterschiedlicher Benutzerführung) muss der Anlagenbediener händisch die korrekten Rezepturen und Stückzahlen auswählen. Dann erst startet die Produktion.
Der Arbeitsaufwand ist also hoch, die Anfälligkeit für Fehler ebenfalls. Doch damit ist erst eine Produktionslinie im Werk in Betrieb gesetzt. Eine zweite Linie wird für den gleichen Auftrag herangezogen und muss wie die erste Linie vorbereitet werden. Der Auftrag wird gesplittet, die Kombinatorik ist in der Umsetzung sehr anspruchsvoll.
Ein direkter Datenaustausch zwischen ERP und Fertigung funktioniert in diesem Beispiel nicht. Denn die lokalen speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) der Einzelmaschinen sind darauf spezialisiert, mittels Parameter ein Produkt mit bestimmten Eigenschaften herzustellen. Eine Eingabe übergeordneter Anforderungen, wie etwa Sprachversionen, oder eine direkte Ansteuerung der Parameter nachfolgender Maschinen in einer Linie ist nicht vorgesehen.
Von einer sich selbst organisierenden, durchdigitalisierten Fabrik ist man hier weit entfernt – obwohl es sich in diesem Beispiel um eine überschaubare Datenmenge und nicht einmal um Big Data
handelt.
Linien gut organisieren
OPAL transferiert Daten aus der ERP-Ebene. Alle Aggregate, vom Drucker bis hin zur Wundauflagenherstellanlage, erhalten über die Software alle relevanten Daten zugespielt. Sämtliche Parameter einer Linie bis hin zu allen Linien eines Werks werden mit der Software zentral an einem Rechner zusammengeführt und verwaltet. Aus OPAL heraus erhalten die Linien die erforderlichen Datensätze beziehungsweise Parameter, um die Batches nach den spezifischen Vorgaben produzieren zu können. Verbleibende manuelle Einstellungen unterstützt OPAL ebenfalls.
Kommt ein Auftrag aus dem ERP in die Fertigung, sorgt OPAL dafür, dass sich die Anlagen in einem dazu konsistenten Zustand befinden. Bis ins Detail reichen die Vorgaben. So lässt sich beispielsweise festlegen, wie häufig Prüfmuster – entsprechend den Vorgaben etwa der FDA – automatisch auszuschleusen sind.
Pluspunkte dieser Vorgehensweise sind: Die Nutzereingriffe werden minimiert, Fehlerquellen durch eine Fehleingabe scheiden aus. Zudem entsteht ein Zeitvorteil. Mit der Einführung von OPAL gelingt die vertikale Integration des ERP und der speicherprogrammierbaren Steuerungen. OPAL leistet Data Mining im abgesteckten Feld. Dies funktioniert unabhängig davon, ob die Maschinen und Aggregate von Optima oder von anderen Herstellern stammen.
Bessere gläserne Produktion
Wenn es in der Fertigung nicht wie gewünscht läuft, können die Ursachen vielfältig sein. Fehlerquellen objektiv zu ermitteln ist die zweite zentrale Aufgabe von OPAL. Über statistische Auswertungen werden beispielsweise Fehlerstände und Alarmzustände an den Anlagen statistisch ausgewertet. Sogar wenn Kontrollsysteme Fehler erkennen, die der Mensch nicht als solche wahrnimmt, hilft die Software. Handelt es sich etwa doch um minimale Maßabweichungen oder Verschmutzungen? Oder ist das Kamerasystem zu sensibel eingestellt? Der Ausschuss ist zunächst nicht erklärbar. Über einen Seriennummernabgleich und Fehleranalysen gelingt es mit OPAL, auch solche Fragen zu lösen.
Die Software von Optima Life Science kommt Fehlerkombinationen auf die Schliche: Wenn zwei für sich genommen harmlose Umstände zusammentreffen und gemeinsam eine ungünstige Konstellation in einer Maschine ergeben. Doch nicht immer sind die Fehlerursachen so komplex. Mitunter handelt es sich schlicht um Bedienfehler. Erkenntlich daran, dass beispielsweise eine Schicht signifikant weniger Ausschuss produziert als eine andere. Eine Best-Practice-Vorgehensweise, die auf den mit der Software gewonnenen Erkenntnissen basiert, schafft Abhilfe.
Auch intern bei Optima Life Science und in anderen Bereichen des Unternehmens hat OPAL dazu beigetragen, Fehlerursachen zu erkennen. Beispielsweise führte das Wiederanfahren nach einem Anlagenstillstand häufig zu übermäßigem Produktausschuss. Es zeigte sich, dass der entstehende Temperaturanstieg das Verpackungsmaterial unbrauchbar machte. Eine Luftkühlung sorgt hier inzwischen für konstante Verhältnisse.
Und nicht zuletzt: Die Fertigungs- und Verpackungsprozesse sind optimiert und der Ausschuss minimiert. Welche Mengen an Rohmaterial sind nun für den geplanten Output erforderlich? Erst stabile und bekannte Größenordnungen sorgen für solide Wirtschaftlichkeitsberechnungen. Es besteht damit eine klare kalkulatorische Grundlage.
Industrie 4.0 im (Daten-)Fluss
Kommen wir nochmals auf Industrie 4.0 und den eingangs zitierten Günther Stürner zurück. Er beschreibt in seinem Beitrag auch die Vorteile von Big Data Mining: „Eine detaillierte Analyse aller relevanten Informationen – aus firmeneigenen und fremden Quellen – verschafft heute in jeder Branche Wettbewerbsvorteile, die sich mit konventionellen Mitteln nicht realisieren lassen." Mit der Software OPAL steht heute ein Werkzeug zur Verfügung, das große Datenpotenziale erschließen kann.