Passive Bauelemente Die richtige Speicherinduktivität wählen

Bei der Speicherdrosselspule WE-Mapi konnten die Kernmaterialverluste reduziert werden.

Bild: Würth Elektronik eiSos
12.10.2016

Die Energieeffizienz von Geräten mit Netzteil wird von deren Drosselspule mitbestimmt. Um die richtige auszuwählen, müssen deren Verluste exakt ermittelt werden. Eine genaue Messung war bisher schwierig und mühsam. Ein Online-Tool erleichtert nicht nur die Bestimmung der Verluste, sondern hilft auch die Erwärmung zu messen.

Das erfolgreiche Entwerfen von energieeffizienten Geräten hängt maßgeblich vom Netzteil und damit von dessen einzelnen Komponenten ab. Daher ist es bei der Auswahl der Bauelemente – zum Beispiel Drosseln (Spulen, Induktivitäten) zum Zwischenspeichern der Energie – wichtig, deren Verluste und Erwärmung zu kennen. Durch den Einsatz neuer Materialien und der Berechnung von Wechselstromverlusten mithilfe von verschiedenen Kalkulationsmodellen, lassen sich ideale Induktivitäten für energieeffiziente Anwendungen finden. Früher waren Linearregler die am meisten genutzten Spannungsregler. In modernen Leistungselektroniken werden hingegen überwiegend Schaltnetzteile verwendet. Das kontinuierliche Verringern der Prozessorspannungen hat seinen Teil dazu beigetragen. Vor wenigen Jahren waren noch Schaltfrequenzen bis 300 kHz sehr verbreitet. Moderne Schaltregler takten jedoch meist mit Frequenzen von 800 kHz und mehr. Wichtige Punkte im Design von Schaltnetzteilen sind daher einerseits die Schaltverluste, andererseits aber auch die Verluste der Speicherdrossel. Letztere lassen sich durch Materialmischungen beeinflussen. Die herkömmliche Berechnung der Kernverluste basierend auf den Steinmetz-Formeln stößt jedoch schnell an ihre Grenzen. Das neue Tool Red Expert von Würth Elektronik eiSos hilft Entwicklern durch ein messtechnisch gestütztes Verfahren, die bis heute genauesten Daten der Gleich- und Wechselstromverluste von Speicherdrosseln in der Applikationsumgebung zu bestimmen.

Mit einer neuen Materialmischung der Eisenalloygruppe konnte Würth Elektronik eiSos die Kernmaterialverluste für Hochstromspeicherdrosseln weiter reduzieren. Die Baureihe dazu ist WE-Mapi. Durch geschickte Materialauswahl und Fertigungstechnik vereint die Serie die bestmögliche Ausnutzung von Induktivität und Stromtragfähigkeit bei geringen Eigenverlusten.Bei herkömmlichen Spulen wird meist der Kupferlackdraht um den Kern gewickelt und mit einem Clip an das Terminal gelötet oder geschweißt. Anschließend wird der äußere Schirmring montiert und mit dem inneren Kern und der Wicklung verklebt. Bei der WE-Mapi wird die Wicklung mit einem Direktkontaktverfahren ohne Löten und Schweißen direkt mit den Anschlusspads des Bauteils kontaktiert. Durch das Einsparen des Clips konnte der effektive Durchmesser vergrößert werden. Folge: es sind weniger Windungen für gleiche Induktivitätswerte nötig, der Gleichstromwiderstand (RDC) der Wicklung ist reduziert.

Der Kern von WE-Mapi besteht aus einer innovativen Metallalloylegierung, die um die Wicklung herum gepresst wird. Das verleiht der Spule hohe Induktivitätswerte bei kleiner Bauform. Die besondere Konstruktion des Kerns hat zugleich eine selbstschirmende Wirkung. Das Kernmaterial selbst ist temperaturstabil mit nur geringem Drift und weichem Sättigungsverhalten. Zusätzlich wird um den Kern eine Schutzschicht aufgebracht, um die Oberflächen resistent gegen Umwelteinflüsse zu machen.

Verluste in Speicherinduktivitäten

Die Verluste einer Speicherdrossel setzen sich zusammen aus Kernmaterialverlusten und Wicklungsverlusten. Letztere lassen sich unterteilen in Gleichstromverluste – maßgeblich beeinflusst durch den Gleichstromwiderstand der Wicklung (PDC = I2 * RDC) – und den Wechselstromverlusten (RAC) der Wicklung, die sich durch den Skin- und Proximity-Effekt ergeben.

In Schaltreglern stellt die Spule eines der wichtigsten Bauelemente dar. Deshalb ist die genaue Ermittlung der Verluste und Erwärmung ein kritischer Schritt bei der Auswahl des richtigen Bauelements. Um die Erwärmung vorhersagen zu können, müssen zunächst die AC-Verluste genau ermittelt werden. Für diesen Schritt stehen heutzutage zum Beispiel die Dowell-, Ferreira oder Nan/Sullivan-Methode zur Verfügung.

Historisch betrachtet wurden Kernverluste mit dem Steinmetz-Modell ermittelt. Der wesentliche Nachteil daran ist, dass es vor allem für sinusförmige Anregungen gilt, und in der Ermittlung der Koeffizienten in der Regel nur mit Kleinsignalen gemessen wird. In den meisten Anwendungen der Leistungselektronik ist der Spulenstrom aber nicht-sinusförmig. Und die Ströme sind Großsignale von einigen Milliampere bis hin zu einigen hundert Ampere.

Es gibt auch andere Modelle, die das Problem nicht-sinusförmiger Wellenformen durch Trennung von Hysterese- und Wirbelstromverlusten zu lösen versuchen. Dort hat sich die empirische Steinmetz-Gleichung als nützliche Variante erwiesen, bietet aber nur für sinusförmige Ströme eine hohe Genauigkeit. Allerdings arbeiten die verschiedenen Steinmetz-Modelle optimal nur bei einem Tastverhältnis von 50 Prozent und in einem beschränkten Frequenzbereich. Zudem ist wegen der hohen Komplexität beim Ermitteln der magnetischen Weglänge das Ermitteln der Kernverluste mit Hilfe bestehender Modelle für Eisenpulver und Metalllegierungen nicht nur anspruchsvoll, sondern die Genauigkeit ist auch starken Schwankungen unterworfen. Bei Induktivitäten, die aus mehreren verschiedenen Kernmaterialien bestehen, ist außerdem eine Schätzung der Verluste nicht möglich oder sehr aufwändig.

Würth hat ein Modell entwickelt, um die kompletten AC-Verluste in Induktivitäten präzise ermitteln zu können. Es basiert auf den empirischen Daten, die mit einem realen Schaltregleraufbau gewonnen werden. Hierbei werden die Gesamtverluste der Induktivität in Wechsel- und Gleichstromverluste unterteilt. Die Daten werden mit einem DC/DC-Wandler erfasst. An die Induktivität legt man eine pulsierende Spannung an und misst die Eingangsleistung Pin und die Ausgangsleistung Pout. Auf dieser Basis wird Ploss = Pin - Pout ermittelt und die Wechselstromverluste der Spule PAC werden separiert. Dieser Vorgang wird für verschiedene Parametereinstellungen wiederholt – zum Beispiel Schwankungen der magnetischen Aussteuerung, Schaltfrequenz, Rippelstrom –, und die Daten aufgezeichnet. Mit Hilfe dieser Daten lässt sich das Modell zur Berechnung der AC-Verluste erstellen.

Red Expert ist ein Online-Design-Werkzeug, mit dem eine für die jeweilige Anwendung geeignete Speicherdrossel ausgewählt werden kann. Es ist ein einfach zu bedienendes Tool, um in kurzer Zeit auch Bauteile vergleichen zu können. Die Berechnung der AC-Verluste in einem magnetischen Bauteil ist mit Red Expert einfach, da hier das AC-Verlustmodell von Würth integriert ist. Aufgrund der genauen Berechnung der kompletten Wechselstromverluste eignet sich die Anwendung auch zur Temperaturabschätzung.

Passende Speicherinduktivität online ermitteln

Derzeit unterstützt Red Expert drei Topologien, bei denen das Bauteil für die Anwendung ausgewählt werden kann: Aufwärts-, Abwärts- und Sepic-Wandler. Die Verluste werden graphisch über den kompletten Eingangsspannungsbereich dargestellt, um auch die Extremszenarien zu betrachten. So kann für die jeweilige Anwendung die energieeffizienteste Speicherdrossel ausgewählt werden. Um die richtige Induktivität für einen Tiefsetzsteller zu ermitteln, gibt der Anwender über eine Eingabemaske den vorhandenen Eingangsspannungsbereich sowie Ausgangsspannung und -strom ein, dazu noch die Schaltfrequenz, die Diodenflussspannung und den angestrebten Rippelstrom der Induktivität. Mit einem Klick auf „Details anzeigen“ erhält er die passenden Speicherinduktivitäten inklusive deren erwartete Rippelströme und die Verluste in der Applikation.

Zusätzlich gibt es einen manuellen Verlustrechner, welcher unabhängig von der Topologie die Verluste für Speicherdrosseln bestimmt. Hierzu müssen lediglich die Frequenz, das Tastverhältnis sowie der Rippelstrom oder der Spannungsabfall eingegeben werden. Red Expert erledigt den Rest. Praktisch ist, dass unterhalb der Eingabemaske die entsprechenden Eingaben graphisch dargestellt werden. Registrierte Kunden können weitere Vorteile nutzen, wie die Ermittlung des Induktivitätswerts oder der Temperaturerhöhung der Induktivität bei beliebigem Stromwert.

Vorteile des AC-Verlustmodells

  • Die empirischen Daten basieren auf einem DC/DC-Wandler

  • Genaues Ermitteln der Verluste für jedes gegebene Tastverhältnis

  • Genau über einen weiten Frequenzbereich – von 10 kHz bis 10 MHz

  • Berücksichtigt auch kleinste Veränderungen des Kernmaterials und der Wicklungsstruktur

  • Gültig für Bauteile, mit mehr als einem verwendeten Material

  • Genaues Ermitteln der Verluste von Bauteilen mit Eisenpulver und Metalllegierungen

  • Gültig für jede beliebige Kernbauform und Windungsstruktur

  • Beinhaltet auch die AC-Wicklungsverluste

Bildergalerie

  • Einstellungsmaske von Red Expert: Mit dem Online-Tool lässt sich die ideale Induktivität berechnen und die Temperatur abschätzen.

    Einstellungsmaske von Red Expert: Mit dem Online-Tool lässt sich die ideale Induktivität berechnen und die Temperatur abschätzen.

    Bild: Würth Elektronik eiSos

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