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Smart Building Eine Stadt als lebendes Labor

Blick in die Zukunft: Die Seestadt Aspern im Jahr 2028.

Bild: schreinerkastler.at, W. Schaub-Walzer
09.03.2016

Auf der 240 Hektar großen Fläche eines ehemaligen Flughafengeländes entsteht eines der modernsten Stadtentwicklungsprojekte Europas. In Aspern erforschen Wissenschaftler das Zusammenspiel von vernetzten Gebäuden, erneuerbaren Energien und dem Stromnetz.

In der Mitte Europas wächst eine hochmoderne Stadt in der Stadt heran. Baukräne wohin das Auge reicht, moderne Häuserfassaden, Photovoltaik-Anlagen auf zahlreichen Dächern – so sieht die Seestadt Aspern im Norden von Wien derzeit aus. Das Herz der City bildet ein fünf Hektar großer künstlicher See inmitten eines Parks. Erste Fuß- und Radwege sind bereits fertig, weitere kleinere Parks und Grünflächen in den Wohn- und Geschäftsvierteln sollen folgen. Im Herbst 2014 haben die ersten Mieter ihre Wohnungen bezogen, im vergangenen Jahr lebten auf dem ehemaligen Flughafengelände schon mehr als 6.200 Menschen. Die Seestadt ist gut gelegen: 27 Minuten sind es mit der U-Bahn in die Wiener Innenstadt, knapp 30 Minuten mit dem Zug nach Bratislava. Zwei U-Bahn-Stationen und sieben Buslinien bieten den neuen Bewohnern eine große Auswahl.

Die Ziele von Aspern sind ambitioniert: Bis zum Jahr 2028 sollen hier rund 10.500 Wohnungen für mehr als 20.000 Menschen und 20.000 neue Arbeitsplätze entstehen. Die Gesamtinvestitionen für die Stadtentwicklung belaufen sich auf rund 5,5 Milliarden Euro. Bei dem Projekt geht es nicht nur darum, dringend benötigten Wohnraum zu schaffen. In Österreichs Hauptstadt erforschen Wissenschaftler und Stadtplaner auch das Zusammenspiel von intelligenten Gebäuden, erneuerbaren Energien, lokalen Stromverteilnetzen und dem gesamten Stromnetz. Maximale Effizienz bei einer Minimierung des gesamten Energieverbrauchs – so lautet die Devise. Die Ergebnisse sollen wichtige Erkenntnisse für andere Städte bringen.

Im Zuge des Großprojekts ist ein Joint-Venture zwischen der Stadt Wien, den städtischen Versorgungsunternehmen (Wien Energie und Wiener Netze) und Siemens Österreich entstanden. Die Partner haben die Forschungsgesellschaft ASCR (Aspern Smart City Research) gegründet, der einzige Industriepartner, Siemens, ist mit 44 Prozent an dem 40-Millionen-Euro-Projekt beteiligt. In dieser Kooperation soll ein Teil der technischen Lösungen für eine neue Energiewelt entwickelt werden – im wirklichen Leben eines neu errichteten Quartiers mit realen Endkunden. Um unterschiedliche Konzepte für ein künftiges Energiesystem in der Praxis miteinander vergleichen zu können, wurde in einem Teil von Aspern eine Feldtestumgebung errichtet. In dieser werden mit der Genehmigung von mehr als 100 Haushalten Daten für das Forschungsprojekt gesammelt – zum Stromverbrauch, zur Luftqualität oder zur Raumtemperatur. Sie werden mit Daten aus dem Stromnetz und Informationen über das Echtzeitwetter zusammengeführt.

Drei Gebäude der Seestadt werden von Siemens als lebendes Labor genutzt: Das Wohnheim „Green House“ für 300 Studenten, eine Anlage mit 213 Wohnungen und ein Schulgebäude mit Kindergarten. Auf dem Dach des Studentenwohnheims wurde eine Solaranlage mit 250 Kilowatt (kW) Leistung installiert, im Keller sorgen elektrische Heizpatronen für Warmwasser. In dem Wohnhaus arbeiten sieben unterschiedliche Wärmepumpen (800 kW). Zudem werden hybride Paneele für Photovoltaik und Solarthermie genutzt. Erdwärme- und Heißwasserspeicher sollen Angebot und Nachfrage nach Energie ausbalancieren. In der Schule wird ebenfalls auf Solarthermie gesetzt.

Im Zuge der großangelegten Untersuchung wird viel Wert auf die individuellen Wünsche des Bewohners gelegt. Er kann per Smartphone Umfeldbedingungen wie beispielsweise die Raumtemperatur in seiner Wohnung steuern. Das Smart Building soll diese Bedingungen erfüllen und dabei gleichzeitig die Kosten optimieren. Eine App informiert den Smart User künftig in Echtzeit über seinen Energieverbrauch, sodass er sein Verhalten gegebenenfalls anpassen kann.

Das Joint-Venture ASCR analysiert, welcher Technologiemix am effizientesten ist – und wie die jeweilige Mischung das Verhalten der Endverbraucher beeinflusst. Das Feldtestgebiet für das Niederspannungsnetz, das aus zwölf Trafostationen und 23 Transformatoren besteht, wurde mit einem Netzwerk aus rund 100 Sensoren für die zeitnahe Erfassung der Netzauslastung und rund 500 Smart Metern ausgestattet. Alle von diesen Systemen generierten Daten werden in einem städtischen Rechenzentrum verarbeitet. Von dieser Kombination der IT-Strukturen versprechen sich die Forschungs-Partner tiefe Einblicke in die Wechselbeziehungen der verschiedenen Systeme.

Bildergalerie

  • Vernetztes Wohnhaus mit Holzfassade: Im Inneren sorgt Solar-​thermie für wohlige Wärme.

    Vernetztes Wohnhaus mit Holzfassade: Im Inneren sorgt Solar-​thermie für wohlige Wärme.

    Bild: Walter Schaub-Walzer

  • Die neue Stadt entsteht auf einem ehemaligen Flughafengelände im Norden Wiens.

    Die neue Stadt entsteht auf einem ehemaligen Flughafengelände im Norden Wiens.

    Bild: Walter Schaub-Walzer

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