Im Bereich der Konsumelektronik mehren sich die Anzeichen dafür, dass das kabellose Laden auf dem Vormarsch ist: Samsung baut, nach zwischenzeitlicher Abstinenz, bei den aktuellen Modellen S6 und S6 Edge wieder eine Ladespule ein, das weltgrößte Möbelhaus Ikea verkauft Nachttische und Lampen mit integrierten Ladegeräten und die unzähligen Smart Watches auf dem Markt haben in ihren kleinen Gehäusen ohnehin keinen Platz für eine Ladebuchse. Doch während diese Endverbraucherprodukte die Medien beherrschen, finden sich mindestens ebenso viele Möglichkeiten der induktiven Leistungsübertragung im professionellen und häufig auch industriellen Umfeld.
Große Vorteile im industriellen Umfeld
Hier kann die Technik den entscheidenden Vorteil ausspielen, dass sie nicht nur kabel- sondern damit auch auch ladekontaktlos ist. So lassen sich Geräte vollständig einkapseln oder eingießen, was ihre Handhabung in vielen Bereichen erheblich vereinfacht. Im medizinischen Bereich fallen durch aggressive Desinfektionsmittel hervorgerufene Korrosionsprobleme weg. Häufig können die vollgekapselten Apparate sogar ganz einfach sterilisiert werden. Damit sind hier auf einmal einige der größten Herausforderungen an die Gehäusetechnik gelöst. Ein zusätzlicher Vorteil kann die leichtere Handhabung sein, wo heute noch dauerhaft ein Kabel am Gerät verbleibt. Man denke nur – Leser mit einschlägiger Phobie mögen mir verzeihen - an den Handmotor des Zahnarztes.
Auch in verschmutzten, staubigen oder explosionsgefährdeten Umgebungen bietet kabellose Energieversorgung eine Lösung für viele Probleme, die heute durch Geräte mit Ladekontakten auftreten. Die Zuverlässigkeit und Robustheit von Industrieanwendungen wird erhöht, aber auch die Lebensdauer verlängert und der Wartungsaufwand reduziert. Kontaktlose Energieübertragung kann bei fahrerlosen Transportsystemen, Hängebahnen, Krananlagen, Fördersystemen oder auch zur Versorgung von Sensoren und Aktoren in Druckbehältern und Tanks eingesetzt werden. Im Bergbau, in Raffinerien und chemischen Produktionen können Helmlampen oder Gaswarnanlagen mit integrierter kabelloser Ladetechnik keine Kontaktfunken verursachen.
Die kontaktlose Energieübertragung funktioniert auch unter Wasser und kann bei Tauchrobotern, Tauchlampen oder Unterwasserkameras eingesetzt werden. Dies ist sehr wichtig für die Dichtigkeit in großer Tiefe, da die Gehäuse komplett verkapselt werden können.
Einfacher mit Standards
Der Erfolg dieser Lösungen hängt neben den möglichen Vorteilen auch vom Einhalten eines Standards auf der Sender- und Empfängerseite ab. Nur wenn gewährleistet ist, dass Geräte wenn möglich herstellerunabhängig an jeder, entsprechenden Ladestation problemlos mit Strom versorgt werden können, wird sich das System im Markt durchsetzen.
Theoretisch existieren drei große Standardisierungsgremien: Das Wireless Power Consortium (WPC) mit dem Qi-Standard, die Alliance for Wireless Power (A4WP) und die Power Matters Alliance (PMA). Die beiden letztgenannten kooperieren allerdings seit Anfang letzten Jahres, sodass die Technik des jeweils anderen genutzt werden darf. Im Ergebnis verfügen WPC und A4WP+PMA jeweils über Standards zur induktiven Kopplung und zur Stromübertragung via magnetischer Resonanz.
Induktion oder Resonanz?
Während die induktive Kopplung auf jeweils eine Sender- und eine Empfängerspule beschränkt ist, deren Versatz in x-, y- oder z-Richtung sich stark auf die Qualität der Kopplung auswirkt, stellt bei der Ladung per magnetischer Resonanz ein Sendeschwingkreis bei einer Resonanzfrequenz die Energie zur Verfügung, die von auf die Resonanzfrequenz abgestimmten Empfängern übernommen werden kann. Die Anzahl dieser Empfänger ist theoretisch beliebig und Abstand vom, wie auch Versatz zum Sender spielen eine geringere Rolle.
Bei der induktiv gekoppelten Energieübertragung hingegen haben die Sender- und auch die Empfängerspulen einen größeren Gütefaktor Q. Durch das magnetische Nahfeld besteht ein hoher Kopplungsfaktor k welcher die Leistungsübertragung effizienter macht, die Verluste und die damit verbundene Erwärmung reduziert. Durch das enge Zusammenspiel der Sender- und Empfängerspule (max. 10mm) ist die elek-
tromagnetische Strahlung klein und das magnetische Feld ist sehr gut kontrollierbar was gerade bei Medizinprodukten eine wichtige Rolle spielt.
Spannendes Einsatzgebiet: Wearables
Smartwatches und Fitness-Sensoren jeglicher Art markieren den Beginn der Verbreitung sogenannter Wearables – also von in Kleidung und Accessoires verbauter Elektronik. Geräte wie Fitness-Armbänder und Smartwatches müssen naturgemäß gegen Umwelteinflüsse gekapselt werden. Durch die Vielfalt der integrierten Sensorik wie GPS, Bluetooth oder gar WLAN in Kombination mit wenig Raum für leistungsstarke Akkus, die aber relativ häufig geladen werden müssen, ist eine Energieübertragung ohne Ladestecker hier grundsätzlich angebracht. „Smartwatches wie Motorola 360 und Apple Watch machen es vor, Fitnessarmbänder und andere Wearables werden folgen. Eine kontaktlose Aufladung hat gerade bei Geräten, die feuchtigkeitsgeschützt sein müssen, den Vorteil, dass man sich eine Kabelbuchse spart“, sagt Oliver Konz, CEO bei Würth Elektronik eiSos.
Würth Elektronik eiSos setzt denn auch mit einer Erweiterung seiner Wireless-Power-Transfer-Produktfamilie auf diesen Trends und bietet zwei neue Sender- und drei Empfängerspulen an, die optimal für Lösungen zum Laden von Wearables und Mobilgeräten geeignet sind. Die Spulen sind an die bereits existierenden Standardchipsätze für den Qi-Standard des WPC angepasst. Bestehende Designs können daher einfach durch den Austausch der jeweiligen Spulen für Wearables eingesetzt werden.
Drei Spulen für jeden Einsatz
Die Empfängerspulen WE-WPCC 760308102212 und WE-WPCC 760308102213 zeichnen sich durch ihre sehr geringe Höhe von gerade einmal 0,64 mm aus und sind damit optimal einsetzbar für Wearables mit Platz für größere Spulenflächen (29 x 29 mm), aber einer starken Limitierung in der Bauhöhe. WE-WPCC 760308102212 biete darüber hinaus durch einen breiten Ferritüberstand eine ausgezeichnete Schirmung – wichtig für Anwendungen, die sensibel gegenüber elektromagnetischer Einstrahlung sind.
WE-WPCC 760308102213 ist durch die Wahl des Induktivitätswertes ein Dual-Standardempfänger. Mit dem entsprechenden Empfängerchip ist die Spule in der Lage, auf Sendern zu laden, die entweder dem Qi-Standard des WPC oder dem PMA-Standard entsprechen.
Die dritte Empfängerspule WE-WPCC 760308101214 ist mit 0,8 mm etwas dicker, hat dafür aber einen Durchmesser von nur 19 mm. Durch Ihre kompakte Bauform ist sie bestens geeignet für die kabellose Energieübertragung in Geräten mit begrenztem Platzbedarf. Sie erzielt sehr gute Übertragungswerte im Zusammenspiel mit den neuen Senderspulen WE-WPCC 760308101104 und WE-WPCC 760308101105.
Optimal zu diesen Empfängerspulen passend bietet Würth Elektronik eiSos die neuen Wireless-Power-Charging-Sender WE-WPCC 760308101104 und WE-WPCC 760308101105 für Ladestationen an. Beide Spulen haben einen Außendurchmesser von nur 21 mm, nutzen hochwertiges Ferrit zur Schirmung und Litzendraht, um den Gleichstrom- und Wechselstromwiederstand (RDC und RAC) klein zu halten. Die beiden Spulen unterscheiden sich durch ihren jeweiligen Induktivitätswert.
Die Vorteile der kontaktlosen Energieübertragung werden sich zukünftig nicht nur auf den Bereich der Konsumgüter beschränken. Jetzt schon wurde der WPC-Standard auf Medium Power erweitert (bis zu 15W) und die Entwicklung an Leistungsbereichen bis 200W und sogar bis 2.4kW schreitet voran. Das Netzkabel bei Haushaltsgeräten, Robotern und Elektrofahrzeugen wird bald nicht mehr notwendig sein.