Fachbeitrag Energieeffizienz, die sich rechnet

11.12.2012

Energieeffizienz ist in vielen Industriebereichen präsent. Darum ist ein funktionales Energiemanagementsystem fast unumgänglich. Die Entscheidungen werden oftmals aber durch politische und wirtschaftliche Einflüsse geprägt. Die ISO 50001 stellt klare Anforderungen an ein solches System.

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Explodierende Energiepreise, schwindende fossile Energieressourcen und steigender Wettbewerbsdruck motivieren Politik und Gesellschaft, die Art unseres Umgangs mit Energie grundlegend zu überdenken. Gesetzliche Richtlinien und Vorschriften geben weitere Impulse. Zahlreiche Untersuchungen und Studien zeigen, dass es in vielen Fällen ein erhebliches Energieeinsparpotenzial von bis zu 30 Prozent und mehr gibt. Energiemanagementsysteme (EMS) auf der Basis der ISO 50001 helfen, dieses Potenzial anzuzapfen.

Das allgemeine Ziel der Norm ISO 50001 ist, Unternehmen beim Einrichten von Systemen und Prozessen zu unterstützen, um ihre Energieeffizienz zu verbessern. Ein EMS hilft dabei, die Energiesituation in der Organisation zu bestimmen, die Energiepolitik eines Unternehmens auf Basis konkreter Daten festzulegen und letztendlich Energie zu sparen. Die entscheidende Komponente in einem Energiemanagementsystem ist ein effektiver und geschlossener Regelkreis zur Energiekontrolle mit den vier Elementen Datenerfassung, Energieanalyse, Maßnahmen zur Energieeffizienz und der Kontrolle.

Kontinuierlich Daten erfassen

Im ersten Schritt werden dabei alle Energiedaten, Strom- und Spannungsqualitätsparameter genau erfasst. Das heißt, zunächst müssen die Betriebs-, Verbrauchs- und Kostendaten wie Strom-, Gas- und Fernwärmerechnungen aufgezeichnet werden. Um ein detailliertes Auswerten einer Organisation durchzuführen und eine Grundlage für entsprechende Maßnahmen zur Energieeffizienz zu schaffen, müssen die Energieströme weiter von der Seite der Versorger bis ganz nach unten aufgelöst werden. Das bedeutet, dass Großverbraucher oder Unternehmenseinheiten und Abteilungen ebenfalls gemessen werden müssen und Untermesspunkte wie Niederspannungshauptverteilungen, Transformatorabgänge, große Lasten (Pressen, Kompressoren, Extruder), einzelne Gebäude, einzelne Kostenstellen und Unterverteilungen benötigt werden. Da größere Unternehmen viele Messpunkte haben - oft sogar Hunderte - muss für das automatische Erfassen der Energieverbraucher gesorgt werden. Zu den wesentlichen Punkten für die Konfiguration eines solchen Datenerfassungssystems gehören:

das Entscheiden über die erforderlichen Daten welche Strom- und Energieparameter gemessen werden die Datenauflösung - Daten von sich wiederholenden Prozessen erfordern unterschiedliche Mittelungszeiten welche Abfrageintervalle nötig sind der Kommunikationsaufbau, zum Beispiel TCP/IP (Ethernet ), Bacnet, Profibus, Modbus

Für die nötige Transparenz im Aufbau einer Energieversorgung sorgt die moderne Energiemesstechnik. Durch ein kontinuierliches Erfassen der Daten kann schnell auf Veränderungen im Betrieb reagiert und gleichzeitig die erzielten Ergebnisse dokumentiert werden. Über entsprechende Kommunikationsarchitekturen werden die Daten in einem Aufbau, der so offen wie möglich ist, an eine zentrale Stelle übertragen, in Hochleistungsdatenbanken gespeichert und zum weiteren Verarbeiten zur Verfügung gestellt. Zusätzlich muss auf eine einfache Integration der Energiedaten in übergeordneten Systemen geachtet werden, zum Beispiel Scada-System, Gebäudeleittechnik oder SPS.

Die Energieanalyse basiert auf den gewonnenen Daten der automatischen Messdatenerfassung und bildet die Grundlage für die konkreten Ziele des Unternehmens im Hinblick auf Energieverbrauch und senken der Energiekosten - zum Beispiel 10 Prozent Energie pro Jahr sparen. Darüber hinaus sind die Ergebnisse der Ausgangspunkt für eine ABC-Analyse der Verbraucher, das Entwickeln und Erstellen eines Energieeffizienz-Maßnahmenkataloges, Bewerten bestimmter Maßnahmen und Priorisieren der Maßnahmen zur Energieeffizienz.

Maßnahmen zur Energieeffizienz planen

Die Ergebnisse der Energieanalyse fließen in die Pläne von Vorkehrungen zum Reduzieren des Energieverbrauchs und der Energiekosten ein. Die Maßnahmen können in vier Gruppen unterteilt werden:

Planung: Untersuchen des Energieverbrauchs, Optimieren der Betriebszeiten, Maschinen mit hohem Wirkungsgrad, Spitzenlastoptimierung, Wärmerückgewinnung Organisatorische Maßnahmen: In der Beschaffung zum Beispiel mit Fokus auf Lebenszykluskosten, Arbeitsabläufe ändern in der Steuerung von Anlagen, das Verhalten der Mitarbeiter in Maßnahmen einbeziehen, Wartung und Reparatur planen, Mitarbeiter schulen und motivieren Technische Maßnahmen: energieeffizientere Motoren nutzen - mehr als 95 Prozent der Lebenszykluskosten eines elektrischen Antriebs sind Energiekosten -, Wechsel zu Frequenzumrichtern, Wärmerückgewinnung nutzen, Leckagen im Druckluftnetz reduzieren, Regelung und Steuerung der Systeme optimieren, Dampferzeugung und Spitzenlast optimieren, Energiespeicher intelligent nutzen Lastmanagement: Last-(Spitzenlasten)-Management stellt eine besondere Maßnahme dar. Das Optimieren des Stromlastprofils spart zunächst keine Energie, sondern führt in erster Linie zu eingesparten Kosten. Diese Maßnahme stabilisiert aber auch die Energieversorgung

Nach dem Einführen eines Energiemanagementsystems im Unternehmen ist es wichtig, konsequent daran zu arbeiten und es weiterzuentwickeln. Die Ziele müssen ebenfalls in regelmäßigen Abständen überprüft werden, um sicher zu stellen, dass sie noch ausreichend sind oder aktualisiert werden müssen. Nur mit dem automatischen Erfassen von Daten können Ziele auf der Basis der entsprechenden Daten diskutiert und neu festgelegt werden. Oder aber der Vergleich zum Beispiel mit dem Vormonat zeigt Trends eventuell zur Kapazitätsauslastung der Infrastruktur auf und erkennt Fehler rechtzeitig.

Versteckte Kosten ermitteln

Die Stromrechnung ist oft nur der sichtbare Teil der manchmal sehr viel höheren Kosten unter Berücksichtigung einer „schmutzigen“ und unzuverlässigen Energieversorgung. Bei der wirtschaftlichen Effizienz spielen neben den direkten Stromkosten, die effektive Kapazitätsauslastung der Energieverteilungssysteme und -einrichtungen sowie eine zuverlässige Energieversorgung eine wichtige Rolle.

Weiterhin können mit einem integrierten, integralen Energiemanagementsystem zum Beispiel auch Niederlassungen an verschiedenen geographischen Standorten zentral überwacht und verglichen werden. Daten zum Stromverbrauch, dem Überwachen der Blindleistung, Wasser- und Gasverbrauch, Verfügbarkeit elektrischer Energie- und Stromqualität können in der Datenbank des Firmenstützpunkts gesammelt, ausgewertet und analysiert werden. Einsparpotenziale können somit durch Kostenvergleiche aufgedeckt werden (Benchmark).

Praktisch auf Knopfdruck kann die entsprechende EMS-Software verwendet werden, um die verschiedenen Daten aufzubereiten und Statistiken und Tabellen im gewünschten Format zu erstellen. Das erleichtert dem Controlling die Daten auszuwerten.

Energiemanagement in der Praxis

Komplett-Energiemanagementsysteme schaffen Netztransparenz über die verschiedenen Netzebenen hinweg. Dies ermöglicht es, mögliche „Sünder“ zu ermitteln, ineffiziente Prozesse aufzudecken und entsprechende Maßnahmen zur Energieeffizienz einzuleiten. Viele Maßnahmen zur Energieeffizienz können auch mit geringen finanziellen Investitionen erreicht werden.

Das war auch das Ziel des Unternehmens Forumplast Folienfabrik aus Amberg. Um langfristig alle Potenziale zur Effizienzsteigerung und Kostensenkung sinnvoll zu nutzen, führte das Unternehmen mit Unterstützung von Janitza ein maßgeschneidertes Energiemanagementsystem ein. Forumplast stellt Folien aus den umweltfreundlichen Kunststoffen LDPE (Hochdruckfolien) und HDPE (Niederdruckfolien) her, die grundwasserneutral, physiologisch unbedenklich und recycelbar sind. Monatlich werden rund 3000 Tonnen Folie hergestellt, die vielfältig als Verpackungsfolien, Polyethylen-Folien, Industrieverpackungen, Schrumpffolien, Schläuche, Hauben, Säcke oder Beutel zum Einsatz kommen.

Beim Energiemanagementsystem sollen zum einen mögliche Störfaktoren bei Anlagen recherchiert werden, um im Anschluss nötige Maßnahmen zu ergreifen, zum anderen ist ein überschaubares Energiecontrolling wichtig, um Rechnungen von Energieversorgern, Eigenablesungen und automatisch erfassten Werten, zum Beispiel von Messgeräten, GLT, Datenloggern, SPS, einzubinden und einzusehen.

Produktionskosten senken

Der jährliche Verbrauch bei Forumplast liegt bei mehr als 20 GWh und stellt den dritthöchsten Kostenfaktor nach dem Mitarbeiterlohn und dem Material dar. Den höchsten Energieverbrauch weisen Extruder, Abzug und Wickler im Bereich der Extrusion auf. Das Energiemanagementsystem soll einen beständigen und zugleich sicheren Arbeitsprozess erzielen und zudem eine Kontrolle über die Betriebs-, Verbrauchs- und Kostendaten geben.

Kernstück des Energiemanagementsystems ist das Energiemonitoringsystem für die Auswertung der Daten. Mit moderner Messtechnik können Spannungsqualitätsprobleme rechtzeitig identifiziert und behoben werden. Zudem wird die Versorgungssicherheit gesteigert, Wartungskosten reduziert und die Lebenszeit der Fertigungseinrichtungen verlängert. Auch können im Störfall per Fernabfrage entscheidende Informationen abgerufen werden.

Für eine stetige Überwachung der Spannungsqualität ist ein Netzanalysator als Mastergerät verantwortlich, der auch elektrische Störgrößen bei Netzproblemen analysiert und sämtliche Messdaten über Monate protokolliert. Für die Untermessungen sorgt zusätzlich ein Slavegerät, um eine kontinuierliche Messtechnik der Geräte zu gewährleisten. Zusammen mit einer hohen Abtastrate von Spannungs- und Strommesseingängen sichert dies eine hohe Messgenauigkeit.

Mit der Programmier- und Netzvisualisierungssoftware GridVis werden alle Messgeräte konfiguriert. Über die Software stehen nun Messdaten entweder online als Momentanwerte oder die aus dem Messwertspeicher oder in der Datenbank abgelegten historischen Werte graphisch als Liniengraph, Balkengraph oder Histogramm zur Verfügung. Das gibt einen Überblick über das gesamte elektrische Netz. Damit die Daten jederzeit abrufbar sind, werden alle Messwerte und Protokolle in der mySQL Datenbank gespeichert und verwaltet.

Über die Reports ist Forumplast nun in der Lage, jederzeit Energieverbräuche, Spannungsqualität und mehr abzufragen und zu analysieren.

Die Ergebnisse der Energieanalyse fließen von nun an in die Planung von Maßnahmen, in organisatorischen und technischen Maßnahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs ein. Wirtschaftlichkeit und der Effekt von Modernisierungen auf die damit verbundenen Instandhaltungsprozesse und die Anlagenverfügbarkeit werden in den Fokus gestellt.

Konkrete Maßnahmen

Bei einer Anlage mit 30 kW Pumpenantrieb (Kühlwasser, Heizung) konnte der Energieverbrauch bei Forumplast durch die Verwendung eines Klasse IE2 Motors um 5022,69 kWh (2962 kg CO 2) reduziert werden. Auch der Einsatz von Kompressoren steuerte einen erheblichen Beitrag zu den elektrischen Verlusten bei. Bei der Verwendung von drei Kompressoren (90 + 38 + 55 kW; durchschnittliche Leistung: 100 kW) erhielt man zunächst eine Kennzahl von etwa 12 kWh/m 3Luft. Durch entsprechende Maßnahmen, wie der Reduzierung der Leckagerate, Druckanpasssungen und einer optimierten Kompressorleistung, lies sich diese Kennzahl mit der Zeit auf rund 6 kWh/m 3optimieren. Dadurch war eine Einsparung von 32.000Euro möglich. Ein weiteres Energieeffizienzpotenzial stellte die Wärmerückgewinnung der Kompressoren dar. Durch die Nutzung der Abwärme der Kompressoren und die Einspeisung ins Heizungssystem, kann die Lagerhalle beheizt und der Bedarf an Heizöl nachhaltig reduziert werden.

Mit der Einführung eines EMS gemäß ISO 50001 lassen sich große Potenziale zur Effizienzsteigerung und Kostensenkung identifizieren und verbessern. Verbräuche werden transparenter und eine stetige Versorgungssicherheit ist gewährleistet. Durch den Einsatz eines verbesserten Energiemixes können Energieverträge entsprechend angepasst und optimiert werden. „Steuerliche“ Vorteile beeinflussen die Wirtschaftlichkeit zudem äußerst positiv. Des Weiteren untermauert ein EMS nachhaltig effektivere Prozesse.

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