Vor dem Hintergrund knapper werdender fossiler Rohstoffe suchen Verfahrenstechniker der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg nach neuen effizienten und nachhaltigen Produktionsrouten, mit deren Hilfe langkettige Kohlenwasserstoffe in Ausgangsstoffe für Farben, Lacke, Arznei-, Wasch- oder Reinigungsmittel umgewandelt werden können.
Kohlenstoffverbindungen als Ersatz für Erdöl
„Die meisten chemischen Produktionsprozesse basieren heute noch immer auf petrochemischen Rohstoffen, also letztlich auf Erdöl, welches langfristig zunehmend teurer werden wird und dessen Verwendung die Umwelt belastet“, erläutert Prof. Dr.-Ing. Kai Sundmacher vom Institut für Verfahrenstechnik der Universität. „Wir wollen anstelle von Erdöl nun langkettige Kohlenwasserstoffe einsetzen, die aus nachwachsenden Rohstoffen, zum Beispiel aus Sonnenblumen, gewonnen werden können.“
Um die chemischen Umwandlungsprozesse effizienter und umweltverträglicher durchzuführen, werden spezielle homogene Katalysatoren eingesetzt. Diese Katalysatoren schwimmen im Reaktionsgemisch und können jedes Rohstoffmolekül zielgerichtet in das gewünschte Produktmolekül umbauen.
Die Krux mit den Katalysatoren
Allerdings müssen die Katalysatoren nach ihrem Einsatz vom Produkt getrennt werden. Dieses Recycling ist aus ökonomischen Gründen notwendig, weil die eingesetzten Katalysatoren aus hochwertigen Metallen (beispielsweise Rhodium) sowie aus komplexen organischen Strukturen (Liganden) bestehen.
Es sei eine große Herausforderung, die eingesetzten Katalysatoren vollständig zurückzugewinnen, so Sundmacher. „Dies kann gelingen, indem man schaltbare Lösungsmittel verwendet, die bei Abkühlung in zwei flüssige Phasen zerfallen. In der einen Phase reichert sich dann das Zielprodukt an, in der anderen Phase der Katalysator“, führt Professor Sundmacher aus.
Produktionsprozess nachhaltiger Rohstoffe optimieren
Im Institut für Verfahrenstechnik der Universität Magdeburg wird zurzeit in einem neuartigen Versuchsreaktor untersucht, wie die Reaktionspartner, der Katalysator und das Lösungsmittel in den Produktionsprozess eingespeist werden müssen, um eine optimale Ausbeute an Produkt zu erhalten. Der Versuchsreaktor wurde in Kooperation mit der TU Dortmund entwickelt und ist Teil einer Anlage, in welcher der gesamte Produktionsprozess nachgestellt wird.
Diese Anlage im Kleinformat macht es den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern möglich, den Ablauf der chemischen Reaktion, die Stabilität des homogenen Katalysators und die Effizienz der schaltbaren Lösungsmittelsysteme realitätsnah zu bewerten. Die an der Anlage gewonnenen Erkenntnisse bilden die Grundlage für eine spätere Überführung des neuartigen Produktionsprozesses in die industrielle Anwendung.
Aus der Forschung für industrielle Prozesse
„Langfristig wollen wir eine Methodik entwickeln, mit der man auf Basis von Computersimulationen die optimale Prozesskonfiguration, die intelligenteste Betriebsführung und das beste Lösungsmittel vorausberechnen kann. Damit könnte man die Prozessentwicklung insgesamt stark beschleunigen und die Experimente so planen, dass man den größtmöglichen Informationsgewinn erzielt“, erklärt der Magdeburger Koordinator des Projekts, Prof. Dr.-Ing. Kai Sundmacher.