Embedded-Lösungen müssen immer leistungsfähiger und dabei gleichzeitig auch immer kleiner werden – das ist inzwischen keine neue Herausforderung, sondern schon quasi ein Standard. Darüber hinaus ergeben sich aus den unterschiedlichsten Gründen immer neue Anforderungen an die Entwicklung. Diese entsprechen in ihrer Vielfalt und Unterschiedlichkeit in etwa der Breite des Embedded-Marktes – wenig überraschend wenn man bedenkt, dass sich hier die unterschiedlichsten Unternehmen tummeln.
Immer schneller, immer komplexer
So sieht Christian Lang, Leiter Marketing bei DSM Computer beispielsweise die Definition und das passende Angebot von Building Blocks sowohl im Board- als auch im System-Bereich als eine große Herausforderung. Ergänzend dazu nennt er immer neue Anwendungsgebiete. „Eine weitere Herausforderung ist die Entwicklung von Embedded-Lösungen für Zukunftsmärkte wie Home Automation, Energietechnik oder Internet of things, die noch am Anfang ihrer Bedeutung stehen“, so Christian Lang. Beim Board- und PC-Hersteller Fujitsu hat man die fortschreitende Miniaturisierung und das steigende Bedürfnis nach Fernzugriffen auf Systeme identifiziert. Darüber hinaus erklärt Peter Hoser, Director OEM Systemboard bei Fujitsu: „Eine gerade für mittelständische Hersteller schwierig zu meisternde wirtschaftliche Herausforderung ist der internationale Support, den Kunden im internationalen Embedded-Geschäft erwarten. Aber auch länderspezifische Zertifizierungen und Anforderungen erschweren einen internationalen Vertrieb enorm.“
Für Wolfgang Eisenbarth, Marketingleiter beim Modul-Hersteller und Distributor MSC besteht das größte Problem in den immer kürzer werdenden Produktzyklen der Prozessor-Hersteller bei gleichzeitig zunehmender Zahl von Prozessortypen und steigender Komplexität. Hier müssten die Modul-Hersteller immer schneller nachziehen. „Die Neuankündigungen erfolgen in immer kürzeren Zeitabständen, die einen Return-of-Invest durch die Vielzahl der Produkte und Anbieter immer schwieriger machen“, so Wolfgang Eisenbarth. „Dazu kommen noch die regelmäßigen Updates der Betriebssysteme. Die OEM-Anwender wünschen jedoch eine langfristigere Verfügbarkeit der Module und keine kurzen Produktzyklen.“
Die Komplexität sieht auch Wolfgang Heinz-Fischer, Marketingleiter beim Modul-Hersteller und Fertigungsdienstleister TQ als großes Problem – und als Chance. „Die Hardware wird immer komplexer und höher integriert. Damit werden die Designanforderungen immer höher, was letztendlich nicht mehr von jeder Firma umgesetzt werden kann. Das ist die Stunde der Embedded Module“, erklärt er.
Jürgen Kern, Geschäftsführer bei Netmodule, ergänzt das Problem der zunehmenden Komplexität noch um die Herausforderung der steigenden Vernetzung. „Das bedeutet, viele Geräte müssen ganz oder teilweise neu entwickelt werden, damit sie moderne Kommunikationstechnologien nutzen können“, so Jürgen Kern. „Hier ist hohe System-Design Kompetenz erforderlich, um neue Features wie beispielsweise Security, TCP/IPv6 , Webserver und WLAN von Anfang der Entwicklung an einzubeziehen.
Markttreiber Internet of things
Was sich in den letzten Jahren abgezeichnet hat, geht auch in diesem Jahr weiter: Das vor allem von Intel propagierte „Internet of things“ entwickelt sich weiter – mit tatkräfter Unterstützung von Embedded-Technologie. „Für die Embedded-Branche ist dies eine interessante Entwicklung mit viel Zukunftspotenzial, die sich im Moment allerdings noch sehr auf der Spezifikationens- und Softwareprotokollebene bewegt“, schränkt Wolfgang Eisenbarth ein. „Hier steht das Zusammenspiel von verschiedenen Systemen und die Sicherheit der Infrastruktur momentan noch ganz oben an“, führt er weiter aus. „MSC stellt Lösungen und erste Konzepte für den Aufbau von sicheren Systemen auf der Embedded World 2014 vor und demonstriert den aktuellen Stand der Möglichkeiten.“
Embedded-Knowhow gefragt
Auch Christian Lang ist vom Marktpotential des „Internet of things“ überzeugt. „Genau in diesen Anwendungen ist das Embedded Know-how gefragt“, so seine Einschätzung. „Im Zuge immer leistungsfähiger ARM- und x86 Bay Trail-Prozessoren mit wenig Leistungsaufnahme schließt sich die Lücke zwischen Wunsch und technischer & wirtschaftlicher Machbarkeit wahrscheinlich recht schnell.“
„Es sind zwei Bereiche, die zu lösen sind“, beschreibt Wolfgang Heinz-Fischer die Herausforderung. „Die „Endgeräte“ Internet-fähig zu machen wird ein wesentlicher Teil sein. Dabei kommen in der untersten Stufe, etwa in Sensoren, sicher kleinste Microcontroller zum Einsatz.“ Weiter erklärt er: „Wird mehr Leistung oder Funktionen verlangt, sind Embedded Systeme sicher eine Lösung. Darüber hinaus wird aber auch eine Kommunikationsinfrastruktur aufgebaut werden müssen, um die massiven Datenströme zu kanalisieren. Auch hier sind Embedded Systeme zielführend.“
„Das „Internet der Dinge“ erfordert ein Höchstmaß an Performance und sicherer Kommunikationsleistung, die zunehmend von Software realisiert wird“, erläutert Jürgen Kern. „Wired und Wireless IP ersetzen proprietäre Kommunikationsprotokolle. Die Vernetzung von intelligenten Geräten führt zu komplett neuen Diensten und Anwendungsfeldern, wie etwa Zugriff auf Prozessdaten, Statistiken jederzeit und von überall.“
Löst Software die Hardware ab?
In den letzten Jahren war zu hören, dass die Bedeutung von Hardware zurückgeht zu Gunsten der Software. Dem stimmt Wolfgang Heinz-Fischer nicht uneingeschränkt zu. „Das kann man von zwei Seiten sehen. Die Chiphersteller versuchen immer mehr Funktionen in Hardware abzubilden, um die Funktionen schneller und sicherer zu machen“, erläutert er. „Dazu zählen vor allen Dingen Security Features und Grafik-Codierung und -Decodierung sowie Grafik-Beschleunigung. Auf der anderen Seite wird der Anteil in einem Gesamtsystem immer Software-lastiger.“
„Dass Hardware immer generischer wird und damit die Software bestimmte Hardware-Funktionen übernimmt, wird durch Initiativen wie OpenCL als Ersatz von DSP oder zumindest der Nutzung der Grafik-Power in Prozessoren für Rechenaufgaben nachvollziehbar“, sagt Wolfgang Eisenbarth von MSC. „In der Umsetzung sind jedoch noch viele Anwender mit den neuen Möglichkeiten noch nicht warm geworden und setzen weiterhin auf traditionelle Lösungen. Die Zyklen hierzu sind nicht kurzfristig und auch abhängig an den Fähigkeiten, existierenden Programmcode auf neue Hardware zu portieren.“ Darüber hinaus sieht er in der Grafik- und Audiobeschleunigung eher einen gegenläufigen Trend.
„Mit der Einführung von neuen schnellen Multicore-CPUs wurden neue Möglichkeiten geschaffen, um per Software getrennt auf die Cores zuzugreifen“, erläutert Peter Hoser, Director OEM Systemboard bei Fujitsu. „Damit können zum Beispiel Überwachungsfunktionen realisiert werden, womit zusätzliche Hardware überflüssig wird. APUs mit geringer Leistungsaufnahme, die CPU und GPU integrieren, können via Open CL die Rechenleistung von teuren und energieaufwändigen CPUs ersetzen.“
Für Christian Lang hingegen ist der Trend weder neu noch überraschend. „Es ist doch viel einfacher, ein Software-Update über das Internet einzuspielen, als eine Hardware auszutauschen. Dazu sind aber auch die richtigen Hardware Building Blocks notwendig, denn mit Software alleine lässt sich keine Maschine steuern.“
Blick in die Glaskugel
Ein Ausblick auf die nächsten 12 Monate ist leicht getan, aber was kommt danach? Welchen Herausforderungen werden Entwickler in den nächsten drei bis fünf Jahren begegnen?
„Laut einer IDC-Studie aus dem Jahr 2012 wird die Anzahl der eingebetteten intelligenten Systeme bis 2016 bei einer jährlichen Zuwachsrate von 19 % auf 2,6 Milliarden ansteigen. Das schafft einen potenziellen künftigen Prototyp für die intelligente Stadt“, erklärt Oliver Utesch, Sales Director EmbCore Central Europe bei Advantech. „Intelligente Systeme spielen eine geschäftskritische Rolle für essentielle Anwendungen in den verschiedensten Branchen, wie beispielsweise bei der Kraftwerksautomatisierung oder der digitalen Beschilderung auf Flughäfen. Und da diese intelligenten Systeme oftmals an dezentralen Standorten implementiert werden, kommt es entscheidend auf ihre Zuverlässigkeit und Hochverfügbarkeit an.“
Zunehmende Vernetzung
Jürgen Kern sieht einen steigenden Bedarf nach Vernetzung und entsprechenden Kommunikationsinterfaces. „Einfache 8-bit Controller sterben in vielen Bereichen aus und werden durch „IP-fähige“ 32-bit Controller ersetzt. Damit gestaltet sich das Systemdesign anspruchsvoller“, erläutert er. Aus seiner Sicht sind Zuverlässigkeit und Sicherheit besonders wichtige Aspekt. „Um Schaden anzurichten, ist der physikalischer Zugang zum Gerät ist nicht mehr notwendig, vernetzte Geräte können von überall her erreicht werden“, sagt Jürgen Kern. Außerdem werden seiner Meinung nach immer mehr Aufgaben von Smartphones und Tablet PCs übernommen werden.
Effizienz weiterhin gefragt
Aus der steigenden Menge an Embedded-Systemen leitet Peter Hoser einen wichtigen Zukunftstrend ab: „Die Steigerung der Energieeffizienz wird eine langfristige Anforderung an neue Systeme bleiben, um die Betriebskosten der immer größeren Zahl an Embedded-Systemen im Griff zu behalten“, führt er aus. Christian Lang ergänzt dies um die Miniaturisierung und eine fortschreitende Verzahnung zwischen Hardware, Software und Mechanik. „Die Innovationszyklen werden noch schneller und es wird für die Anwender noch anspruchsvoller, die passende Lösung für ihre Anforderung auszuwählen“, lautet sein Fazit.
Es besteht Hoffnung
Ein wenig Mut macht das Statement von Wolfgang Eisenbarth, der davon ausgeht, dass das Leben für Entwickler leichter wird. „Intelligente Subsysteme, Module und Systeme entlasten Entwickler bei der Applikationsintegration“, erklärt er. „Die verbindenden Elemente angefangen vom passenden Kabel bis hin zur Softwareunterstützung werden ständig weiter entwickelt und perfektioniert. Kundenspezifische Anforderungen sind durch die Modifikation von Standardkomponenten und -systemen in kürzeren Zeiten umsetzbar und die Integration in die OEM-Applikation kann schneller erfolgen.“