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Digital Energy & Energieeffizienz Glühen wenn es günstig ist

Die glühenden Graphitelektroden benötigen nach dem Ausbau aus dem Ofen maximal zehn Tage um abzukühlen.

Bild: SGL Group
04.02.2016

Der Erhalt der Netzstabilität birgt große Herausforderungen. Eine Forschergruppe entwickelt technische Methoden, um die flexible Steuerung des Energiebedarfs in der Produktion zu ermöglichen. Die Höhe der Lastverschiebung soll möglichst exakt ermittelt und bewertet werden.

Strom wird in Zukunft immer weniger in Großkraftwerken erzeugt, sondern mittels erneuerbarer Energieträger. Er wird damit zunehmend abhängig von den herrschenden Wetterbedingungen. Im Zuge der Energiewende wächst dadurch die Herausforderung, Erzeugung und Verbrauch zu synchronisieren, um das im Stromnetz notwendige Gleichgewicht aufrecht zu erhalten. Eine Möglichkeit ist, die industrielle Nachfrage nach elektrischer Energie mit Hilfe der „Energieflexiblen Fabrik“ zu flexibilisieren. Diese wird im Forschungsverbund FOREnergy in Zusammenarbeit von 28 Unternehmen und vier Forschungsinstituten untersucht. Ziel ist die Entwicklung technischer Lösungen und Methoden, mit welchen die flexible Steuerung des Energiebedarfs in der Produktion ermöglicht wird. Viele Unternehmen können ihr Flexibilisierungspotenzial nicht genau quantifizieren. Daher ist es erforderlich, die Höhe des Lastverschiebungspotenzials und die zeitlichen Eigenschaften von Maßnahmen wie etwa deren Verweildauer möglichst genau zu ermitteln und zu bewerten. Gleiches gilt für die Kosten und Risiken sowie die Vergütungsmöglichkeiten. Die identifizierten Maßnahmen unterscheiden sich bezüglich des Zeitrahmens stark und können wenige Minuten aber auch einige Monate umfassen. So untersuchte der Forschungsverbund bei der Analyse der Graphitierungsöfen der SGL Group, einem internationalen Hersteller von Produkten aus Carbon, neben Maßnahmen zur stundenweisen Lastverschiebung auch die Möglichkeit der Verschiebung um mehrere Monate.

Zur Herstellung von graphitierten Kohlenstoffkörpern (Halbzeugen), die ohne Qualitätsverlust unbegrenzt gelagert werden können, werden große Energiemengen benötigt. Deshalb wurden Untersuchungen durchgeführt, diese Halbzeuge als Produktspeicher zu nutzen. Um Potenziale bei der Energiekosteneinsparung zu identifizieren, analysierte der Forschungsverbund die Preisverläufe auf dem Spotmarkt. Er stellte in den letzten drei Jahren Hochpreisphasen im November und Dezember sowie Februar fest. Dagegen gab es Tiefpreisphasen zwischen März und Mitte Mai, Juni bis Mitte August sowie einen jährlichen Preisverfall zwischen Weihnachten und Neujahr. Die Forscher untersuchten die Möglichkeit eines Produktionsstillstands von Mitte November bis Mitte Dezember, da in diesem Zeitraum die höchsten Jahrespreise existieren.

Optimum der Lagermengen

Das Szenario umfasst den Produktionsstillstand mit einer Vorproduktion (Juni bis August) und einer Nachproduktion im Folgejahr (März bis Mai). Für diese Untersuchung müssen zunächst die Lagerbestände geprüft werden. Je nach Lagerbestandsmengen kann in Abhängigkeit von den aktuellen Strompreisen der Anteil der Vor- und Nachproduktion festgelegt werden. Das Optimum der Lagermengen liegt bei einer jeweils 50-prozentigen Vor- und Nachproduktion. Bei dieser Aufteilung ist die maximale Lagerbestandsveränderung am geringsten. In der aktuellen Betrachtung wählten die Forscher für den Produktionsstillstand einen kurzen Zeitraum von längstens 30 Tagen. Dies hält Auswirkungen auf vor- und nachgelagerte Produktionsprozesse, Lagerbestände und Personalplanungen möglichst gering. Im Gegensatz dazu ist bei der Vor- und Nachproduktion ein längerer Zeitraum von zirka 150 Tagen von Vorteil. Dadurch ist die verlagerte Produktion einfach in die Planung integrierbar. Zusätzlich können täglich oder wöchentlich auftretende Strompreisschwankungen weiterhin genutzt werden.

Bei einer Lastverschiebung fallen zusätzliche fixe Planungskosten für Produktionsneuplanungen sowie variable Kapitalkosten an. Diese entstehen aufgrund von Bestandsveränderungen und Materialwerten der Läger. Für die Ermittlung der Kapitalkosten sind die Lagerbestandsveränderungen und die Produktionsprozesse einzubeziehen: Im betrachteten Fall sind die Produktionsprozesse aufeinander abgestimmt. Außerdem sind für die Vor- und Nachproduktion ausreichend Lager­bestände vorhanden, sodass eine Anpassung der vor- und nachgelagerten Prozesse nicht notwendig ist.

Durch die Veränderung der Produktionsmengen in der Graphitierung ergeben sich gegenläufige Lagerbestandsveränderungen. Dabei werden Überkapazitäten während der Vor- und Nachproduktion beziehungsweise der Produktionsstillstand während der Verschiebung genutzt. Bei der Aufsummierung der Lagerbestandskosten fallen diese aufgrund gegenläufiger Entwicklungen nur im geringen Ausmaß an. Sie werden maßgeblich durch die Differenz der Materialwerte der zugehörigen Läger, den Anteil der Vorproduktion sowie die Höhe der Planungskosten beeinflusst.

Deutliche Einsparung

Um einen konkreten Zahlenwert für Einsparungen an Energiekosten zu erhalten, wird die zu verschiebende Energiemenge als Leistungskurve über die Produktionsdauer in Megawattstunden (MWh) aufgenommen. Daraus errechnet sich der stündliche Durchschnitt. Mithilfe dieses Wertes lassen sich die Energiemengen mit den stündlichen Spotmarktpreisen bewerten. Für das beschriebene Szenario ergeben sich im Durchschnitt 31 Euro pro MWh für den Vorproduktions- und 29 Euro pro MWh für den Nachproduktionszeitraum. Im Vergleich dazu wären im betrachteten Zeitraum des Produktionsstillstands Energiekosten in Höhe von durchschnittlich 41 Euro pro MWh angefallen. Insgesamt ergibt sich eine Differenz von rund elf Euro pro MWh. Dies ist eine theoretische Einsparung von insgesamt 2,5 Prozent bezogen auf die Jahresenergiekosten. Die Erfahrungen aus dem Projekt FOREnergy zeigen, dass in vielen Unternehmen ein hohes Potenzial für energieflexibles Verhalten vorhanden ist. Die entstehenden Kosten verhalten sich jedoch gegenüber den vorhandenen Vergütungssystemen am Strommarkt kaum kostendeckend, sodass ein energieflexibles Verhalten derzeit nur zu einem Imagegewinn führt. Zur zukünftigen Unterstützung der Netzstabilität wären weitere monetäre Ansätze für produzierende Unternehmen wünschenswert. Neben dem Ausgleich der Kosten würden ein Attraktivitäts- und Risikozuschlag den Anreiz erhöhen.

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