Landläufig haftet dem Controlling das Image an, lediglich ein Instrument der Kontrolle zu sein. Tatsächlich aber verbirgt sich dahinter eine andere Aufgabenstellung, was sich bei näherem Hinsehen auch bereits sprachlich darstellt. Denn die Bezeichnung Controlling leitet sich aus dem englischen Begriff to control ab, der übersetzt steuern oder regeln meint. Insofern handelt es sich beim Controlling generell und damit auch für den Produktionsbereich um ein Steuerungsinstrument. Der Nutzen des Produktionscontrollings besteht vor allem darin,
die Fertigungsprozesse transparenter zu machen, um mögliche Schwächen und Optimierungspotenziale zu identifizieren sowie
Risiken bereits in ihrer Entstehung zu erkennen, damit im Bedarfsfall frühzeitig steuernd eingegriffen werden kann.
Konkret bedeutet dies, dass die Performance der Produktion hinsichtlich ihrer Kosteneffizienz, Qualität, Termingenauigkeit, Flexibilität und so weiter ermittelt wird. Aus diesen Erkenntnissen lassen sich sowohl der Leistungsstatus als auch Verbesserungspotenziale ableiten. Gleichzeitig wird darüber die Möglichkeit eröffnet, einen Vergleich mit anderen Produktionsstandorten im Unternehmensverbund vorzunehmen. Derzeit bestehen nach einer Erhebung der Felten Group dafür meistens jedoch noch nicht die Voraussetzungen. So ist aktuell nicht einmal jedes fünfte Fertigungsunternehmen nach eigener Einschätzung in der Lage, ein bedarfsgerechtes Produktionscontrolling durchzuführen. Häufig fehlt es vor allem an methodischen Verfahren und technischer Unterstützung, auch die Kennzahlensysteme sind oft nicht ausreichend. In drei von fünf Fällen mangelt es auch an einer technischen Unterstützung und Analyseverfahren, um die Leistungswerte der Produktion messen und für Optimierungsmaßnahmen auswerten zu können. Vielfach ist nicht einmal ausreichend bekannt, welche technischen Anforderungen für ein systematisches Produktionscontrolling erfüllt sein müssen.
Bausteine zur Leistungsmessung
Zu den Kernanforderungen eines Produktionscontrollings gehört zuvorderst, dass von dem unterstützenden System standardmäßig etablierte Kennzahlen bereitgestellt werden, die sich in Gruppen einteilen lassen. Dazu gehören insbesondere die Produktionszeit, das Verhältnis von Schicht- und Produktionszeit, die Relation von maximal möglicher und effektiver Produktionszeit sowie Anzahl der Mitarbeiter pro Schicht oder Auftrag in Stunden. Diese Kennzahlen sollten mittels Filter nach Auftragsnummern, Schichten, Zeiten und so weiter differenzierbar und in Web-Masken oder Reports darstellbar sein. Außerdem bedarf es der Möglichkeit, die Kennzahlenformeln eigenständig zu modifizieren beziehungsweise neu zu erstellen. Eine klassische Kennzahl stellt dabei die OEE (Overall Equipment Effectiveness) dar.
Von ebenso großer Bedeutung für das Produktionscontrolling sind Maschinenlaufdiagramme. Hierüber lassen sich die Stillstände einer Produktionseinheit grafisch in einem Gantt-Diagramm präsentieren. Dabei müssen allerdings auch die Fehler der vor- und nachgeschalteten Maschinen berücksichtigt werden, um zu klaren Erkenntnissen der Stillstandursachen zu kommen. Sinnvoll ist zudem, dass neben den Maschinenstillständen auch die daraus errechneten Linienstillstände angezeigt werden und ob der Stillstand einer einzelnen Maschine den Produktionsstillstand der kompletten Linie verursacht hat.
In Zusammenhang damit stehen die Störstatistiken als weitere funktionale Anforderung an ein Produktionscontrolling. Mit ihrer Hilfe werden Stillstandgründe, deren Häufigkeit und die Stillstanddauer angezeigt. Die Störstatistiken sollten sich für bestimmte Zeitkonten, Zeitbereiche und Aufträge erstellen lassen. Zur weiteren Detaillierung sollten Produktionslinien, Maschinen sowie Sortierungen auswählbar sein. Basis einer effizienten Stillstandanalyse ist das Erfassen und Kategorisieren aller Unterbrechungen einer Produktionslinie, die durch geplante und nicht geplante Ereignisse hervorgerufen werden. Im Ereignisfall werden diese Signale automatisch vom System erkannt, mit einem Zeitstempel versehen und der entsprechenden Kategorie zugeordnet. Zur Downtime-Analyse stellt das System dann Stillstände und Störungen in unterschiedlichen Diagrammen, Stillstandlisten und Statistiken dar.
Informationen in Grafiken
Trendanalysen als weiterer Controlling-Baustein wiederum dienen dem Ziel, die vorangegangenen Produktionsprozesse auszuwerten und auf dieser Basis qualifizierte Informationen für sichere Unternehmensentscheidungen zu liefern. Mit Hilfe eines Data Gathering Systems (DGS) können hierfür die in unterschiedlichen Automationszellen und Datenbanken verfügbaren Informationen gezielt ausgelesen, personifiziert aufbereitet und in übersichtlichen Grafiken dargestellt werden.
Eine weitere Komponente stellt das Reportmanagement dar. In dessen Verantwortung steht, dass die vom System generierten Daten mit Hilfe eines Report-Designers über Grafiken, Tabellen oder Charts in Reports dargestellt werden. Dazu gehören Wiege- und Herstellprotokolle ebenso wie Kennzahlen-, Schicht-, Tages- und Störungsreports. Aber auch Barcode-Label und Reports zur Mitarbeiterauslastung und den Betriebsstunden sind relevant. Deren Umfang und Ausführungszeitpunkte sollten sich individuell festlegen lassen, da ihre Bereitstellung wesentlich davon abhängig ist, in welcher Weise die Reports als Instrument zur Leistungsoptimierung und für Managemententscheidungen eingesetzt werden sollen.
Letzter für ein Produktionscontrolling notwendige Baustein ist das Cockpit für die übersichtliche Präsentation der relevanten Kennzahlen: Durch eine Konfiguration wird festgelegt, welche Art von Daten und Diagrammen dargestellt werden sollen. Dargestellt werden in der Regel Auftrags- oder Kostenstellen-bezogene Daten von Störungen, Stillständen, Kennzahlen sowie Betriebsart und aktueller Produktions-Ist-Stand. Dem Gedanken der Kontinuierlichen Verbesserungsprozesse (KVP) folgend ist es hilfreich, dass sich in den Diagrammen einzelne Kontroll- oder Verbesserungsmaßnahmen definieren lassen. Sie werden anschließend zur Umsetzung in die Verantwortung definierter Teams gegeben.
Eine zentrale und sehr verbreitete Kennzahl im Produktionscontrolling stellt die Overall Equipment Effectiveness (OEE) dar. Ihr wesentlicher Nutzen besteht darin, dass die Kennzahl zur Produktionseffizienz eine klare Auskunft darüber gibt, welches Leistungslevel in der Fertigung besteht. Liegt sie unterhalb von 65 Prozent, weist die Produktion einen hohen Verbesserungsbedarf auf, weil eine unterdurchschnittliche Nutzung der verfügbaren Kapazitäten besteht. Dagegen gehören Produktionsunternehmen in ihrer Leistungsfähigkeit zur Weltspitze, sofern sie einen OEE-Wert oberhalb von 85 Prozent erreichen.
Der Grundgedanke dieser Kennzahl resultiert aus Methoden, die auf eine systematische Verringerung von Verlusten in der Produktion durch KVP abzielen. Dazu zählt insbesondere das Total Productive Management (TPM). Die OEE stellt dafür eine Kennzahl bereit, anhand derer sich objektiv der Fortschritt in der Effizienzoptimierung darstellen lässt. Somit stellen die KVP-Methoden und die OEE ergänzende Methoden dar, weil sie gemeinsam die Grundlage zur Eliminierung von Verlustquellen schaffen. Denn während die OEE den Effizienzstatus benennt und Hinweise auf Verlustquellen gibt, bietet TPM die Hebel für gezielte Verbesserungen.
TPM stößt Optimierung an
Das Produktionscontrolling stellt ein Instrument dar, um mögliche Leistungsschwächen in der Fertigung zu identifizieren und daraus Optimierungsmaßnahmen ableiten zu können. Dafür bedarf es verschiedener funktionaler Bausteine, die den gesamten Prozess von der umfassenden Analyse bis zur Präsentation der entscheidungsrelevanten Ergebnisse abbilden. Eine wichtige Rolle spielt für das Produktionscontrolling die inzwischen breit etablierte OEE. Als Kennzahl zur Effizienzbewertung von Produktionsanlagen identifiziert sie Optimierungspotenziale, die anschließend über TPM aktiviert werden.