Wie kommen Energie und Signale zum Schaltgerät? Neben der bekannten und bewährten Lösung der Leitungsverbindung, kommen in der Prozessindustrie zunehmend kabellose, funkgebundene Systeme zum Einsatz. Die Anpassung dieser Technologie an die Anforderungen des Explosionsschutzes stellt die Entwickler vor Herausforderungen, die inzwischen aber als gelöst gelten dürfen.
In explosionsgefährdeten Bereichen gelten besonders hohe Anforderungen an die Schnittstelle von Schaltgerät und Leitung: Die Kabeleinführungen und Steckverbindungen müssen ex-gerecht ausgeführt sein. Bei beweglichen Maschinenelementen müssen besondere Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, um zum Beispiel eine elektrische Aufladung der Komponenten zu vermeiden. Die bisherigen Lösungen – ex-gerechte Steckverbindungen, Schaltgeräte mit Anschlussräumen, ex-konforme Schleifleitungen und Drehdurchführungen – erforderten konstruktiven Aufwand und mitunter auch hohen Kostenaufwand.
Es bestand der Wunsch, wie auch in anderen Bereichen der Industrie, kabellose (Funk-)Technologien einzusetzen. Diese standen aber zunächst nicht zur Verfügung und waren nicht ohne Weiteres auf den sensiblen Einsatzbereich des Explosionsschutzes adaptierbar. Als Hersteller von hochwertigen Schaltgeräten für die Prozesstechnik und als Spezialist für kabellose Schaltgeräte sah sich das Unternehmen Steute Schaltgeräte aufgefordert, den Wunsch der Anwender zu erfüllen und eine Technologie zu entwickeln, die alle nötigen Voraussetzungen für den sicheren und normenkonformen Einsatz von kabellosen Industrie-Schaltgeräten in explosionsgefährdeten Bereichen mitbringt.
Energieautarke Schaltgeräte
Zu diesen Voraussetzungen gehört der geringe Energiegehalt der Funksignale, die keinesfalls als Zündquelle wirken dürfen. Aus diesem Grund bot sich eine Technologiebasis als Plattform an, die das Energy Harvesting nutzt und die sowohl in der Gebäude- als auch in der Industrieautomation bereits weit verbreitet ist.
Diese Technologiebasis steht mit dem EnOcean-Funkprotokoll zur Verfügung, bei dem die zum Senden des Funksignals nötige Energie von einem elektrodynamischen Energiegenerator erzeugt wird: Die kinetische Energie, die beim Betätigen des Schaltgeräts frei wird, setzt der Energiegenerator in elektrische Energie um. Durch diese Methode der Energiegewinnung können die Schaltgeräte ohne Batterien arbeiten und sind kabellos und wartungsfrei. Das Signal arbeitet mit geringer Energie und zugleich mit hoher Übertragungs- und Störsicherheit. Dafür sorgen zum Beispiel sehr kurze Telegramme mit entsprechend kleinem Duty Cycle. Eine individuelle 32-Bit-Identifikationsnummer schafft die Voraussetzung dafür, dass mehrere Schaltgeräte in einem Sendebereich arbeiten können. Auch die Unempfindlichkeit der Signalübertragung gegenüber Signalen aus anderen Funknetzen wie DECT, WLAN etc. ist gewährleistet. Die maximalen Reichweiten sind 30 Meter in Gebäuden und 300 Meter im Freifeld.
Die Signalübertragung erfolgt im lizenzfreien SRD-Band (Short Range Devices) bei 868 MHz mit einer Übertragungsleistung von 10 mW. Bei Betätigung des Schaltgeräts wird sofort ein kurzes Telegramm gesendet, das der Funkempfänger – der in der Regel im Schaltschrank untergebracht ist – verarbeitet. Das Signal funkt also aus dem Ex-Bereich heraus. Das hat den Vorteil, dass die Empfangseinheit nicht den Anforderungen des Explosionsschutzes entsprechen muss. Die Schalter mit der Wireless Ex“-Technologie sind in die Zündschutzart eigensicher eingruppiert und gemäß EN 60097-11 für das Schutzniveau ib ausgelegt. Damit können sie in den Gas-Ex-Zonen 1 und 2 eingesetzt werden. Für die Verwendung in den Staub-Ex-Zonen 21 und 22 wurden sie gemäß EN 61241-11 für die Zündschutzart ib D21 konzipiert. Die EG-Baumusterprüfbescheinigung einer benannten Stelle wurde erteilt.
Mittlerweile steht ein breites Programm an Ex-Funkschaltgeräten in verschiedenen Bauformen zur Verfügung, unter anderem als Positions-, Seilzug- und Fußschalter. Darüber hinaus gibt es mehrere Baureihen von kabellosen Befehlsgeräten für explosionsgefährdete Zonen.
Die „Wireless-Ex“-Schaltgeräte können zum Beispiel zur Endabschaltung, als Signalgeber oder auch für Security-Aufgaben in explosionsgefährdeter Umgebung eingesetzt werden. Eine Besonderheit sind die Bedieneinheiten, die diese Technologie nutzen. Sie lassen sich flexibel an beliebiger Stelle montieren und demontieren.
Auswahl von Tastern und Wahlschaltern
Zu den bisher realisierten Anwendungen gehören die Überwachung der Ventilstellung in dezentralen Gaspumpstationen, die Betätigung von Pulverbeschichtungslanzen sowie die Abfrage der Ventilstellung von Verladearmen in den Abfüllstationen und Verladebahnhöfen der Petrochemie. Zum Programm gehören Gehäuse für ein, zwei und drei Bedienelemente, wobei der Maschinenbauer aus einer großen Auswahl von Tastern und Wahlschaltern wählen kann. Somit kann man nicht nur in der allgemeinen Automatisierungs- und Prozesstechnik, sondern auch in explosionsgefährdeten Bereichen von den Vorteilen der „Wireless-Ex“-Technologie profitieren.