Strom und Wärme für Gebäude KWK: Jetzt erst recht!

Frankfurter Abend (von links): Cord Müller (Geschäftsführer der Stadtwerke Aalen), Hans Hermann Freischlad (Vorstandsmitglied Bundesverband für Kraft-Wärme-Kopplung B.KWK), Moderator Prof. Dr.-Ing. Viktor Grinewitschus (EBZ Business School Bochum), Hans-Lothar Schäfer (Vorsitzender der Geschäftsführung Techem) und Matthias Wagnitz (Zentralverband SHK)

Bild: Techem
20.05.2015

Wer könnte ernsthaft gegen Kraft-Wärme-Kopplung sein? Anscheinend die Politik, die an einem KWK-Gesetz bastelt, das die Kombination aus Strom- und Wärmeerzeugung in der Praxis stranguliert. Warum das so ist und wie es in der Praxis dennoch weitergehen kann, diskutierten Vertreter von Wärme- sowie Gebäudetechnikbranche und des Handwerks am Rande der ISH.

Es ist was faul im Staate Deutschland: „Seit sieben oder acht Jahren verbessert sich die Energieeffizienz der Gebäude nicht mehr merklich“, weiß der Vorsitzende der Techem-Geschäftsführung Hans-Lothar Schäfer aus den über Jahre herausgegebenen Energiekennwerte-Studien seines Unternehmens. Seine Erklärung dafür: „Ein wesentlicher Stellhebel, der schnell wirken würde, nämlich die Verbesserung der Heizungsanlagentechnik, wird nicht genutzt.“

Noch einen Schritt weiter als beim bloßen Austausch veralteter Brennkessel geht man mit der Kopplung von Wärme- und Stromerzeugung. Auf die Formel „Reine Wärmeerzeugung ohne KWK verbrennt Geld um Wärme zu erzeugen, KWK verdient dank Stromerzeugung Geld oder senkt die Nebenkosten“, brachte es Hans Hermann Freischlad, Vorstandsmitglied im Bundesverband für Kraft-Wärme-Kopplung B.KWK, ebenfalls auf der Techem-Diskussionsveranstaltung am Rande der ISH in Frankfurt zum Ausdruck. „Wer nur den Kessel austauscht, spart zwar, aber erreicht selten Kostenneutralität“, was dagegen leicht durch KWK gelinge.

Doch leider gebe es Stimmen in Politik, so der Eindruck des Techem-Chefs Schäfer, die mit dem Blick auf das Jahr 2050, in dem konventionelle Energien womöglich weitgehend von erneuerbaren verdrängt sein werden, schon heute die Kraft-Wärme-Kopplung als „konventionelle“ Energie nicht mehr fördern wollen. „Dabei können KWK und BHKW enorm viel zur Steigerung der Energieeffizienz in den nächsten Jahren beitragen“, erklärt Schäfer und fordert, dass die Politik KWK auf keinen Fall behindern sollte.

KWK passt zu Deutschland

Vorteile zählen ihre Befürworter ja zahlreich auf: Der KWK-Spezialist von Techem, Dr. Thomas Liebernickel, etwa führte die hohe Effizienz dank Abwärmenutzung und des dadurch gegebenen hohen Gesamtwirkungsgrads an. Die hohe Flexibilität im Einsatz zumindest in Kombination mit Wärmespeichern zur Pufferung wiederum hat positive Auswirkungen auf die Netzstabilität und entlastet die Übertragungsnetze. Und als „typische Mittelstandstechnik“ (Schäfer) passe Kraft-Wärme-Kopplung gut zu Deutschland, sei also auch industriepolitisch sinnvoll.

Doch ist die löbliche Technik nicht ohne praktische Herausforderungen: Es gilt, den Betrieb kontinuierlich zu überwachen, beispielsweise darf die Rücklauftemperatur nicht zu hoch sein, sonst kann ein BHKW nicht mehr kühlen. „Wir heizen mit dem Wasser, das ein BHKW zur Notkühlung braucht“, spitzte Matthias Wagnitz zu, Referent für Energie- und Wärmetechnik des ZVSHK (Zentralverband Sanitär Heizung Klima). Kommt es zu warm zurück, funktioniere die Anlage nicht. In diesem Zusammenhang ist eine zentrale Herausforderung die Qualifikation der Handwerker. Denn wer sich allein mit Heizungen auskennt, dem fehlt noch das Wissen auf der Stromseite Häufig kooperieren deswegen SHK-Betriebe mit Elektrobetrieben, wenn kein eigener Elektromeister vorhanden ist.

Und nicht nur Planung und Auslegung der komplexen Anlagen, die je nach Haustyp und -größe völlig unterschiedlich ausfallen können, sei sehr aufwendig und kostenintensiv, auch der qualifizierte Betrieb: Soll die Anlage strom- oder wärmegeführt arbeiten? Wird sie auf lange Betriebsdauer oder zur gezielten Spitzenlastabdeckung ausgelegt?

Fernüberwachung sinnvoll

Auch eine regelmäßige Wartung sei noch wichtiger als bei Wärmekesseln: „Wenn ein Brenner ausfällt, meldet sich der betroffene Bewohner, aber wenn die Stromerzeugung ausfällt, merkt das nicht unbedingt jemand“, sagte Wagnitz. Daher kann Fernüberwachung sinnvoll sein. Insbesondere was die Wartung betrifft gelten aufgrund der eingesetzten Motoren maschinentypische Vorgaben: „Eine KWK-Anlage ein Jahr lang nicht warten zu lassen ist fahrlässig“, warnte Wagnitz. Lebensdauer und auch die Rentabilität der Anlage hängen davon ab.

Anspruchsvolle Bürokratie

Doch BHKW sind nicht nur technisch, sondern auch administrativ anspruchsvoll, was immerhin Contractoren ein Geschäftsfeld eröffnet, denn „mehr Komplexität führt generell zu mehr Outsourcing“, ist Schäfer überzeugt. „Contracting ist eine Dienstleistung die diese Komplexität nutzen hilft.“

Vielleicht geht es aber auch ohne: „Wenn man mit einer Checkliste an die Anlagen geht, ist auch die Bürokratie kein Problem“, ist die Überzeugung von Hans Hermann Freischlad, der auch ein Ingenieurbüro betreibt. Unter dem Strich gelte jedenfalls: „KWK ist praktisch überall wirtschaftlich, wo man den Strom vor Ort nutzen kann.“

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