Mit steigender Zahl an Hybrid- und Elektroautos auf den Straßen stellen sich viele neue Fragen. Fahrzeuge mit Lithium-Ionen-Traktionsbatterien sowie weiteren verbauten Hochvoltkomponenten bringen eine Reihe von besonderen Herausforderungen und damit verbunden Fragestellungen mit sich. Das gilt nicht nur im Blick auf die Diagnose, Wartung und Reparatur in der Werkstatt oder auf die Fahrzeugprüfung im Rahmen der regelmäßigen Hauptuntersuchung. Auch das Verhalten der elektrisch angetriebenen Fahrzeuge bei Unfällen ist ein wichtiges Thema.
Angesichts der noch geringen Zulassungszahlen von Hybrid- und Elektrofahrzeugen überrascht es nicht, dass auch schwere Unfälle mit Beteiligung solcher Fahrzeuge bisher vergleichsweise selten vorkommen. Dennoch müssen sich Polizeibehörden, medizinisches Rettungspersonal, Abschleppdienste und nicht zuletzt die Feuerwehren auf solche Szenarien vorbereiten: Müssen etwa Techniken angepasst werden, um eingeschlossene Personen aus einem Unfallfahrzeug zu befreien? Und was kommt speziell im Fall eines Fahrzeugbrandes auf die Feuerwehren zu?
Ob ein solches Feuer mit denselben Mitteln bekämpft werden kann wie der Brand eines konventionellen Fahrzeugs, ob Wasser das richtige Löschmittel ist, ob und unter welchen Umständen womöglich Explosionsgefahr besteht - zu all diesen Fragen gab es bisher viele Diskussionen und teils wilde Gerüchte, jedoch kaum fundierte Informationen. Brandversuche hatten in der Vergangenheit im Wesentlichen auf Basis einzelner Zellen stattgefunden. Aussagekräftige veröffentlichte Versuche mit ganzen Batteriepacks fehlten. In Zusammenarbeit mit einem Fahrzeughersteller führten Dekra-Experten im Sommer 2012 mehrere Brandversuche mit Lithium-Ionen-Traktionsbatterien durch.
Antriebsbatterien in Brand gesetzt
In der Versuchsreihe wurden drei identische Antriebsbatterien eines aktuellen Elektrofahrzeugs unter kontrollierten Bedingungen in Brand gesetzt und anschließend mit unterschiedlichen Löschmitteln gelöscht. Das Ziel war, herauszufinden, wie sich die Batterien beim Brand und während des -Löschens verhalten, welche Mengen an Löschmittel notwendig sind und welche Art von Löschmittel welche Wirkung erzielt.
Im Versuchsaufbau wurden die Batterien entsprechend ihrer Einbaulage im Fahrzeug in speziell gefertigten Rahmenhalterungen fixiert. Zwei Seiten des Rahmens waren jeweils geschlossen, um die Längsträger des Fahrzeugs zu simulieren. Entzündet wurden die Batterien mit jeweils 45 Litern n-Heptan in einem Behälter unter der Rahmenhalterung. n-Heptan ist mit Benzin vergleichbar.
Jeder Akku war mit insgesamt sechs Temperaturfühlern am Batteriegehäuse ausgestattet. Während des Löschens wurde in allen drei Versuchen außerdem die benötigte Löschwassermenge gemessen. Die Versuche wurden mit hochauflösenden Video-Aufnahmen sowie fotografisch dokumentiert.
Nach mehreren Minuten in den Flammen begannen die Batterien jeweils eigenständig zu brennen. Dabei war die Flammen- und Rauchentwicklung zunächst deutlich geringer als bei brennendem Benzin. Während der Beflammung erreichten die Temperaturen zwischen 700 °C und 800 °C. Beim anschließenden eigenständigen Brennen gingen die Temperaturen zurück. Der Überdruck, der im Inneren der Batterien durch die große Hitze entstand, wurde mehrmals durch die eingebauten Überdruckventile nach außen abgeleitet. Dabei entstanden kleinere Stichflammen, die aber ihrerseits hinter der Intensität eines Benzinbrandes im konventionell angetriebenen Fahrzeug zurückblieben. Die Temperatur dieser Flammen erreichte kurzfristig rund 1300 °C.
Es zeigte sich wie erwartet, dass die Gefahr einer schnellen Brandausbreitung auf benachbarte Objekte deutlich geringer ist als bei konventionellen Kraftstoffen. Das sonst als kritisch einzustufende Wegfließen brennender Flüssigkeiten kommt bei Batterien nicht vor. Auch kam es zu keinen Explosionen.
Löschversuch mit Wasser
Alle drei Brände wurden von demselben erfahrenen, voll ausgerüsteten Feuerwehrmann gelöscht. Im ersten Versuch der Reihe wurde der Batteriebrand ausschließlich mit Wasser bekämpft, dem von Feuerwehren weltweit am häufigsten eingesetzten Löschmittel. Nach weniger als einer Minute zeigte das Wasser Wirkung, die Flammen waren gelöscht. Allerdings kam es im Anschluss daran zu einem selbstständigen Aufheizen der Batterie. Dies führte letztendlich zu einer Rückzündung, die eine erneute Brandbekämpfung erforderlich machte. Daraus ist die Schlussfolgerung zu ziehen, dass nach dem eigentlichen Löschen das Fahrzeug beziehungsweise das Batteriegehäuse ausdauernd nachgekühlt werden muss. Im Versuch dauerte der gesamte Löschvorgang in der Summe über 17 Minuten. Alles in allem lässt dieser erste Versuch einen deutlich größeren Löschwasserbedarf erwarten, als es zum Löschen konventioneller Pkw erfahrungsgemäß erforderlich ist - zumal bei einem realen Fahrzeugbrand weniger direkte Kühlungswirkung zu erzielen sein wird. Denn wenn die Batterie im Fahrzeug eingebaut ist, wird das direkte Kühlen des Batteriegehäuses mit Wasser nicht so möglich sein wie im Dekra-Brandversuch mit der einzelnen Batterie.
Versuche mit Löschwasserzusätzen
Bei den beiden Folgeversuchen wurden dem Löschwasser zwei Zusätze beigemischt (Details siehe Kasten S. 66), um die Lösch- und Kühlwirkung zu erhöhen. Eines der beiden Löschmittel bildet in der Mischung mit Wasser ein Gel, das im Gegen-satz zu reinem Wasser nicht einfach abfließt, sondern auf dem brennenden Stoff haften bleibt. Auf diese Art steigt die Kühlwirkung im Vergleich zum Löschen mit Wasser deutlich.
Der zweite Löschmittelzusatz wirkt, indem er unter anderem die Oberflächenspannung des Wassers herabsetzt und so die Verdunstungsrate erhöht. Dadurch wird auch mit diesem Stoff die Kühlwirkung spürbar gesteigert. Beide Zusätze zeigten in den Brandversuchen sehr gute Löschwirkungen. Es war deutlich weniger Wasser nötig, um den Batteriebrand zu löschen. Auch die erforderliche Zeit war in beiden Folgeversuchen geringer als beim ersten Test mit Wasser.
Das abfließende Löschwasser wurde ebenfalls analysiert. Die Untersuchung im Dekra-Labor für Umwelt- und Produkt-analytik hat gezeigt, dass die Belastungswerte vergleichbar sind mit denen nach dem Löschen eines brennenden Pkw mit konventionellem Antrieb. Das Löschwasser könnte in allen drei vorliegenden Fällen über die Kanalisation in die Kläranlage eingeleitet werden.
Die Brandversuche haben einen weiteren wichtigen Aspekt gezeigt, den die Feuerwehren bei einem entsprechenden Einsatz an einem Fahrzeug mit Lithium-Ionen-Antriebsbatterien berücksichtigen müssen: Mit Beginn der Löscharbeiten setzte eine deutlich verstärkte und lang anhaltende Rauchentwicklung ein. Infolgedessen ist damit zu rechnen, dass bei solchen Einsätzen weiträumiger abgesperrt werden muss.
Sicherheit unter Beweis gestellt
Die verwendeten Lithium-Ionen-Antriebsbatterien haben in den hier beschriebenen Brandversuchen ihre Sicherheit unter Beweis gestellt. Sie stehen damit mindestens auf dem gleichen Sicherheitsniveau wie Diesel- oder Benzintanks in konventionell angetriebenen Fahrzeugen. Diese Erkenntnis kann für die weitere Marktdurchdringung von Fahrzeugen mit Hybrid- oder batterieelektrischem Antrieb sehr wichtig sein.
Als allgemeingültig für alle Arten von Bränden mit Elektrofahrzeugen sollten die Ergebnisse allerdings nicht angesehen werden. Eine ganze Reihe von Faktoren - unter anderem unterschiedliche Batterietechnologien und -kapazitäten, die Position der Batterie im Fahrzeug sowie das Brandszenario im Einzelfall - können hier jeweils noch eine wichtige Rolle spielen.
Die Ergebnisse der aktuellen Brandversuche erweitern jedoch die zur Verfügung stehenden grundlegenden Informationen in diesem Bereich und leisten so einen qualifizierten und konstruktiven Beitrag zur weiteren Diskussion von Sicherheitsfragen rund um die Elektromobilität. Durch den Fokus auf das Löschen der Batteriebrände kann das in den drei Versuchen generierte Datenmaterial unter anderem genutzt werden, um beispielsweise Schulungsmaterial für Einsatzkräfte zu erstellen.