Die drei Wissenschaftler gründen derzeit mit einem EXIST-Stipendium eine Firma. Das Saarland unterstützt ihr Vorhaben: Das Saar-Verkehrsministerium öffnet den Jung-Ingenieuren die Türen, damit das System auf die Straße kommt. Derzeit sammeln sie an saarländischen Autobahnen Massendaten, um die Software auszufeilen und zu verfeinern.
Es kommt eher selten vor, dass eine Idee das Potenzial hat, Leben zu retten. Und das sogar weltweit. Falschfahrer sind international ein Problem. Immer wieder kommt es zu Unfällen, die wegen der Wucht des Frontalaufpralls oft tödlich enden. Systeme, die abhelfen, sind meist teuer, aufwändig oder brachial – wie Krallen, die Reifen auch von Krankenwagen und Polizei platzen lassen. Und so bleiben heute Autobahnen vielerorts ungeschützt. Mit ihrem solarbetriebenen Sensorsystem liefern drei Nachwuchsforscher der Saar-Uni eine kostengünstige Lösung. Eingebaut ist es in Leitpfosten, die ohnehin am Straßenrand stehen.
Geisterfahrer fangen
„Unser Sensorsystem erkennt Falschfahrer und kann Fahrer, Polizei und Verkehrsfunk sofort warnen. Auch weitere Reaktionen können wir programmieren. So könnte etwa über ein verbundenes Leitsystem die Straße gesperrt werden“, erklärt Julian Neu, der das „Ghostbuster“ genannte System mit seinen Studienkollegen Daniel Gillo und Benjamin Kirsch während des Studiums entwickelt hat. Ihre Firma T-ProTex hat ihre Keimzelle auf dem Campus am Lehrstuhl für Mikromechanik, Mikrofluidik und Mikroaktorik von Professor Helmut Seidel.
„Unfälle mit Geisterfahrern haben wegen hoher Geschwindigkeiten oft ein besonders fatales Schadensausmaß, weshalb wir insbesondere an Autobahnauffahrten versuchen, Falschfahrer mit Schildern und Pfeilen vom falschen Weg abzubringen“, sagt die saarländische Verkehrsministerin Anke Rehlinger. „Ist der Autofahrer aber einmal falsch aufgefahren, bleibt dies meist unbemerkt, bis es zum Crash kommt. Ein Frühwarnsystem wie der Ghostbuster könnte hier eine echte Wende bringen – und im Ernstfall Leben retten.“ Sie findet die Idee so gut, dass ihr Ministerium die Weiterentwicklung der Leitpfosten unterstützt – mit dem Ziel, sie auf saarländischen Straßen zu testen. Damit wäre das Saarland Vorreiter der neuen Technik.
Entscheider aus unterschiedlichsten Bereichen mit am Tisch
Nach Testläufen auf dem Campus sammeln die Gründer mit ihren Leitpfosten jetzt Daten an saarländischen Autobahnen, um die Software ihres Systems für den Praxiseinsatz auszufeilen. Das Verkehrsministerium hat hierfür alle Zuständigen im Land - vom Straßenbauamt über die Verkehrsleitstelle bis hin zur Polizei - an einen Tisch gebracht. „Es hat uns überrascht, wie viele Türen uns geöffnet werden. Wir hatten eine E-Mail an die Verkehrsministerin geschrieben und ihr unser System vorgestellt. Darauf hat sie uns eingeladen, es zu präsentieren. Als wir zu dem Termin kamen, war der Saal voller Entscheider aus den unterschiedlichsten Bereichen, die alle interessiert waren“, erzählt Julian Neu.
Mit Sensoren kommen die Jungingenieure den Geisterfahrern auf die Spur: „Ein Infrarot-Bewegungssensor erfasst pausenlos jede Bewegung im Umfeld von rund zehn bis zwölf Metern des Leitpfostens“, erklärt Benjamin Kirsch. Nähert sich ein Wagen, aktiviert dieser Sensor zwei weitere, die an den Seiten des Leitpfostens einander gegenüberliegen. Dadurch, dass das Auto erst an einem Sensor und Sekundenbruchteile später am anderen vorbeifährt, erfasst das System, in welcher Richtung das Fahrzeug fährt.
Optimierung der Algorithmen
„Weil nur einer der Sensoren ständig aktiv ist, der das System nur bei Bedarf aufweckt, arbeitet es sehr energiesparend“, ergänzt Daniel Gillo. Auch unterscheidet es zweifelsfrei Autos von anderen Störungen. „Ein Mikrofon erfasst hierzu Geräusche – allein das der Reifen auf dem Asphalt genügt schon“, erläutert er. Das Zusammenspiel der Sensoren ist bereits ausgereift, in vielen Tests haben die Gründer die Anordnung und die Signalverarbeitung optimiert. Mit den neuen Massendaten vorbeifahrender Autos von der Autobahn, verfeinern sie jetzt die Algorithmen, also die Befehle, die dem System exakt sagen, was es wann tun soll.
Die Idee zu ihrer Erfindung kam den Studenten nach einer Vorlesung von Professor Helmut Seidel. An seinem Lehrstuhl forschten Daniel Gillo, Julian Neu und Benjamin Kirsch als studentische Mitarbeiter schon während ihres Studiums. Jetzt hat ihre neue Firma T-ProTex in einem Raum des Lehrstuhls ihr Büro. „Das ist für unseren Start der ideale Rahmen. Der ständige Austausch mit Professoren, Wissenschaftlern und Experten etwa von der Kontaktstelle für Wissens- und Technologietransfer ist für uns Gold wert, von ihrem Know-how und ihrer Erfahrung profitieren wir sehr“, sagt Gründer Julian Neu.