Im Güterverkehr wie auch im Personenverkehr mit Bussen ist der Dieselantrieb nach wie vor das Maß der Dinge. Über Jahrzehnte wurden nahezu alle Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in den Hubkolbenmotor gesteckt. Diese Technologie bewegt sich folglich auf hohem Niveau. Seit dem Allzeit-Hoch des Ölpreises 2008 gewinnen aber auch alternative Antriebe zunehmend an Bedeutung. Sei es in Form von Elektrofahrzeugen oder in Form von Brennstoffzellenfahrzeugen. Bis diese jedoch bezahlbar sind, können leicht noch zehn Jahre ins Land gehen.
Elektromobilität enttäuscht im Transport
In der Logistik wären im Gegensatz zum Individualverkehr die Rahmenbedingungen für den Einsatz von Elektrofahrzeugen ideal: Auf Betriebshöfen gibt es weder Vandalismus gegen Stromsäulen noch ist eine aufwendige Parkraumbewirtschaftung vor Ladesäulen nötig, und die Problematik unterschiedlicher Steckertypen stellt sich erst gar nicht. Trotzdem ist die Nachfrage nach elektrischen Transportfahrzeugen bescheiden: Verkaufszahlen von deutlich weniger als einhundert Fahrzeugen pro Jahr im Segment der elektrischen 3,5-Tonner sprechen eine ernüchternde Sprache. Wenigstens scheint sich die EU endlich zu entschließen, das Gewicht der Batterien und damit den Nutzlast-Nachteil zu neutralisieren: So darf ein 3,5-Tonner mit dem B-Führerschein wohl künftig mit 3,5 Tonnen plus Batteriegewicht gefahren werden.
Als Übergangslösung sind Hybridantriebe für die Verteilerlogistik geeignet, weil beim Stop-and-go-Verkehr der Anfahrvorgang teilweise mit der Bremsenergie „bezahlt“ werden kann. Generell sind der hohe Preis und das Gewicht von zwei Antrieben aber wirtschaftlich wenig verlockend. Im Fernverkehr mit seinen großen Massen und idealerweise konstanten Geschwindigkeiten ist das Einsparpotenzial für die Rekuperation ohnehin überschaubar. Denkbar wäre die Erhöhung des Systemwirkungsgrades durch Umwandlung der Bremsenergie in Akkustrom, was den Fahrzeugmotor entlastet.
Eine Umwandlung der Abgaswärme in Strom unterstützt diesen Effekt. Als Medium dient ein Kreisprozess mit einer Flüssigkeit, die bei entsprechenden Temperaturen verdampft und über eine Turbine zur Stromerzeugung entspannt wird. Iveco zeigte das bereits 2010 mit der Studie des „Glider“.
Spritkosten: Suche nach Alternativen
Für den gewerblichen Betreiber ist neben einer umweltorientierten Betrachtung primär die wirtschaftliche Komponente von Bedeutung. Man besinnt sich daher wieder auf die oszillierenden Kolben - allerdings jetzt mit alternativen Kraftstoffen. Am aussichtsreichsten ist dabei Methan, das als preiswertes Erdgas reichlich vorkommt und zudem wesentlich länger verfügbar ist als Erdöl. Sein Vorteil ist der hohe spezifische Energiegehalt und die saubere Verbrennung.
Extrem sauber ist aber mittlerweile auch Diesel. Hier ist man in Bezug auf Partikel und Stickoxide (NO x) durch eine aufwendige Abgasnachbehandlung bei modernen Euro-VI-Motoren an der Nachweisgrenze der einzelnen Komponenten angelangt. Diese Werte unterschreitet der Erdgasmotor - und zwar ohne teure und schwere Gerätschaften im Abgasstrang. Die nächsten Schritte sind Maßnahmen zur CO 2-Reduktion.
Aufgrund des hohen Wasserstoffanteils bei geringem Kohlenstoff ist Erdgas (CH 4) als Kraftstoff prädestiniert. Leider ist der Wirkungsgrad des Ottoprozesses (Erdgasmotor) dem des Diesel-Prozesses aber unterlegen, sodass sich nicht unbedingt eine signifikante Einsparung von Treibhausgasen einstellt. Durch die Beimischung von Biogas sinkt jedoch der CO 2-Ausstoß linear zum Grad der Beimischung.
Wie nachhaltig ist Biogas?
„Minus 80 Prozent CO 2-Ausstoß“, wie oftmals plakativ angegeben, ist durchaus möglich. Wobei eine genaue Betrachtung auf alle Fälle notwendig ist. Richtig ist diese Aussage zum Beispiel im Falle Madrids oder anderer Städte mit ganzheitlichem Ansatz, wo durch die Verarbeitung des anfallenden Hausmülls CO 2-neutrales Methan entsteht, das den Betrieb von Abfallsammelfahrzeugen und Stadtbussen ermöglicht.
Doch selbst wenn man die Diskussion „Tank oder Teller“ damit entschärft, dass im Falle von „Biogas 2.0“ die Frucht auf den Teller und der Halm in den Tank kommt, besteht letztlich eine Konkurrenzsituation bei den Anbauflächen. Wo riesige Monokulturen aus speziellem „Energiemais“ nur dazu dienen, Biogasanlagen zu füllen, wird eben kein Getreide angebaut. Deutschland importiert daher wieder Getreidearten, die es früher exportieren konnte, und tritt so auf dem Rohstoffmarkt als Konkurrent armer Länder auf. Auch hier hat die EU ab 2020 Korrekturen angekündigt. Nicht quantifiziert sind bis heute Umweltauswirkungen durch die Monokulturen und das Grundwasser im Einzugsgebiet der Biogasanlagen.
Abseits dieser Nebenwirkungen (zu denen auch „Fracking“ als Grund der wirtschaftlichen Attraktivität von Erdgas zählt) bleibt auf alle Fälle ein handfester volkswirtschaftlicher Vorteil durch die Verwendung von preiswertem und sauberem Erdgas, weil jedes Kilogramm verbranntes Methan Erdöl substituiert.
Entwicklungspfade für Erdgas-Antriebe
Aufgrund des Energiedichteproblems bei Gasen ist die maximale Reichweite mit rund 450 Kilometern zwar nicht für den Fernverkehr geeignet, für viele andere Anwendungen erweist sich die Versorgung mit Erdgas jedoch als sehr komfortabel. Hinzu kommt die Geräuscharmut bei der Logistik in Städten.
Obwohl die Attraktivität von Erdgas für das Transportwesen steigt, ist es dennoch nötig, Einsatzgebiete sowie Reichweiten auszudehnen. So konnte Iveco mit einer variablen Steuerung der Einlassventile durch die Umstellung des Verbrennungsprozesses auf das „Miller-Verfahren“ die Motorleistung auf 330 PS erhöhen. Die thermische Belastung des Aggregats ist dabei geringer, weil Verdichtungsarbeit nach außerhalb des Motors verlagert wurde. Bei gesunkenen Verbräuchen stößt man mit Drehmomenten bis 1300 Nm zum Beispiel in die typischen Gewichtsklassen der Lebensmitteldistribution (34 Tonnen) vor. Im Personentransport sind Erdgas-Busse damit ohne Einschränkungen auf allen Linien in der Lage, die „Diesel-Fahrpläne“ einzuhalten.
Um umweltfreundlich in diese Logistik über weite Strecken einzusteigen, erfordert es einen anderen Aggregatzustand von Methan. Gekühlt und verflüssigt erreicht Erdgas als LNG (liquified natural gas) bezogen auf das Tankvolumen eine wesentlich höhere Energiedichte. Mit einer LNG-Sattelzugmaschine , ausgestattet mit einem 200-Liter-Tank für LNG plus 50 kg CNG-Reserve (compressed natural gas) sind damit Reichweiten von bis zu 700 km möglich.
Motortechnik: CNG versus LNG
Da beides - CNG und LNG - Methan ist, sind am Motor keinerlei Veränderungen nötig. Lediglich die Vorstufe ist unterschiedlich. Im Falle von CNG ist lediglich ein Druckminderer nötig. LNG dagegen muss ein Wärmetauscher „aufwärmen“, was kein Nachteil ist, sondern sogar den Kühlbedarf des Motors senkt. LNG ist nahezu reines Methan, wogegen CNG - und da vor allem Biogas - von schlechterer Qualität sein kann. Durch die stöchiometrische Verbrennung (Lambda = 1) ist es aber möglich, Reinheitsgrade von weniger als 80 Prozent zu verarbeiten. Klopfsensoren regeln die Verbrennung automatisch. Zudem ist bei der stöchiometrischen Verbrennung der Betrieb eines Pkw-typischen 3-Wege-Katalysators möglich.
Die CNG-Versorgung gilt mit etwa 900 Tankstellen als gut. LNG-Tankstellen gibt es dagegen derzeit nur auf Betriebshöfen, die LNG-Infrastruktur entsteht erst. Vorreiter sind Häfen, weil auch am Kai liegende Schiffe, die während der Liegedauer Schweröl verfeuern, aufs Radar der Umweltschützer geraten sind. Diese wollen in Zukunft auch die für das Umschlagen von Containern genutzten variablen Hebezeuge (Container-Spreader) mit LNG-Motoren ausstatten. Damit wäre für eine Alternativlogistik ein ganzheitlicher Ansatz vom Containerumschlag bis zum Binnentransport gegeben, der sich im Gegensatz zur Elektromobilität und dem Hybridantrieb schnell und effizient realisieren lässt. Und das ist trotz höherer Anschaffungskosten wirtschaftlich, weil der Erdgasantrieb durch etwa 30 Prozent geringere Kraftstoffkosten amortisationsfähig und somit subventionsunabhängig ist.