An Motoren und Fahrzeugen werden mit Prüfständen Basisfunktionen wie Leistung, Moment und Drehzahl getestet sowie typische Messwerte wie Temperaturen, Drücke und Kraftstoffverbrauch erfasst. Die Prüfstandsteuerung, also die Ansteuerung der Belastung des Motors oder des Fahrzeuges, hat sich trotz immer dynamischer werdenden Motoren kaum verändert. Es wurden zwar Regler und Belastungseinrichtungen optimiert, doch die eingesetzten Zyklen und Routinen sind seit Jahren so gut wie gleich geblieben.
Was sich geändert hat, ist der Automatisierungsgrad an einem Prüfstand. So sind mittlerweile beispielsweise wochenlange Testabläufe ohne Unterbrechung und ohne Eingreifen von Prüfstandfahrern möglich.
Auch sind die Messdaten über die Evolutionsstufen um ein Vielfaches je Prüfstandstunde angestiegen, konkret gesagt: die Anzahl der Messkanäle und Datenraten. Die Verwaltung dieser Datenmengen ist somit zu einer echten Herausforderung geworden. Technische Tools, die diese Datenmengen auswerten, sind heute schon Standard. Diese Daten aufzubereiten und als Eingangsparameter für die nächsten Entwicklungsschritte nutzbar zu machen, ist die Zukunft.
Die im Prüfstand gemessenen Werte wie Temperaturen, Drücke und weitere Eigenschaften von Motor- und Fahrzeugkomponenten erlauben Rückschlüsse auf den Status der Unit Under Test (UUT) bis hin zur Haltbarkeit oder aufkommende Unregelmäßigkeiten des Prüflings.
Investitionen in Abgasnachbehandlung
Früher lag der Fokus eines Motortests auf der Optimierung der Leistung, genauer gesagt von Drehmoment und Haltbarkeit. Heutzutage ist in der modernen Abgasmesstechnik die Messung von Abgasen und Partikelemissionen praktisch zum Standard geworden. Ebenso wie vor einigen Jahren die Drücke und Temperaturen im Inneren der Brennkammern zum Standard wurden. Die Kombination all dieser Kennwerte wie auch die immer aufwendigeren Abgasnachbehandlungssysteme und damit der Einfluss auf Leistung und Verbrauch des Motors treiben das Investitionsvolumen je Prüfstand in die Höhe.
Manchmal entsteht der Eindruck, dass mehr gemessen wird als wirklich nötig ist. Doch dies täuscht, denn ein scheinbar redundanter Messwert ermöglicht eine zumindest teilautomatische Validierung der Resultate und so eine Absicherung der Messungen und Entwicklungsfortschritte. Ein moderner Prüfstand mit Hightech-Equipment und dem Fokus auf eine durchgängige Werkzeugkette bringt für die Motorenentwicklung enorme Vorteile.
Im Betrieb sind so beispielsweise in gleicher Zeit mehrere Messungen und Optimierungen an Motoren gleichzeitig möglich. So ist beispielsweise der AVL Advanced Prüfstand in der Lage, eine Reihe von Tests und Untersuchungen, die früher sequenziell abgearbeitet wurden, heute parallel durchzuführen. Somit sind komplexe Abhängigkeiten in deutlich weniger Schritten zu erkennen und aufzulösen. Dabei wird dem Ingenieur ein großer Teil der Datenanalyse und Validierung abgenommen. Dies schafft neuen Freiraum für Lösungen und Ideen.
Die Werkzeugkette als Analysetool
Die "Werkzeugkette" spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Denn beim Übergang von einem Werkzeug in das nächste sind oft viele manuelle Schritte notwendig. Insbesondere, wenn die Werkzeuge von verschiedenen Herstellern stammen, treten hier oft Probleme auf.
In der Abgasanalyse und Abgasmessung ermöglicht die Werkzeugkette, komplexe Abhängigkeiten über die verschiedenen Prüfstandarten hinweg zu analysieren. Das heißt, es sind Ergebnisse etwa eines reinen Motorprüfstands direkt als Eingangs- und Regelparameter für einen Powertrain- oder Rollen-Prüfstand zu nutzen. Dies beschleunigt die Entwicklung neuer Motor-Getriebe-Antriebstrang-Konzepte, wie sie heute durch die immer stärker verbreiteten Hybrid-Antriebe benötigt werden.
Ebenso kann das Zusammenspiel der gestiegenen Anzahl an Steuergeräten so konsequent auch in den ungewöhnlichsten Situationen auf Plausibilität überprüft werden. Der Anwender kann so in deutlich kürzerer Zeit, mit minimiertem Einsatz von Prüfstandstunden und deutlich verbesserter Effizienz seine Herausforderungen und Entwicklungsaufgaben lösen.
Aber im Fokus steht nicht allein der Zeitfaktor auf dem jeweiligen Prüfstand. Im Besonderen wird die gesamte Entwicklung beschleunigt, da Erkenntnisse schon in einem deutlich früheren Stadium gesammelt werden und gleichzeitig über die Werkzeugkette hinweg plausibilisiert werden.
Die Komplexität wird durch die moderne Prüfstandsteuerung abgefangen. Diese Reduktion an Fehlermöglichkeiten bei gleichzeitig erhöhter Reproduzierbarkeit sichert die Aufgaben-erfüllung und Nachhaltigkeit gefundener Lösungen. Für viele Anwendungen und Kunden ist das besonders interessant, da Qualität und Kosten im globalen Wettbewerb immer eine Balance bilden müssen. Ein fehlender Optimierungsschritt wird, je später im Entwicklungsprozess er entdeckt wird, umso aufwendiger und teurer nachzuholen.
Für Emissionsexperten liegt der Fokus darauf, den Anwendern in der Motorenentwicklung effiziente Lösungen zur Verfügung zu stellen. In der Praxis geht es darum, wie schnell und sicher ein neuer Motor, ein neues Fahrzeug oder Gerät in den Markt gebracht werden kann. Dies steigert nicht zuletzt Marktanteile eines Unternehmens. Auch finanzielle Risiken, wie die immer häufigeren Rückruf-aktionen, lassen sich durch eine durchgängige Werkzeugkette im Prüfstand minimieren. Wird ein Fehler doch erst in der Serie gefunden, so ist er meist schon durch den existierenden Datenbestand lokalisier- und reprodu-zierbar. So ist eine Lösung schneller zu finden und vor allem effizient und zuverlässig im Feld zu korrigieren.
Die damit verbundene Vision ist, die Werkzeugkette soweit auszubauen, dass zu jedem Zeitpunkt der Entwicklung der Einfluss auf das Endprodukt abgesichert werden kann. Wird das erstellte Motorkennfeld mit dem zu entwickelnden Abgasnachbehandlungssystem auch unter realen Bedingungen im Fahrbetrieb einen bestimmten Kraftstoffverbrauch und die vorgeschriebenen Abgaslimits einhalten?
Diese und weitere Fragen beantworten zu können, ist das Ziel. Es wird noch einiges an weiteren Entwicklungen erfordern, bis die Werkzeugkette vollständig geschlossen ist, und die beschriebene Durchgängigkeit über alle Schritte hinweg und für jede Messgröße und deren Beeinflusser bedient werden kann.
Weiterentwicklung der Prüfstände
Einer der wesentlichen Motivatoren für die Entwicklung der Werkzeugkette waren die Herausforderungen für die Lieferanten von Abgasmessanlagen. In den letzten Jahren wurde immer intensiver diskutiert, wie die realen Emissionen eines Fahrzeugs, Motors oder Geräts sind, wenn es nicht in einem normierten Umfeld geprüft wird. Zum einen ist es nötig, eine sehr hohe Reproduzierbarkeit der Messwerte zu bekommen. Nur wenn die Messwerte präzise und genau sind, kann der Entwickler erkennen, welchen Einfluss seine Maßnahmen haben. Zum anderen ist es wichtig zu wissen, wie sich das gleiche System verhält, wenn sich Luftdruck, Temperatur, Luftfeuchte oder auch die Kraftstoffqualität ändert. Die Zusammenfassung all dieser Messdaten und Erkenntnisse über die Werkzeugkette ermöglicht es, diese Erkenntnisse zu sammeln, ohne diverse Test auf allen Prüfstandtypen und im Feldversuch zu wiederholen.