Fachbeitrag Patente für Elektromobilität - eine Trendanalyse


Boom: Die Anmeldezahlen für Patente der Elektromobilität sind im Höhenflug. Die - vorläufigen - Zahlen ab 2010 dürften noch steigen.

03.02.2012

Die Anzahl der Patentanmeldungen auf dem Gebiet der Elektromobilität ist in den vergangenen Jahren rasant gestiegen. Im Vergleich zu den Vorjahren gibt es derzeit sowohl Veränderungen bei den Akteuren als auch bei den Themen.

Patentanmeldungen sind einer der Frühindikatoren für Entwicklungsgebiete, auf denen Unternehmen Umsatzchancen erwarten und daher ihr geistiges Eigentum absichern wollen. In Folge gesetzlicher Vorgaben liegen allerdings zwischen Anmeldetag und Veröffentlichung regelmäßig zwischen sechs Monaten und eineinhalb Jahren.

Im Jahr 2011 sind zwei Studien veröffentlicht worden, die Anmeldungen auf dem Gebiet der Elektromobilität untersuchen. Eine Studie der IHK Region Stuttgart [1] fokussiert auf Zulieferer und basiert auf Daten des Europäischen Patent-amtes der Jahre 2000 bis 2007. In einer Studie der Patentanwälte Kindermann [2] liegt dagegen der Schwerpunkt auf Anmeldungen der Jahre 2000 bis 2009, die in Deutschland eingereicht wurden. In diesem Artikel werden zusätzlich die vorläufigen Zahlen für deutsche Anmeldungen aus den Jahren 2010 und 2011 einbezogen, die aktuelle Trends aufzeigen.

Laut der "IHK-Studie" ist für den Untersuchungszeitraum 2000 bis 2007 eine gleich bleibende Anmeldeaktivität festzustellen. Die "Kindermann-Studie" bestätigt dies und zeigt darüber hinaus, dass sich in den folgenden Jahren 2008 und 2009 die Anmeldezahlen jeweils in etwa verdoppelten (siehe oben). Etwa ein halbes Jahr nach ihrem Erscheinen ergeben sich nun folgende Aktualisierungen: 748 Anmeldungen für 2009, derzeit 643 für 2010 und derzeit 145 für 2011.

Aktuelle Anmeldezahlen

Den Verlauf der in Deutschland eingereichten Anmeldungen für das gesamte Jahr 2009 zeigt die Abbildung auf Seite 12. Insgesamt gab es 748 Anmeldungen mit 45 Anmeldungen im Januar und 93 Anmeldungen im Dezember 2009. Von den 643 bereits veröffentlichten Anmeldungen des Jahres 2010 wurden 38 im Januar, 74 im Februar und 102 im März angemeldet. Für die zweite Hälfte des Jahres 2010 ist wegen der verzögerten Veröffentlichung noch mit erheblichen Zuwächsen zu rechnen. Somit kann mit gutem Grund davon ausgegangen werden, dass auch im Jahr 2010 die Anmeldezahlen des Jahres 2009 zumindest erreicht oder sogar übertroffen werden. Ein Grund dafür dürfte die weiterhin hohe Aktualität des Themas Elektromobilität verbunden mit den ersten Markteinführungen sein. Eine Ursache ist wohl auch in den 500 Millionen Euro für Forschung und Entwicklung zu sehen, die Ende 2009 im Konjunkturprogramm II der Bundesregierung vergeben wurden.

Die führenden Unternehmen

Die linke Abbildung auf Seite 13 zeigt die sieben Anmelder mit den meisten Anmeldungen für das Jahr 2009, wobei Bosch (111 Anmeldungen), Daimler (80) und GM (75) deutlich vorn liegen.

Für das Jahr 2010 führt nach einer vorläufigen Auswertung Ende Dezember 2011 GM (112) vor Daimler (77) und Bosch (37) die Spitzengruppe an. Hyundai (35) und Denso (22) sind Firmen, die im Vergleich zum Vorjahr im Jahr 2010 verstärkt Anmeldungen einreichten.

Dagegen sind die Anmeldezahlen von Toyota (nicht in der Abbildung) von 12 Anmeldungen im Jahr 2009 möglicherweise auf 4 im Jahr 2010 zurückgegangen.

Von den im Jahr 2011 eingereichten Anmeldungen wurden bereits 145 veröffentlicht (Januar: 24, Februar: 22 und März: 35 Anmeldungen). Wieder ist GM Spitzenreiter mit 58 veröffentlichten Anmeldungen vor Daimler und Denso (jeweils 17 Anmeldungen). Denso meldet nun auch in Deutschland über die amerikanische Tochter Denso International America an.

Anmeldeklassen und ausgewählte Gebiete

In der linken Abbildung auf Seite 13 ist die amtliche Einordnung der Anmeldungen in die internationalen Patentklassen für das Jahr 2009 dargestellt. Deutlicher Spitzenreiter mit 154 Anmeldungen (20,6 %) ist die Klasse "Akku und Brennstoffzelle" vor "Energieverteilung" mit 69 Anmeldungen (9,2 %) und "Antrieb" mit 64 Anmeldungen (8,6 %).

Nach derzeitigem Stand liegt im Jahr 2010 die Klasse Akku/Brennstoffzelle mit 115 Anmeldungen (17,9 %) erneut deutlich vorn. In der Klasse Energieverteilung gibt es eine erhebliche Verringerung der Anmeldezahlen von 69 (9,2 %) auf 39 Anmeldungen (6,1 %). Damit liegen die Klassen Antrieb und Antriebs-einheit mit jeweils 49 Anmeldungen (7,6 %) noch vor der Klasse Energieverteilung.

Erhöht haben sich im Jahr 2010 die Anteile in den folgenden Klassen:

�?� Antriebseinheit (4,5 % auf 7,6 %),

�?� Hybrid (2,0 % auf 4,2%),

�?� Dynamoelektrische Maschine (2,9 % auf 3,3 %) und

�?� Fahrzeug/Anhänger (1,7 % auf 2,5 %).

Dagegen haben sich die prozentualen Anteile von Anmeldungen in den folgenden Klassen verringert:

�?� Akku/Brennstoffzelle (20,6 % auf 17,9 %),

�?� Energieverteilung (9,2 % auf 6,1 %),

�?� Antrieb (8,6 % auf 7,6 %),

�?� Klimaanlage (5,2 % auf 3,7 %),

�?� Messen (5,2 % auf 3,7 %) und

�?� Ausstattung (5,1 % auf 4,2 %).

Andere interessante Klassen im Jahr 2010 sind die Klassen:

�?� Zeiterfassung bei Ladevorgängen (G07C) mit derzeit 8 Anmeldungen,

�?� Halbleiter (H01L) mit 6 Anmeldungen,

�?� Elektrofahrrad (B62M) mit 6 Anmeldungen,

�?� Datenverarbeitung (G06Q) mit 5 Anmeldungen und

�?� Fahrgeräuscherzeugung (G10K) mit ebenfalls 5 Anmeldungen.

Für Batteriemanagement gibt es weiterhin zahlreiche Anmeldungen: 105 im Jahr 2009 und vorläufig 47 im Jahr 2010. Bosch führt dort 2009 mit 30 Anmeldungen, während auf diesem Gebiet 2010 Daimler mit 12 bereits veröffentlichten Anmeldungen derzeit an erster Stelle liegt. Auch Superkondensatoren bleibt ein interessantes Anmeldegebiet. Im Jahr 2009 gab es 23 Anmeldungen, davon Voith 5, und im Jahr 2010 gibt es 15 Anmeldungen, davon GM 4.

Trendwende bei Patentanmeldungen im Jahr 2010

Werden die Patentanmelder für die vergangenen zehn Jahre betrachtet, so zeigt die Kindermann-Studie, dass die eng zusammenarbeitenden japanischen Firmen Toyota, Denso und Aisin (Toyota-Gruppe) und das US-amerikanische Unternehmen GM vor Bosch und Daimler lagen.

Inzwischen gibt es eine Trendwende zugunsten anderer Firmen. Im Jahr 2009 lagen Bosch und Daimler vorn, gefolgt von GM und BMW. Aus den vorläufigen Zahlen für das Jahr 2010 wird deutlich, dass Bosch und Daimler weiterhin viele Anmeldungen eingereicht haben. Aber auch GM kommt für den ersten Platz im Jahr 2010 in Betracht.

Die Toyota-Gruppe tritt auf Grund der stark gestiegenen Anmeldezahlen anderer Anmelder aktuell nicht mehr so dominierend in Erscheinung wie im Zeitraum zwischen 2000 und 2009. Allianzen mit dieser Gruppe sind in Anbetracht der dort in den letzten zehn Jahren kumulierten Patentanmeldungen aber durchaus angebracht - so ist BMW vor kurzem mit Toyota eine Entwicklungsallianz eingegangen.

Bei den Anmeldeklassen hat die "Akku/Brennstoffzelle" weiterhin eine überragende Bedeutung, obwohl ihr Anteil 2010 leicht gesunken ist. Die Anmeldeaktivität nimmt in den Klassen Antriebseinheit, Hybrid und Dynamoelektrische Maschine besonders zu.

Studien mit Bezug zur Auswertung der Anzahl von Patentanmeldungen

[1] "Elektromobilität: Zulieferer für den Strukturwandel gerüstet?", Studie IHK Region Stuttgart, 2011.

[2] "Statistik deutscher Patentanmeldungen auf dem Gebiet der Elektromobilität im Zeitraum von 2000 bis 2009", Patentanwälte Kindermann, 2011, ISBN 3981441222.

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