Aktuell sind industrielle Verwertungsprozesse mit Einbußen bei der Materialreinheit verbunden, was nur durch einen sehr hohen manuellen Arbeitsaufwand kompensiert werden könnte. Daher finden Rohstoffe aus Altfahrzeugen nicht wieder ihren Weg dorthin zurück.
„Um das zu ändern muss neben der Einführung eines maßgeschneiderten automatisierten Demontageprozesses auch die Sortierung und Erkennung der geschredderten Werkstoffe im Material-Mix verbessert werden“, sagt Prof. Urs Peuker. „Das ist Voraussetzung für die notwendige Qualität und Reinheit der unterschiedlichen Wertstoffe und damit auch für eine effiziente Wiederverwendung im Automobilbau“, ergänzt der Leiter des Instituts für Mechanische Verfahrenstechnik und Aufbereitungstechnik der TU Bergakademie Freiberg.
Die Freiberger Forschenden untersuchen den Prozess der Sortierung und Erkennung der unterschiedlichen Materialien aus demontierten und geschredderten Auto-Bauteilen. Dafür nutzt das Team spezielle am Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie entwickelte Sensortechnik, die an der TU Bergakademie Freiberg in einer Sortieranlage im industriellen Maßstab für die rund 1 bis 10 cm großen Partikel getestet und bewertet wird.
Reinere Wertstoffe für das Recycling gewinnen
Indem die Freiberger Forschenden Sensortechnik mit auf künstlicher Intelligenz basierter Wertstofferkennung sowie weiteren spektroskopischen Verfahren (zum Beispiel laserinduzierte Plasmaspektroskopie) kombinieren, identifizieren sie insbesondere unterschiedliche Stahl- und Aluminiumlegierungen.
„Durch Versuche und Analysen bewerten wir die chemische, thermodynamische und metallurgische Verarbeitung der Altfahrzeug-Bleche in Abhängigkeit von verschiedenen Aufbereitungs- und Sortierungsprozessen“, erklärt Prof. Olena Volkova vom Institut für Eisen- und Stahltechnologie. Die Ergebnisse schaffen die Voraussetzungen für die Erprobung des Einsatzes dieser Schrotte zur industriellen Herstellung von automobiltypischen Flachstahlgüten.
Daneben richtet sich der Fokus des Teams auch auf den Wertstoff Glas aus ausgebauten Auto-Verglasungen. „Dass diese aktuell noch nicht wiederverwertet werden, liegt vor allem an den hohen Anforderungen für die sicherheitsrelevanten Scheiben und dem gegenüber Verunreinigungen sensiblen Schmelzprozess“, sagt Jun.-Prof. Sindy Fuhrmann. Am Institut für Glas und Glastechnologie werden die Sortier- und Demontageprodukte bewertet sowie Schmelzexperimente durchgeführt, um die Prozessbedingungen und Verwertungsgrenzen auszuloten.
Effiziente Kreisläufe für die Fahrzeugproduktion
Auf diese Weise kann eine deutlich höhere Sortenreinheit der gewonnenen sekundären Rohstoffe erzielt werden. Für alle Materialien gilt, dass dadurch nicht nur die Menge der für die Produktion neuer Autos geeigneten Sekundärrohstoffe steigt, sondern zugleich der Aufbereitungsaufwand, der erforderlich ist, um aus Schrott wiederverwendbare Rohstoffe zu machen, deutlich geringer ausfällt.
Ziel des Verbunds Car2Car ist es, fundierte Empfehlungen für innovative Rahmenbedingungen zu liefern, damit effiziente Kreislaufwirtschaft in Zukunft eine höhere Wertschöpfung verspricht als konventionelle, lineare Prozessketten. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz fördert das Projekt im Rahmen der Förderrichtlinie „Neue Fahrzeug- und Systemtechnologien“ mit insgesamt 6,4 Millionen Euro.
Michael Kellner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz erklärt: „Die erfolgreiche Transformation der Fahrzeughersteller und Zulieferer ist zentral für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Eine stärkere Kreislaufwirtschaft, die Ressourcen schont und wiederverwertet, ist ein wichtiger Schritt hin zur Klimaneutralität und sichert gleichzeitig Lieferketten ab.
Innovationsvorhaben in diesem Bereich sind daher von großer Bedeutung. Die Förderung durch das Bundeswirtschaftsministerium trägt dazu bei, die Abhängigkeit der Automobilindustrie von Rohstoffimporten zu reduzieren und die Versorgung der Wirtschaft mit Rohstoffen langfristig sicherzustellen, um die industrielle Wertschöpfung zu stärken.“
Über das Forschungsprojekt Car2Car
Die BMW Group stellt im Rahmen des Förderprojekts 500 Altfahrzeuge für die Untersuchung von Aufwertungspotenzialen zur Verfügung. Es soll evaluiert werden, inwiefern eine Begrenzung der Stoffströme auf Fahrzeuge die Qualität und Reinheit von Sekundärrohstoffen beeinflusst. Bestandteil des Förderprojekts ist zudem eine durchgängige Bewertung sowohl der ökologischen als auch der ökonomischen Auswirkungen eines Closed-Loop-Recyclings der untersuchten Materialien.
Das Förderprojekt Car2Car setzt sich aus den folgenden Verbundpartnern zusammen:
BMW, TU Bergakademie Freiberg, Helmholtz Institut HZDR-HIF, Technische Universität München, Scholz Recycling, Steinert UniSort, Thyssenkrupp Steel Europe, Salzgitter Mannesmann Forschung, Aurubis, Novelis Deutschland, Oetinger Aluminium, Pilkington Automotive Deutschland.