Fachbeitrag PV-Anlagen abregeln

11.12.2012

Mit der EEG-Novelle 2012 müssen Photovoltaik-Anlagen künftig bei Netzüberlastung abgeregelt werden können. Anlagenbetreibern stehen dafür verschiedene Technologien zur Auswahl. Herkömmliche Lösungen sind schnell und effizient umzusetzen. Mit neuen Smart-Meter-Modulen lassen sich erneuerbare Energien aber zukünftig zusätzlich in das Stromnetz integrieren.

Künftig können Photovoltaik-Anlagen (PV) mit der EEG-Novelle2012 - wie alle anderen EEG-Anlagen - bei Netzüberlastung abgeregelt werden. Festgehalten sind die Vorgaben in §6, und zwar jeweils für die verschiedenen Anlagengrößen:

Anlagen über 100kW: Anlagenbetreiber sowie Betreiber von KWK-Anlagen müssen ihre Anlagen mit technischen Einrichtungen ausstatten, mit denen der Netzbetreiber jederzeit die Einspeiseleistung bei Netzüberlastung ferngesteuert reduzieren und die jeweilige Ist-Einspeisung abrufen kann. Anlagen mit mehr als 30kW und höchstens 100kW: Betreiber von PV-Anlagen müssen die Pflicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2012 erfüllen. Die Übermittlung der Ist-Einspeisung wird nicht verlangt. Anlagen mit höchstens 30kW: Betreiber von PV-Anlagen müssen die Pflicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2012 erfüllen oder am Verknüpfungspunkt ihrer Anlage mit dem Netz die maximale Wirkleistungseinspeisung auf 70 Prozent der installierten Leistung begrenzen. Die Übermittlung der Ist-Einspeisung wird nicht verlangt.

Das Abregeln erfolgt üblicherweise stufig, und zwar mit den vier Stufen 100, 60 und 30 Prozent sowie ganz abschalten, also 0 Prozent. Diese Regelung muss für alle Neuanlagen über 100kW bereits seit Anfang 2012 und für alle Bestandsanlagen seit dem 1. Juli 2012 umgesetzt werden. Für Anlagenbetreiber, Energieversorger und Netzbetreiber stellte sich die Frage, wie sich das Abregeln von PV-Anlagen am schnellsten und kostengünstigsten praktizieren lässt.

Für kleinere Anlagen gilt zwar noch eine Übergangszeit bis 2014 - doch auch hier muss eine Lösung gefunden werden. Bei Anlagen, welche direkt an die Mittel- oder Hochspannungsnetze angekoppelt werden, gelten zusätzliche Anforderungen bezüglich Blindleistungsregelung.

Rundsteuertechnik ist schnell verfügbar

Die effizienteste und am schnellsten umzusetzende Lösung ist , die bereits bei den meisten Energieunternehmen vorhandene Rundsteuertechnik zu nutzen. Diese muss lediglich ergänzt werden durch weitere Rundsteuerempfänger, die Befehle zur Leistungsregulierung umsetzen. Die Investitionskosten sind bei dieser Lösung gering.

Für Anlagen unter 100kW wird mit dem Einsatz der Rundsteuertechnik die gesetzliche Auflage erfüllt und ein vier-stufiges Abschalten, so wie es sich in der Branche durchgesetzt hat, ermöglicht. In Privathaushalten mit einer Produktionsleistung von weniger als 30kW besteht ersatzweise auch die Möglichkeit, die Anlage auf 70 Prozent ihrer maximalen Leistung zu reduzieren und damit das Abregeln vollkommen zu umgehen. Der Nachteil: Es kann dazu führen, dass mögliche Potenziale nicht ausgeschöpft werden - dies sollte daher von Fall zu Fall entschieden werden.

Einspeiseleistung mit Smart Metern übertragen

Anders gestaltet sich der Fall bei Anlagen mit einer Größe von über 100kW. Die Rundsteuertechnik allein ist hier nicht ausreichend, da zusätzlich eine Übertragung der Einspeiseleistung gefordert wird. Da der Rundsteuerempfänger aber nur in eine Richtung kommuniziert, bedarf es weiterer Technik. Welche dies genau sein soll, spezifiziert das EEG nicht. Die Empfehlung des Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE lautet: Erzeugungsanlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 100kW sollten mit einer technischen Einrichtung auf Basis einer bidirektionalen Kommunikation - zum Beispiel Rundsteuerempfänger in Verbindung mit fernauslesbarem Zähler, Sym² mit Grid-Modul oder Fernwirktechnik - sowohl zum ferngesteuerten Reduzieren der Einspeiseleistung als auch zum Abrufen der Ist-Einspeisung ausgestattet werden.

Eine einfache Lösung ist die Kombination der Rundsteuertechnik mit einem kommunikativen Zähler - also einem Smart Meter. Dieser misst und überträgt die Ist-Einspeiseleistung. Die Rundsteuertechnik regelt das An- und Abschalten. Eine zukünftige Alternative dazu stellt ein integrierter Einsatz von Rundsteuersystemen und Smart Metern dar. Es vereint die Anbindung der beiden Systeme und nutzt als Übertragungsweg zusätzlich die Powerline-Kommunikation. Flächendeckend kann diese Lösung daher erst zum Einsatz kommen, wenn die entsprechende Infrastruktur existiert. Die Geräte dafür kommen aber voraussichtlich Ende 2012 auf den Markt.

Integrierte Lösung mit Grid-Modul

Es bieten sich neben der Rundsteuertechnik in Zukunft aber auch ganz andere Möglichkeiten zum Abregeln an. So werden derzeit Smart-Meter-Entwicklungen vorangetrieben, die gleichzeitig Messen und Abregeln können und die in das Netzleitsystem integriert sind. Der Vorteil: Mit dem Einbinden des Zählers in das Netzleitsystem lassen sich im Netz direkt am Einspeisepunkt des Verteilnetzes die Ereignisse messen, die dazu führen, dass abgeregelt werden muss. Algorithmen im Netzleittechniksystem können dann unmittelbar entscheiden, welche Anlage wie geregelt werden soll. Dieser „closed loop“-Regelvorgang läuft schnell, selektiv und automatisiert ab. Dies ist ein wichtiger Schritt hin zum Smart Grid - dem intelligenten Netz auf Verteilerebene.

Die Basis einer solchen Lösung bildet ein multi-modular aufgebauter Zähler, der dem Industriestandard Sym² entspricht. Der Vorteil: Sym²-konforme Zähler lassen sich durch Module ergänzen, die sie mit Zusatzfunktionen versehen. Erweitert werden kann er zum Beispiel durch das sogenannte Grid-Modul von Landis+Gyr, an dem das Unternehmen derzeit zusammen mit Kunden und einem namhaften Netzleittechnikanbieter arbeitet. Zähler und Grid-Modul werden in das Netzleitsystem und die Zählerfernauslesung (ZFA) integriert - und diese können unabhängig und in Echtzeit mit den Zählern und dem Grid-Modul an den Einspeisepunkten kommunizieren - und zwar bidirektional. Mit der Grid-Technologie verfügen Energieversorger dann zukünftig über eine integrierte und sichere Lösung, die die Netzleittechnik sowie das Steuern und Messen des Stroms zusammenführt. Dies wäre dann die Basis für ein zukunftsfähiges Smart Grid.

Ausweitung bis in die Haushalte

Da eine Umstellung der Systeminfrastruktur, die mit Einsatz eines solchen Moduls notwendig wird, nur für große Anbieter in Frage kommt, werden derzeit auch für kleinere Energieversorger Lösungen entwickelt, die nicht in das Netzleitsystem integriert werden. Solche kombinieren das stufige Abregeln von erneuerbaren Energieanlagen mit dem Messen der Energie in einem Gerät und nutzen dazu einen gewöhnlichen Industriezähler. Die Messdaten werden im Messpunkt verarbeitet und stehen dort zur Abholung bereit. Das Grid-Modul kann über einen GPRS-Kanal von einer ZFA oder einem Leitsystem her angesprochen werden.

Höchstwahrscheinlich wird diese Grid-Technologie sich zukünftig auch auf kleine Anlagen ausweiten, die höchstens 30kW produzieren. Hier ist eine Übertragung der Ist-Einspeisung heute zwar nicht notwendig, da aber ein Zähler bereits als Messgerät vorhanden ist, kann dieser auch in die Lösung integriert werden - mit dem Vorteil des selektiven Abregelns für Energieproduzenten und Abnehmer. Die Smart-Grid-Applikation wird sich auf diese Weise in den kommenden Jahren auch in den Haushaltsbereich ausdehnen. Diese Entwicklung wird auch durch die Einbaupflicht von BSI-zertifizierten Messsystemen für EEG- und KWK-Neuanlagen mit mehr als 7kW unterstützt. Die Schnittstellen des Gateways werden derzeit vom BSI definiert.

Letztendlich muss jeder selbst abwägen

Aufgrund des Zeitdrucks spricht im Moment vieles für den Einsatz der Rundsteuertechnik in Kombination mit einem Zähler. Dies ist eine schnelle und kostengünstige Lösung. Es bietet sich allerdings für einige Unternehmen an - sofern dieser nicht bereits vorhanden ist - einen Zähler zu nutzen, der dem Industriestandard Sym² entspricht, um auf dieser Basis durch modulare Erweiterung den Zähler in die Netzleittechnik integrieren und an weitere zukünftige gesetzliche Anforderungen anpassen zu können.

Die wirtschaftlich optimale Wahl hängt auch von Faktoren wie etwa der Anzahl der Anlagen ab, die abzuregeln sind. So gibt es etwa in Süddeutschland mehr als in Norddeutschland. Jeder Netzbetreiber wird daher für sich abwägen müssen, welche Technik für ihn die geeignete ist.

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