Polaritonfilter für optische Systeme Quantenmechanik verändert optische Filter: Stabilität neu definiert

Die Studie zeigt Möglichkeiten auf, die Technologie auf Polymere, Perowskite, Quantenpunkte und andere Materialien zu erweitern und damit das neue Filterprinzip auf einen noch größeren Wellenlängenbereich zu übertragen. Zu den möglichen Anwendungsgebieten der Polaritonfilter gehören Mikrooptik, Displays, Sensortechnologien und Biophotonik.

Bild: iStock, MengWen Guo
12.12.2024

Ein internationales Forscherteam hat das Prinzip der starken Kopplung aus der Quantenmechanik genutzt, um optische Filter zu entwickeln, die auch unter extremen Blickwinkeln stabil bleiben. Die neuen Polaritonfilter könnten nachhaltige Fortschritte in Bereichen wie Photonik, Sensorik und Displaytechnologie ermöglichen. Ihre Leistungsfähigkeit verspricht neue Standards für die nächste Generation optischer Komponenten.

Einem Team von Forscherinnen und Forschern der Universität zu Köln, der Universität Hasselt (Belgien) und der University of St Andrews (Schottland) ist es gelungen, das quantenmechanische Prinzip der starken Kopplung für eine neue optische Technologie nutzbar zu machen, um das seit langem bestehende Problem der Winkelempfindlichkeit in optischen Systemen zu überwinden. Die Studie stellt ultrastabile Dünnschicht-Polaritonfilter vor, die neue Wege in der Photonik, Sensorik, optischen Bildgebung und Display-Technologie eröffnen. Geleitet wurde die Studie an der Universität zu Köln von Professor Dr. Malte Gather, Leiter des Humboldt Centre for Nano- and Biophotonics am Department für Chemie und Biochemie der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät.

Quantenmechanik zunutze machen

Optische Filter sind für viele Anwendungen von entscheidender Bedeutung. Bislang nimmt ihre Leistung aber erheblich ab, wenn das Licht in unterschiedlichen Winkeln auf sie trifft, da sich die vom Filter durchgelassene Lichtfarbe je nach Betrachtungswinkel verändert. Diese Leistungsabnahme hat fundamentale Gründe und kann zum Beispiel die Genauigkeit von optischen Sensoren stark beeinträchtigen. Der von dem internationalen Team entwickelte Lösungsweg macht sich ein Prinzip aus der Quantenmechanik zunutze: Bei starker Kopplung von Lichtteilchen an die Energiezustände eines organischen Materials entstehen sogenannte Polaritonen.

Traditionelle Dünnschichtfilter bestehen aus vielen, sich abwechselnden transparenten Schichten, häufig Metalloxid-Schichten. Licht wird an diesen einzelnen Schichten jeweils teilweise reflektiert oder transmittiert. Die Dicke der einzelnen Schichten bestimmt dabei durch konstruktive und destruktive Überlagerung der Lichtwellen den Farbeindruck, vergleichbar etwa mit den schimmernden Farben von Seifenblasen. Durch das kontrollierte Zusammenspiel vieler solcher Schichten können die Transmissions- und Reflektionseigenschaften von Filtern präzise eingestellt werden. Dieses Prinzip macht die Filter aber grundlegend anfällig für die sogenannte Winkeldispersion – eine Verschiebung der spektralen Eigenschaften zu kleineren Wellenlängen (Blauverschiebung) beim Verkippen des Filters. In dem neuen Ansatz bringen die Wissenschaftler stark absorbierende organische Farbstoffe in optische Filter ein, was zu einer starken Kopplung des interferierenden Lichts mit den Farbstoffen führt.

„Eigentlich möchte man jegliche Art von Absorption in Spektralfiltern vermeiden, um deren optische Qualität nicht zu beeinträchtigen. Wir nutzen hier jedoch gezielt die Lichtabsorption von organischen Materialien aus, um winkelstabile Polaritonmoden mit exzellenten Transmissionseigenschaften zu erzeugen“, sagt Dr. Andreas Mischok von der Universität zu Köln, Erstautor der Studie.

Neue Möglichkeiten für optische Systeme

Das Team konnte mit diesem Ansatz Filter mit außergewöhnlicher Winkelstabilität herstellen, die selbst bei extremen Betrachtungswinkeln von über 80 ° eine Spektralverschiebung von weniger als 15 nm zeigten. Komplexe Vielschicht-Designs zeigten außerdem Spitzentransmissionswerte von bis zu 98 Prozent – ein Wert, der den aktuell besten verfügbaren herkömmlichen Filtern in nichts nachsteht. Durch die Kollaboration mit der Gruppe von Professor Dr. Koen Vandewal an der Universität Hasselt wurden außerdem Polaritonfilter in organischen Photodioden integriert, um Schmalband-Photodetektoren herzustellen, die den Weg für Fortschritte etwa bei der hyperspektralen Bildgebung beispielsweise für Materialcharakterisierung und für kompakte optischen Sensoren ebnen.

Die Studie zeigt Möglichkeiten auf, die Technologie auf Polymere, Perowskite, Quantenpunkte und andere Materialien zu erweitern und damit das neue Filterprinzip auf einen noch größeren Wellenlängenbereich zu übertragen. Zu den möglichen Anwendungsgebieten der Polaritonfilter gehören Mikrooptik, Displays, Sensortechnologien und Biophotonik. In all diesen Bereichen kann die Winkelunabhängigkeit der neuen Filter das Design optischer Systeme drastisch vereinfachen und ihre Funktionalität erweitern. Professor Malte Gather, der die Arbeiten an der Universität zu Köln leitet, kommentiert: „Dies ist ein Paradigmenwechsel in der Art und Weise, wie wir optische Filter entwerfen. Indem wir das Problem der Winkeldispersion mit einem grundlegend neuen Ansatz angehen, eröffnen wir völlig neue Möglichkeiten für optische Systeme.“

Das Forschungsteam sieht Polaritonfilter als einen Eckpfeiler der nächsten Generation optischer Bauteile mit enormen wissenschaftlichem sowie wirtschaftlichem Potential. Neben der Integration der Filter in Sensoren wie LiDAR (Light Detection and Ranging) und der Fluoreszenzmikroskopie stehen Anwendungen in der Displaytechnologie im Zentrum zukünftiger Arbeiten.

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