Die Rotkäppchen-Mumm Sektkellereien sind führend auf dem deutschen Sektmarkt. Sehr beliebt sind auch die verschiedenen Spirituosen und Weine. Die Unternehmensgruppe produziert heute mit rund 550 Mitarbeitern an fünf Standorten in Sachsen-Anhalt, Thüringen, Hessen und Baden-Württemberg. In Eltville im Rheingau-Taunus-Kreis in der Nähe von Mainz steht ein sehr traditionsreicher Standort. Das Haus wurde 1811 gegründet, hier stellt man zum Beispiel Mumm, MM Extra und Jules Mumm her.
Die verschiedenen Getränke werden automatisch in Flaschen gefüllt, mit Korken, Agraffe und Kapsel verschlossen und mit dem entsprechenden Etikett versehen. Anschließend werden sie in die verschiedenen Kartons verpackt. Ein Palettierer nimmt die verpackten Flaschen auf und stapelt sie auf bereitstehende Paletten. Bisher wurde die oberste Schicht der Kartons verleimt und weiter zu einem Bindeautomaten transportiert, der die palettierten Getränkekartons umschnürte. Über den Palettentransport gelangen die Getränkekartons schließlich zum Warenausgang und werden dort für die Shuttle-Lkw des Logistikdienstleisters bereitgestellt. Pro Jahr verlassen so etwa 300.000 Paletten den Standort. Doch in der Vergangenheit lösten sich während des Transports durch scharfes Bremsen, plötzliche Lenkmanöver oder in Kurvenlagen immer wieder Kartons aus dem Verbund auf den Ladeflächen und Flaschen gingen zu Bruch. Zudem setzen immer mehr der Abnehmer für einen schnelleren Materialfluss in ihren Zentrallagern auf automatische Be- und Entladesysteme. Auch dazu muss die Ware ausreichend gesichert sein.
Nachhaltig, sicherer und stabiler
Um Transportschäden zu reduzieren und den gestiegenen Logistikanforderungen gerecht zu werden, suchten die Verantwortlichen nach einer Verpackungslösung, die mehr Sicherheit und Stabilität der Getränkestapel gewährleistet. „Anfang 2012 kamen die Technik- und Logistikverantwortlichen der Sektkellereien schließlich mit einer konkreten Anfrage auf uns zu“, erinnert sich Klaus-Dieter Enzenbach, Gebietsverkaufsleiter der Beumer Maschinenfabrik. Um die Verantwortlichen von der eigenen Technik zu überzeugen, lud man sie zu Verpackungsversuchen mit den Originalprodukten ein. Joachim Engler, Technischer Leiter bei den Rotkäppchen-Mumm Sektkellereien in Eltville schildert: „Im Technikum wurde uns die Hochleistungsverpackungsanlage Beumer stetch hood M vorgeführt.“ Die Schrumpffolie als Verpackung entfiel. Auch das Wickelstretchverfahren war den Anforderungen nicht gewachsen, weil bei dieser Technik zu viel Folie verbraucht wird. Die Hochleistungsverpackungsanlage überzieht die palettierten Getränkekartons mit einer 40 µm dünnen Folienhaube. Damit werden diese beim Transport effektiv gesichert und gelangen unbeschadet zu den Abnehmern. Außerdem kann man mit dieser Mehrformatanlage zwei verschiedene Palettengrößen verpacken. Der Wechsel erfolgt halbautomatisch. Dazu muss man bei der Anlage keine Nachrüstungen vornehmen.
Um schließlich den Nachweis zu erbringen, wie viel sicherer die verpackte Ladung ist, führten Beumer und Rotkäppchen gemeinsam mit der Dekra, der weltweit führenden Expertenorganisation für Sicherheit, Qualität und Umweltschutz, verschiedene Fahrtests unter extremen Bedingungen durch. Das Ergebnis überzeugte die Verantwortlichen der Sektkellereien, sodass Beumer im März 2013 schließlich den Auftrag für die Lieferung, Installation und Inbetriebnahme der Hochleistungsverpackungsanlagen erhielt.
Neben der Ladungsstabilität spielte für die Sektkellereien auch das Thema Nachhaltigkeit eine entscheidende Rolle. Um diese bei allen Anlagen und Systemen zu bewerten, hat Beumer den Beumer Sustainability Index (BSI) entwickelt. Mit diesem Validierungssystem bewertet der Intralogistik-Spezialist die Nachhaltigkeit an neuen Maschinen ganzheitlich auf drei Ebenen: Ökonomie, Ökologie und soziale Verantwortung. Ökonomische Leistungsfähigkeit, Marktpräsenz, finanzielle Chancen und Risiken sind bekannte Parameter. Ökonomisch nachhaltig werden die Produkte und Anlagen aber erst, wenn sie und die zugehörigen Produktionsprozesse am langfristigen Kundennutzen ausgerichtet sind. Dabei betrachten die Spezialisten das jeweilige Produkt in seiner Gesamtheit, nicht nur von seiner Kostenseite. Eine intuitive Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine vereinfacht beispielsweise bei der stretch-hood-Serie die Bedienung und sorgt für schnelle Folienwechsel. Mit ihr lassen sich auch Betriebsparameter ändern. Außerdem arbeitet diese Anlage äußerst energieeffizient.
Gelochte Folie für Kondensat
Für die speziellen Anforderungen bei Rotkäppchen entwickelten die Beumer-Spezialisten gemeinsam mit den Folienherstellern eine passende Lösung. „Werden die gefüllten Flaschen auf der Palette hoher Wärme ausgesetzt, die beispielsweise während des Transports durch Sonneneinstrahlung entsteht, bildet sich Kondensat“, erklärt Enzenbach. „Zum Einsatz kommt deshalb in solchen Fällen eine gelochte Folie, durch die der Wasserdampf entweichen kann.“ Das Besondere an diesen dünnen Folien: Nach dem Einsatz können sie in das Mehrwegsystem zurückgeführt und wiederverwendet werden – das reduziert den Verpackungsmüll erheblich.
Die Baureihe stretch hood ist ein Baukastensystem, das flexibel auf individuelle Anforderungen der Anwender angepasst werden kann. „Um die gelochten Folien besser verarbeiten zu können, haben wir eine spezielle Vorrichtung entwickelt“, erläutert Enzenbach. Diese sorgt dafür, dass die Folien störungsfrei vom Greifsystem oder der Saugvorrichtung aufgenommen werden können. Denn gerade bei gelochten Folien, die zudem sehr dünn sind, besteht die Gefahr, dass die Löcher durch den Stanzvorgang an den Schnittkanten verblocken. Verändert wurde weiterhin die Fördertechnik, die jetzt unterschiedliche Palettengrößen zum Beumer stretch hood M transportieren kann. Eine Herausforderung war der Zeitrahmen von drei Wochen, in dem die Anlage installiert und in Betrieb genommen werden sollte. Der Standort schließt nur einmal jährlich im Sommer den Betrieb. Dann werden an den Maschinen und Anlagen umfangreiche Servicemaßnahmen durchgeführt. Enzenbach sagt: „Wir mussten in dieser Zeit die Anlage passgenau in die Linie einfügen.“ Auch dieser Teil des Projekts verlief reibungslos. Seit August 2013 ist die neue Verpackungsanlage nun in Betrieb.
Ultraschallsensor ermittelt Folienlänge
Die palettierten Getränkekartons werden über einen Förderer der Verpackungsanlage zugeführt. Die Steuerungstechnik erkennt unterschiedliche Stapelhöhen automatisch und stellt sich flexibel darauf ein. Ein Ultraschallsensor ermittelt die erforderliche Folienlänge. Die Folie wird anschließend zugeschnitten und an der Schnittkante verschweißt. Die so gebildete Haube wird aufgedehnt, über den Stapel gezogen und dabei gezielt bis zum Palettenfuß geführt und sorgt durch eine besondere Fußverstärkung für noch mehr Haltekräfte. Die Haubenstretchanlage wirkt über die hohen Rückstellkräfte der Folie. Diese liegt sehr eng am gesamten Stapel an und sorgt dadurch für die benötigte Stabilität. Durch diesen schnellen und effizienten Verpackungsprozess ist die Ware sicher vor Witterungseinflüssen geschützt. Durch die glatte Oberfläche der transparenten Folie ist die palettierte Ware zudem gut sichtbar. Bis zu 100 Ladeeinheiten pro Stunde lassen sich auf diese Weise verpacken. Über eine Förderanlage gelangt die fertig verpackte Palette schließlich in den Versandbereich.
Einsatzbereit in zwei Tagen
Damit die intralogistischen Prozesse reibungslos ablaufen, gewährleistet die Beumer Group mit ihrem Customer Support nach der Inbetriebnahme eine optimale Unterstützung. „Das Servicekonzept arbeiten wir individuell für und mit dem Anwender aus“, erklärt Enzenbach. Dieses beinhaltet zum Beispiel eine regelmäßige Inspektion sowie eine Ersatzteilbevorratung. Im Störfall steht rund um die Uhr ein Teleservice zur Verfügung. Die Anlage ist außerdem gut zugänglich, das Instandhaltungspersonal kann auf alle Komponenten einfach zugreifen. Der geschäftsführende Gesellschafter der Rotkäppchen-Mumm Sektkellereien Ulrich Wiegel sagt: „Die Erfahrungen, die wir in Eltville gesammelt haben, konnten wir einige Wochen später bei der Installation und Inbetriebnahme der Verpackungsanlage am Standort Freyburg in Sachsen einfließen lassen. Schon am zweiten Tag war die Anlage einsatzbereit.“