Die Herstellung von Wirkstoffen in der Pharmaindustrie ist an die strengen Regeln der GMP-Empfehlungen und -Verordnungen gebunden. Diese muss der Hersteller für all diejenigen Länder erfüllen, in denen er sein Medikament produziert oder in Verkehr bringen will. Um die geforderte überprüfbare Qualität in der Fertigung zu gewährleisten, wird in der Pharmaindustrie fast überwiegend chargenorientiert produziert. Moderne Multi-Purpose-Betriebe setzen zunehmend auf die papierlose Produktion, was den Prozess vereinfacht. Früher arbeitete ein Mitarbeiter die Rezepturschrittfolge auf Papier Schritt für Schritt ab und zeichnete jeden dieser Schritte gegen. Dafür setzt man inzwischen elektronische, PC-basierte Systeme ein. Diese Fertigungssteuerungssysteme (MES, Manufacturing Execution System) zeigen auf Monitoren die Arbeitsschritte an, und der Bediener bestätigt die Ausführung eines jeden Schritts mit seiner elektronischen Unterschrift. Der Fertigungsablauf wird lückenlos protokolliert und in so genannten Audit Trails elektronisch gespeichert. Auch hierfür gibt es Regelwerke, zum Beispiel den 21 CFR part 11 der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) oder den Annex 11 der europäischen Medicines Agency (EMA). Die Fertigungssysteme sind mit elektrischen und elektronischen Automatisierungskomponenten ausgerüstet. Um die in der Pharmaindustrie notwendigen Sensoren und Aktoren für die Prozessführung zu steuern und zu überwachen, kommen hier meist Prozessleitsysteme (DCS, Distributed Control System) zum Einsatz. Diese Systeme arbeiten mit PC, Grafiksoftware zur Prozessvisualisierung sowie Eingabeelementen. Da bei chargenorientierten Fertigungsanlagen die Bedeutung einer zentralen Warte zugunsten einer Vor-Ort-Bedienung in der Produktionsanlage verschoben ist, werden hier sowohl für das DCS als auch für das MES Bedienstationen in der Produktion eingesetzt. An die Elemente dieser Stationen werden inmitten eines Wirkstoffbetriebs die gleichen GMP-Anforderungen gestellt wie an alle anderen Anlagenteile: gute Reinigbarkeit sowie chemische und mechanische Beständigkeit - damit das Produkt im Fall einer Verunreinigung gegen die meist wesentlich aggressiveren Reinigungsmittel beständig ist. Genau für diese Einsatzfälle bietet Pepperl+Fuchs die Bediengerätereihe VisuNet GMP an.
Mit netzwerkfähigen Remote-Monitoren Platz sparen
In einer typischen Biopharma-Produktionsanlage sind an jedem Reaktor der Prozesskette Bedienstationen installiert, auf denen über das DCS-System die Prozessschritte überwacht und gesteuert und mit dem MES-System die rezepturgesteuerten Produktionsschritte abgearbeitet und bestätigt werden. Hier bieten sich schlanke Doppelmonitorsysteme an. Ist dies aus Platz- oder Kostengründen nicht möglich, kann man auf einem einzelnen Monitor über eine Tastenkombination zwischen den beiden Applikationen MES und DCS umschalten. Die modernen Bedienstationen der VisuNet-Reihe setzen dabei auf netzwerkfähige Remote-Monitore, die über das digitale Netzwerk mit den Steuerrechnern und Servern im Schaltraum außerhalb der Produktionsräume verbunden sind. Diese Netzwerkfähigkeit erlaubt es, dass sich die Monitore in der Produktion einen Server-PC teilen können, sodass nicht, wie in den klassischen KVM-basierten Monitorsystemen ein eigener PC pro Monitor im Feld gebraucht wird. Da insbesondere bei großen Pharmafirmen die zentrale Verwaltung der Rezepturen des MES-Systems mittels Virtualisierungs- und Verwaltungssystemen eine wichtige Aufwandsersparnis ist, können die netzwerkfähigen VisuNet-Remote-Monitore auch an diese Serversysteme direkt über das Firmennetzwerk mit weit entfernten Serverfarmen verbunden werden. Das spart am Produktionsstandort den extra PC für jeden Monitor und damit zusätzlich Platz, Infrastruktur und Kosten für zusätzliche PCs. Da die meisten großen Scada- und DCS-Hersteller auf Microsoft als Betriebssystem setzen, können die VisuNet-Remote-Monitore die Terminal-Services und das RDP-Protokoll von Microsoft nutzen. Dies erlaubt es, an einen Remote-Monitor im Netzwerk den Bildschirminhalt, Eingabeelemente und serielle Schnittstellen digital über die Netzwerkschnittstelle zu übertragen, anstatt analog über den Videoausgang der Grafikkarte und nachgeschaltetem KVM-Verstärker. Um den verschiedenen örtlichen Gegebenheiten einer Pharmaproduktion Rechnung zu tragen, werden für die VisuNet-GMP-Remote-Monitore unterschiedliche Montagemöglichkeiten angeboten: Der Standfuß für die Bodenmontage neben einem Reaktor, der drehbare Tragarm für die Wandmontage oder Wandeinbaulösungen für pharmazeutische Reinräume oder Wiegeräume. Dadurch reduziert man die zu reinigenden Komponenten im Raum. Wenn es um den Bildschirm geht, sind bei Neuanlagen in der Pharmaindustrie meist 22“-Monitore im 16:10 Bildformat gefragt, oft mit Touchscreen. Denn so werden mehr Details der komplexen Automatisierung dargestellt - speziell bei Visualisierungsanwendungen für DCS.
Sauber auch im Ex-Bereich
Zur Unterstützung der computergestützten Erkennung von Gebinden mit Zuschlagstoffen und zur Bedieneridentifikation werden an das Monitorsystem industrietaugliche, mobile Barcodeleser angeschlossen. Zur Bedieneridentifikation wird ein im VisuNet-Monitorsystem integrierbares RFID-Lesesystem eingesetzt, um zum Beispiel den Part11-Anforderungen zu genügen. Beide Systeme sind mit dem MES verbunden und liefern diesem Daten für Freigabe und Protokollierung. Gute Reinigbarkeit ist ein wichtiges Thema. Daher werden die Eingabeelemente mit Kurzhub-Folientastatur und oft mit Touchpad-Maus ausgeführt, die auch mit den üblichen Latex- und Baumwollhandschuhen bedienbar sind. Alternativ kann ein zur Reinigung entnehmbarer optischer Trackball oder ein Joystick zur Maussteuerung eingesetzt werden. Für platzkritische Anwendungen steht eine mechanische Tastaturlösung zur Verfügung, bei der das flache Edelstahlgehäuse mittels Scharnierbefestigung nach unten weggeklappt werden kann. Die schlanke Ausführung des VisuNet-Monitorgehäuses und die Ausführung fast aller Gehäuseteile und mechanischen Komponenten in Edelstahl mit einer Rautiefe von RA ≤ 0,8 µm erfüllen auch die hohen Anforderungen der Pharmaindustrie an eine gründliche Reinigbarkeit. Aber auch im Biopharma-Produktionsumfeld kann es durch Zuschlagstoffe oder Reinigungsmittel eine Klassifizierung von Teilbereichen als Ex-Bereich geben, meist als Atex-Zone 2 oder Zone 22. Daher erfüllen die VisuNet-GMP-Remote-Monitore auch diese Ex-Anforderungen.Die GMP-Verordnungen setzen keine konkreten Handlungsanweisungen und Geräteausführungen fest, sondern beschränken sich allein auf eine Eignung zur Herstellung des jeweiligen Produkts. Daher können sich die Anforderungen an die Bediengeräte für die Vor-Ort-Bedienung von Anlage zu Anlage teils erheblich unterscheiden. Wichtig ist es daher für einen Pharmaproduzenten, dass die Pepperl+Fuchs-Monitorsysteme inklusive der Gehäuse- und Montagekomponenten als Baukastensystem so beschaffen sind, dass sie viele verschiedene Anforderung an Funktionalität und mechanische Ausführung erfüllen können. Reicht auch dies nicht aus, die bestmögliche Lösung zu konfigurieren, bietet der Hersteller die Möglichkeit zu kundenspezifischen Modifikationen und Erweiterungen der Bediengerätefamilie VisuNet an. Als langjähriger Partner der Pharmaindustrie sind auch viele Weiterentwicklungen in den Lösungsvorrat des VisuNet-Baukastensystems eingeflossen.