Infrarotlicht ist ein Türöffner für vielfältige technologische Anwendungen. Es schafft die Voraussetzungen, Moleküle gezielt zu Schwingungen anzuregen, sowie elektrische Signale in Halbleitern zu erzeugen. Wer die Schwingung elektrischer Felder von ultrakurzen Lichtimpulsen technisch nutzen will, muss zunächst herausfinden, wie man sie am besten kontrolliert. In vielen Wellenlängenbereichen klappt das schon gut, eine Herausforderung war bislang die Kontrolle und Steuerung von Licht im mittleren infraroten Wellenlängenspektrum.
Einem internationalen Team von Physikern des attoworld-Teams der LMU, des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik (MPQ) und des ungarischen Centers for Molecular Fingerprinting (CMF) ist es nun gelungen, ultrakurze Mittel-Infrarotimpulse zu erzeugen und die Wellenform, also deren elektrisches Feld, präzise zu steuern. Damit eröffnet sich eine ganz neue Möglichkeit der optischen Kontrolle für biomedizinische Anwendungen sowie für die Quantenelektronik.
Stabiles Lasersysteme als Grundlage für die neue Technik
Die Grundlage für die neue Mittel-Infrarotquelle ist ein stabilisiertes Lasersystem, das Lichtpulse mit einer genau definierten Wellenform im angrenzenden nahen Infrarot erzeugt. Die Pulse bestehen aus nur einer Schwingung der Lichtwelle und sind damit nur wenige Femtosekunden lang: Schickt man diese in einen Zink-Germanium-Phosphit-Kristall, lässt sich in jenem unter Ausnutzung komplexer Mischprozesse die Erzeugung langwelliger Infrarotpulse herbeiführen.
So ließ sich eine sehr große Abdeckung des Lichtspektrums von 1 bis 12 µm erreichen. Dabei konnten die Forscher nicht nur die zugrundeliegende Physik der Mischprozesse erklären, sondern das neue Konzept auch dazu nutzen, die Schwingungen des erzeugten Mittelinfrarot-Lichts über die Eingangsparameter präzise zu kontrollieren.
Diese Kontrolle kann beispielsweise bestimmte elektronische Prozesse in Festkörpern gezielt auslösen, was in künftiger, elektronischer Signalverarbeitung wichtig sein und sie extrem beschleunigen könnte. „Man könnte also über die Kontrolle der Lichtpulse eine lichtgesteuerte Elektronik entwickeln“, sagt Philipp Steinleitner, einer der drei Erstautoren der Studie. „Würden optoelektronische Bauteile bei Frequenzen des erzeugten Lichts arbeiten, könnte man heutige Elektronik mindestens um den Faktor 1.000 beschleunigen.“
Einsatz in der Spektroskopie von Molekülen
Ein besonderes Augenmerk der neuen Licht-Technologie legen die attoworld-Physiker auf ihren Einsatz in der Spektroskopie von Molekülen. Trifft nämlich Infrarotlicht auf Moleküle, beginnen diese zu schwingen und senden ihrerseits charakteristisches Licht aus. So kann man herausfinden, welche Moleküle sich in einer Flüssigkeit, wie etwa im menschlichen Blut befinden. „Mit unserer Lasertechnik haben wir damit den kontrollierbaren Wellenlängen-Bereich im Infrarot deutlich erweitert“, erklärt Nathalie Nagl, ebenfalls Erstautorin der Studie. „Die nun zusätzlich verfügbaren Wellenlängen verschaffen uns die Möglichkeit, noch genauer zu analysieren, wie sich ein Mix aus Molekülen zusammensetzt.“
Erkrankungen frühzeitig erkennen
Für das Wissen um die Existenz bestimmter Moleküle im Blut interessieren sich in der attoworld-Gruppe vor allem die Kollegen vom Team Broadband Infrared Diagnostics (BIRD) um Mihaela Zigman und das CMF Research Team um Alexander Weigel. Die Teams arbeiten daran, wie man anhand von Molekular-Spektroskopie charakteristische Signaturen —sogenannte Fingerabdrücke — identifizieren kann. Diese erlauben es, eine Erkrankung wie Krebs mittels Blutprobenuntersuchung bereits im Frühstadium zu erkennen. Denn befindet sich in einem Organismus ein Tumor, führt die Erkrankung zu kleinen und äußerst komplexen Änderungen der molekularen Zusammensetzung des Bluts. Diese gilt es zu entdecken, um künftig eine frühe Diagnose schwerer Erkrankungen zu ermöglichen.
Die Heilungschancen des Patienten werden dadurch deutlich erhöht. „Unsere Lasertechnologie erlaubt es unseren Kollegen in Zukunft, bisher nicht erfassbare Änderungen spezifischer Biomoleküle wie Proteine oder Lipide nachzuweisen. Damit steigert sie die Verlässlichkeit einer künftigen medizinischen Diagnostik mit Hilfe der Infrarot-Lasertechnologie“, erläutert Maciej Kowalczyk, ebenfalls Erstautor der Studie.