Selbst kleinste Verunreinigungen können große Auswirkungen haben – das gilt etwa in der Arzneimittelproduktion, oder auch bei der Suche nach Umweltschadstoffen. Eine extrem leistungsfähige Technik, mit der man winzige Mengen vieler verschiedener Stoffe nachweisen kann, ist die Infrarotspektroskopie. An der TU Wien will man die Möglichkeiten dieser Technologie nun noch einmal deutlich erweitern: Am 24. Februar 2025 wurde ein neues Christian-Doppler-Labor (CD-Labor) eröffnet, wo nun mit hochmodernen Infrarot-Quellen noch bessere Messtechniken und noch ausgefeiltere Datenauswertungs-Methoden entwickelt werden sollen. Unterstützt wird das neue Labor von den Unternehmenspartnern Baxalta Innovations/Takeda, Eralytics und DRS Daylight Solutions und vom Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW).
Martin Kocher, Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, erläutert die Bedeutung des CD-Labors: „Viele medizinische Produkte sind zunehmend auf komplexe Biomoleküle angewiesen. Die in diesem neuen CD-Labor erforschten neuen Messansätze basieren auf Infrarot-Laserspektroskopie und ermöglichen die Echtzeitüberwachung der zugrundeliegenden Produktionsprozesse. Außerdem wird dadurch wichtige Grundlagenforschung mit einem vielfältigen Anwendungsbereich ermöglicht. Auch für die konventionelle Chemie, die Pharmazie und das Trinkwassermanagement sind die Forschungsergebnisse relevant. Durch das neue Forschungslabor profitieren also sowohl der Innovationsstandort als auch die Patientinnen und Patienten.“
Der Fingerabdruck des Moleküls
„Moleküle reagieren auf unterschiedliche Weise auf Infrarotstrahlung“, sagt Prof. Georg Ramer vom Institut für Chemische Technologien und Analytik der TU Wien. „Sie können Infrarotstrahlung ganz bestimmter Wellenlängen absorbieren, andere Wellenlängen hingegen nicht. Und ein anderes Molekül wiederum reagiert auf andere Infrarot-Wellenlängen. Unterschiedliche Moleküle haben gewissermaßen einen unterschiedlichen Infrarot-Fingerabdruck, und daran können wir sie unterscheiden.“
Man muss somit nur eine Probe mit Infrarotstrahlung unterschiedlicher Wellenlängen beleuchten und messen, welche Wellenlängen absorbiert werden und welche Wellenlängen ungehindert durch die Probe hindurchgelangen. Dann kann man mit sehr hoher Präzision sagen, ob sich eine gesuchte Substanz in der Probe befindet oder nicht. „Das geht sehr schnell“, sagt Ramer. „In Sekunden oder wenigen Minuten kann man wichtige Informationen gewinnen – nicht nur über die Inhaltsstoffe der Probe, sondern auch über weiterführende Details, zum Beispiel darüber, wie bestimmte Proteine gefaltet sind. Und all das ist möglich, ohne die Probe zu beschädigen.“
Mehr Power alleine reicht nicht
Doch auch wenn diese Methode in der Industrie längst mit großem Erfolg eingesetzt wird – immer noch gibt es viel ungenütztes Potenzial für Verbesserungen. „Die Tatsache, dass fast jedes Molekül einen Infrarotfingerabdruck hat, ist ein Fluch und ein Segen zugleich. Es erlaubt uns zwar einerseits, das Molekül zu identifizieren, aber andererseits haben wir oft das Problem, dass die Absorption durch das Lösungsmittel, zum Beispiel Wasser, viel höher ist als die Absorption durch die Moleküle, an denen wir eigentlich interessiert sind“, sagt Ramer. Herkömmliche Infrarot Lichtquellenschaffen es gar nicht, die Probe zu durchstrahlen. Die Absorption des Lösungsmittels ist einfach zu stark.
An der TU Wien werden daher schon seit einigen Jahren statt dieser herkömmlichen Lichtquellen, spezielle Infrarot-Laser verwendet, die bis zu eine Million mal intensiveres Licht ausstrahlen als herkömmlichen Quellen und daher auch stark absorbierende Proben durchstrahlen können. Ihre Wellenlänge kann gezielt verändert und fein justiert werden kann. So lassen sich mit einem einzigen Laser viele verschiedene Substanzen detektieren. Es handelt sich dabei um sogenannte „Quanten-Kaskaden-Laser“ – kleine Strahlungsquellen, die sich auf eigens dafür hergestellten Chips befinden und mit technischen Tricks aus der Quantenphysik ganz bestimmte Wellenlängen im Infrarotbereich erzeugen können.
„Als wir angefangen haben, Quantenkaskadenlaser zu verwenden, dachten wir, die größere Power der Laser sei schon die Lösung. Doch inzwischen wissen wir, dass die Holzhammermethode alleine nicht zum Ziel führt. Um noch bessere chemische Analysatoren zu bauen, die sogar die besten heutigen Geräte übertreffen und im Extremfall ein einziges Molekül in einer Probe nachweisen können, müssen wir die Wechselwirkung zwischen Laser und Probe genau verstehen und die Methode auf gut durchdachte Weise einsetzen“, sagt Ramer. Darüber hinaus wird man im neuen CD-Labor die Wechselwirkung dieser Infrarotstrahlung mit komplexen Proben genauer untersuchen, um dadurch dann noch bessere Algorithmen zur Datenauswertung entwickeln zu können.
Hilfreich ist diese hochpräzise Technik überall dort, wo man in der Industrie schnell Informationen über die chemische Zusammensetzung einer Probe benötigt. Das hilft in der Pharmaindustrie, um kontinuierlich den korrekten Ablauf der Produktion und die hohe Reinheit des Produkts zu überprüfen. Auch für die Umweltanalytik ist die Technik geeignet, etwa für die Detektion winziger Spuren organischer Verunreinigungen im Wasser.