A&D:
Ist Condition Monitoring die einfachste Möglichkeit, die Verfügbarkeit von Maschinen zu erhöhen?
Reichinger:
Für den Anwender ist es wahrscheinlich die kostengünstigste Möglichkeit. Bei vielen physikalischen Größen kommt man den Problemen mit wenig Aufwand schnell näher.
Wie sieht die Akzeptanz von Condition Monitoring bei Ihren Kunden aus?
Die Kunden denken viel darüber nach und es fehlt auch nicht an Ideen. Dabei stellen wir fest, dass bereits vorhandene Sensordaten oft einfach nicht ausgewertet werden. Hier lassen sich dann sehr schnell erste Erfolgserlebnisse umsetzen. Geht es dann aber um Vibrationsmessung, so sind Unternehmen auch schnell von den Vorteilen überzeugt. Geht es dann aber um die Umsetzung, so muss eine Sensorik erst an Maschinen angebracht werden, idealerweise durch Bohren und verschrauben. Hier erfolgt dann oft Ernüchterung darüber, dass es eben doch nicht im Vorbeigehen zu lösen ist. Gab es dann nicht schon Ausfälle durch Maschinenschaden, so wird die Investition in Condition Monitoring gerne aufgeschoben.
Wäre es also nicht besser, als Lösungsanbieter für Condition Monitoring mit Maschinenbauern zusammenzuarbeiten, um optimale Lösungen zu generieren?
Der Maschinenbauer geht beim Bau davon aus, dass das Gerät bereits optimiert ist und im Normalbetrieb funktionstüchtig arbeitet. Interessant wird es, wenn die Maschine eine Zeit lang steht oder Zustände auftreten, die nicht erlaubt sind. Der Mehrwert kommt beim Endanwender somit erst später zum Tragen. Das beim Verkauf zu vermitteln ist immer noch schwer, insbesondere, weil damit auch die Investitionskosten in eine Maschine steigen. Natürlich wäre es optimal, die Sensorik und Kabelverlegung schon in die Konstruktion der Maschine einfließen zu lassen. B&R unterstützt alle Wege, sowohl serienmäßig integrierte Sensorik als auch Nachrüstlösungen. Unser Condition Monitoring fokussiert sich auf die Auswertung der Daten.
Ist es ideal, für Predictive Maintenance möglichst viele Sensordaten vorbei an der Steuerungsebene direkt in die Cloud oder das Rechenzentrum zu leiten?
Denkt man an eine Vibrationsmessung, liefert ein Sensor die aktuelle Amplitude. Ob es einen weiterbringt, das direkt in die Cloud zu schicken, muss man infrage stellen. Was interessiert, ist das Spektrum, also Schwingungen im System. Diese Messungen führt man, je nach Prozess, alle paar Stunden durch. Bei den meisten Anwendungen reicht es auch einmal täglich; bei drohender Verklebung eines Ventilators beispielsweise sollte es jede halbe Stunde passieren. Da muss man sich fragen: Will es sich jemand leisten, in diesen kurzen Intervallen zehn- bis zwanzigtausend Datenpunkte in die Cloud zu schicken? Kann ich das Datenwissen mit Machine Learning und Predictive Analytics jemals extrahieren? Man muss die Kosten und den Aufwand mit dem zu erwartenden Ertrag abwägen.
Sollte also mehr Intelligenz in die Sensorik wandern?
Der Sensor muss noch mehr Intelligenz mitbringen, Mechanismen wie Fog Computing nutzen und mit Netzwerken sprechen. Es reicht nicht, dass der Sensor ein Protokoll für die Kommunikation in die Cloud beherrscht. Die Vorbearbeitung dieser Unmenge von Daten ist zwingend notwendig. Andernfalls würde die Datenflut immense Kosten für die Verarbeitung verursachen, unabhängig davon, ob für die Auswertung lokale Industrie-PCs oder Cloud-Services verwendet werden. Gerade bei sehr großen Datenmengen können die Kosten in der Cloud sehr schnell steigen.
B&R bietet ein Messmodul für die Schwingungsanalyse. Was passiert mit den Ergebnissen?
Das Vibrationsmessmodul aus dem X20-System von B&R erfasst die Daten der Beschleunigungssensoren für das Condition Monitoring. Es erfolgt ein konfigurierbares Downsampling, die Spektren werden fertig aufbereitet, dann in die Cloud oder einem lokalen Server übertragen und dort mit unserer Software Aprol ConMon ausgewertet. Alle 300 Millisekunden hat man somit ein gewichtetes Signal, aus dem man einen bestimmten Wert der Gesamtamplitude ziehen kann. Das reicht in jedem Fall schon mal aus, um Schäden an der Maschine zu verhindern. Wenn ich für diese Messstelle eine Auswertung der Schwingung machen will, rührt diese von mehreren Störquellen her. Aus der Geometrie der Maschine kann zurückberechnet werden, welches bewegte Teil letztendlich die Ursache für die Abweichung darstellt. Für eine Analyse braucht man also diese Spektren. Dabei ist es auch hilfreich, wenn die Daten historisch betrachtet werden können.
Ihr Condition-Monitoring-Modul ist Bestandteil des X20-Steuerungssystems. Ist es auch autark einsetzbar?
Das X20-Modul ist ein I/O-Modul und somit mit einem Kommunikationsinterface verbunden. Das gibt es für den hochperformanten Feldbus Ethernet Powerlink und CAN I/O. Diese Feldbussysteme unterstützen auch den Transport der im Modul generierten Datensätze. B&R ermöglicht mit dieser Anschlusstechnik einen extrem flexiblen Einsatz an der Maschine, Maschinenlinie oder in der Anlage.
Kombiniert Aprol ConMon die Schwingungsanalyse mit anderen Daten?
Das macht Aprol so interessant! Für Analysen können neben der Vibrationsmessung viele weitere Signale wie Druck oder Temperatur eingebunden werden, um noch aussagekräftigere Ergebnisse zu erhalten. Aprol bietet ein Trendsystem, wo sich alle Datenverläufe in der zeitlichen Auflösung der Feldbus-Systeme aufzeichnen lassen. Die Analysefunktionen von Aprol ConMon gewähren durch ausgeklügelte Analyse der Frequenzspektren einen tieferen Einblick in die mechanischen Teile einer Maschine. Natürlich kann Aprol ConMon auch für die Steuerung und Regelung von Maschinenparametern eingesetzt werden.
Lässt sich Aprol ConMon als Cloud-Lösung verwenden?
Ja! Eine mögliche Variante einer Cloud-Lösung beinhaltet ein Condition-Monitoring-Modul sowie ein X20-Steuerungssystem, das die Daten des Moduls direkt in die Cloud überträgt. In der Cloud läuft eine virtuelle Maschine mit Aprol ConMon für die Analyse. Aprol ConMon lässt sich aber genauso auf einem lokalen System im Unternehmen nutzen.
Welche nächsten Schritte plant B&R bei Analytics-Lösungen in der Cloud?
Ganz klar fordern Anwender eine noch einfachere Bedienung. Die Nutzbarkeit von Cloud-Lösungen steht dabei im Vordergrund. Wir müssen daran arbeiten die Analysedaten so zur Verfügung zu stellen, dass die in der Cloud vorhandenen Werkzeuge der Cloud-Anbieter wie Microsoft Azure, Amazon S3 oder SAP Hana ohne Spezialwissen angewendet werdet können.