Robotik und Prothetik Solarbetriebene synthetische Haut

Energieautonome e-Haut: Das Diagramm der Schichten zeigt den Berührungssensor und die Solarzelle.Energieautonome e-Haut. Diagramm der Schichten zeigt Berührungssensor und Solarzelle

Bild: University of Glasgow
09.11.2022

Eine neue Methode zur Nutzung der Sonnenstrahlen für die Versorgung mit synthetischer Haut könnte dazu beitragen, fortschrittliche Prothesen zu entwickeln, die Amputierten den Tastsinn zurückgeben.

Der erste Durchbruch von Professor Ravinder Dahiya und seinen Kollegen aus der BEST-Gruppe (Bendable Electronics and Sensing Technologies) war die Entwicklung eines berührungsempfindlichen Überzugs für Handprothesen aus Graphen. Auf der Suche nach einer funktionellen Möglichkeit, diese elektronische Haut mit Energie zu versorgen, nutzten sie die bemerkenswerten physikalischen Eigenschaften von Graphen, um Sonnenenergie zu verwenden.

Mit finanzieller Unterstützung des Engineering and Physical Sciences Research Council integrierte die Gruppe stromerzeugende photovoltaische Zellen in ihre elektronische Haut.

Graphen ist eine hochflexible Form von Graphit, die, obwohl sie nur ein Atom dick ist, stärker als Stahl, elektrisch leitfähig und transparent ist. Die optische Transparenz von Graphen, die rund 98 Prozent des Lichts, das auf seine Oberfläche trifft, direkt durchlässt, macht es zu einem idealen Material, um die Energie der Sonne zur Stromerzeugung zu nutzen.

Synthetische Haut für die Prothetik

Die menschliche Haut ist ein unglaublich komplexes System, das in der Lage ist, Druck, Temperatur und Beschaffenheit durch eine Reihe von neuronalen Sensoren zu erkennen, die Signale von der Haut zum Gehirn leiten.

Ravinder Dahiya, Professor für Elektronik und Nanotechnik an der James Watt School of Engineering der Universität Glasgow, erklärt: „Wir haben bereits bedeutende Fortschritte bei der Entwicklung von Prothesenprototypen gemacht, in die synthetische Haut integriert ist und die in der Lage sind, sehr empfindliche Druckmessungen durchzuführen. Diese Messungen bedeuten, dass die Prothesenhand in der Lage ist, schwierige Aufgaben zu erfüllen, wie zum Beispiel das richtige Greifen weicher Materialien, womit andere Prothesen Schwierigkeiten haben. Wir verwenden auch innovative 3D-Druckstrategien, um erschwinglichere empfindliche Prothesen zu bauen.“

Dahiya erklärt weiter: „Eine Haut, die berührungsempfindlich ist, eröffnet auch die Möglichkeit, Roboter zu entwickeln, die bessere Entscheidungen in Bezug auf die menschliche Sicherheit treffen können. Bei einem Roboter, der auf einer Baustelle arbeitet, ist es zum Beispiel viel unwahrscheinlicher, dass er einen Menschen versehentlich verletzt, wenn er spürt, dass ein Mensch unerwartet in seinen Bewegungsbereich eindringt, und stoppt, bevor es zu einer Verletzung kommen kann.“

Die Gruppe hat ihren Prototyp der synthetischen Haut so weiterentwickelt, dass er jetzt vollständig flexibel ist. Er besteht aus einer flexiblen berührungsempfindlichen Schicht auf Graphenbasis, die in eine flexible Solarzelle integriert ist. Damit hat sie das Potenzial, die detaillierten Bewegungen zu ermöglichen, die für eine fortschrittliche Prothese erforderlich sind.

Die neue Haut benötigt eine Leistung von nur 20 nW pro cm2, was selbst von den derzeit auf dem Markt erhältlichen Photovoltaikzellen minderer Qualität problemlos erreicht wird.

Energiespeicherung in der Haut

Ein entscheidender Durchbruch ist der Gruppe gelungen, seit sie im März 2017 ihre ursprüngliche Forschungsarbeit zur Nutzung der Sonnenenergie veröffentlicht hat. Damals waren sie nicht in der Lage, die überschüssige Energie zu speichern, die von den Photovoltaikzellen der Haut produziert wird.

Ihre Forschung ist nun so weit fortgeschritten, dass die überschüssige Energie in flexiblen, ultradünnen Hochleistungs-Superkondensatoren in der Haut gespeichert werden kann. Dies verbessert nicht nur die effektive Nutzung der Haut in der Robotik und Prothetik, sondern eröffnet auch neue Möglichkeiten für andere Technologien.

Jede Innovation, die flexible, leichte und ultradünne Energiespeicherlösungen erfordert, könnte diese Technologie nutzen, zum Beispiel Drohnen oder tragbare Technologien.

„Der nächste Schritt besteht für uns darin, die Technologie zur Energieerzeugung, die dieser Forschung zugrunde liegt, weiterzuentwickeln und sie für den Antrieb der Motoren zu nutzen, die die Handprothese selbst antreiben. Dies könnte die Entwicklung einer völlig energieautonomen Prothese ermöglichen“, fährt Dahiya fort.

„Wir haben bereits einige ermutigende Fortschritte in dieser Richtung gemacht und freuen uns darauf, diese Ergebnisse bald präsentieren zu können. Wir prüfen auch die Möglichkeit, auf diesen spannenden Ergebnissen aufzubauen, um tragbare Systeme für eine erschwingliche Gesundheitsversorgung zu entwickeln. In dieser Richtung haben wir kürzlich auch einen kleinen Zuschuss vom Scottish Funding Council erhalten“, schließt Dahiya ab.

Bildergalerie

  • Professor Ravinder Dahiya mit dem Prototyp einer Prothese

    Professor Ravinder Dahiya mit dem Prototyp einer Prothese

    Bild: University of Glasgow

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